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Die blonde Geisha

Die blonde Geisha

Titel: Die blonde Geisha
Autoren: Jina Bacarr
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du deinen Körper an Männer verkaufen musst.”
    Waren alle Gaijins so dickköpfig? Den Gedanken, dass ich selbst eine Gaijin und ehemals ebenso widerspenstig gewesen war, schob ich zur Seite. Denn das war, bevor ich meine Ausbildung zur Geisha beendet hatte. Mit wachsender Verzweiflung sagte ich: “Du verstehst nicht, Reed-san, dass wir einfach anders sind als ihr. Meine Welt der Blumen und Weidenbäume unterscheidet sich von deiner …”
    “Dann wechsle die Welt.”
    Entschlossen schüttelte ich den Kopf. “Das ist unmöglich.”
    “Weshalb?”
    “Weil … weil ich eine Geisha bin.”
    “Und wenn du keine Geisha wärst? Würdest du dann mit mir kommen?”
    Was versuchte er mir zu sagen? Wollte er mich heiraten? Und falls ja, warum fragte er mich dann nicht? Was würde ich antworten, wenn er es täte?
    Ich verneigte mich und flüsterte: “Ich bitte dich, den Weg, den ich gewählt habe, zu respektieren.”
    “Du wärst niemals in einem Geisha-Haus gelandet, wenn der Prinz nicht dein Leben bedroht hätte.” Reed streckte eine Hand nach mir aus, aber ich kam ihm nicht entgegen.
    “Ich wollte schon immer eine Geisha werden, Reed-san”, erklärte ich fest. “Und es ist mir gelungen, meinem Traum zu folgen und Mitglied eines Teehauses zu werden.”
    “Aber deinem Herzen folgst du nicht? Du liebst mich, ich weiß, dass du mich liebst.”
    Ja, Reed-san, ich liebe dich, dachte ich, aber ich kann meinen Traum nicht aufgeben, nicht, nachdem ich so hart dafür gearbeitet habe, Geisha zu werden.
    “Die Leute des Daimiô werden jeden Moment hier sein. Sie werden sicherlich nicht so einfach Simouyés Erklärung akzeptieren, dass der Baron von der Veranda stürzte, als er das Leben einer Geisha retten wollte.”
    Diese Lüge, diese dumme Lüge hatte Okâsan gegenüber den Behörden und Wachmännern verkündet, um den Ruf des Barons zu retten.
    “Noch nie habe ich so eine lächerliche Geschichte gehört, Kathlene, und nie hätte ich mir vorstellen können, dass du bei einer solchen Lüge mitmachst.” Reed berührte seinen verbundenen Arm und zuckte zusammen.
    “Wie ich bereits sagte, Reed-san, du verstehst nicht.”
    Betont anmutig stand ich auf, hob den Kimono nach Geisha-Manier mit der rechten Hand, darauf bedacht, alles richtig zu machen. Ich musste Reed zeigen, dass ich alle Eigenschaften einer perfekten Geisha besaß.
    Voller Sehnsucht blickte ich hinaus auf die Veranda. Die anderen Teehäuser, die entlang des Flusses lagen, schickten einen verträumten Schimmer in die Nacht. Ich wünschte, es würde regnen, um die Spannung, die ich und alle anderen spürten, zu lösen.
    Die anderen Geishas schwirrten durch das Haus, rollten die verbrannten Matten zusammen und versuchten in Erfahrung zu bringen, was in dem Privatquartier von Okâsan gesprochen wurde. Es war kein Geheimnis, dass Simouyé den Gaijin vor den Wachleuten versteckt hatte. Nachdem das Feuer komplett gelöscht worden war, hatten wir ihn nach oben gebracht, seine Wunden versorgt, ihm zu essen und eine saubere Seidenjacke gegeben: Und nun versuchten wir, ihn mit allen Mitteln davon zu überzeugen, dass er das Teehaus verlassen musste, um sein Leben zu retten.
    Warum nur hörte er nicht auf uns?
    “Bitte, Cantrell-san, Kimiko-san hat Recht”, sagte Simouyé. “Sie müssen sofort gehen. Sobald der Prinz erfährt, dass Sie für den Tod von Baron Tonda-sama verantwortlich sind, wird er seine Männer ausschicken, um Sie zu finden.” Sie machte eine Pause. “Und zu töten.”
    Reed schien nicht besorgt zu sein. “Sie können nicht überall zur selben Zeit sein. Ich werde heute Nacht den Zug nach Tokio nehmen und von dort aus nach Yokohama reisen.”
    “Und was wirst du dort tun?” fragte ich mit größerer Neugier, als ich eigentlich zeigen wollte.
    “Es gibt dort einen alten Shinsengumi Samurai, der mir helfen wird, eine Schiffspassage nach Amerika zu bekommen.”
    Simouyé klatschte in die Hände, für sie war das Gespräch beendet. “Es ist spät, Cantrell-san. Bevor der Wachmann seine nächste Runde macht, müssen Sie verschwunden sein.”
    Er war weg.
    Ich sah die Rikscha in der engen Gasse mit den gesichtslosen Häusern und verschlossenen Toren verschwinden. Die roten Laternen wiegten sich im Wind und leuchteten den Weg.
    Endlos marterte ich mich mit der Frage, ob ich anders entschieden hätte, wenn er die Frage gestellt hätte, die ich hören wollte. Doch er hatte sie nicht gestellt, und deshalb würde ich meinen Traum weiter
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