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Die Blendende Klinge

Die Blendende Klinge

Titel: Die Blendende Klinge
Autoren: Brent Weeks
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sie war, als ich sie übernommen habe.« Eisenfaust hielt seine Stimme ruhig, aber der Zorn darunter war unverkennbar. Untypisch für ihn.
    Gavin schwieg, die Zähne zusammengebissen, die Augen tot. Das war das Schreckliche, die Hölle des Führerdaseins: einen Mann als Individuum mit Hoffnungen, Familie, geliebten Menschen, Lieblingsspeisen vor sich zu sehen; ein Individuum, das zum Beispiel ein Morgen- oder ein Nachtmensch war, gerne sang, aber den Ton nicht traf, und eine Vorliebe für scharfe Peperoni und Tänzerinnen hatte. Ihn dann eine Stunde später als eine bloße Ziffer zu betrachten und bereit zu sein, ihn zu opfern. Diese achtunddreißig toten Männer und vierzehn Frauen hatten Zehntausende von Menschen gerettet, hätten es beinahe geschafft, die Stadt zu retten. Gavin hatte sie an einen Ort gebracht, wo sie, wie er gewusst hatte, vielleicht sterben würden, und sie waren gestorben. Er würde es wieder tun.
    Eisenfaust wandte den Blick ab. »Lord Prisma«, fügte er hinzu. Es war keine Reue in Eisenfausts Stimme, aber Gavin brauchte keinen blinden Gehorsam. Gehorsam reichte.
    Gavin schaute zu dem unter den Deckbalken offenen Raum zwischen seiner Kajüte und der nächsten hinauf. »Die Schwarze Garde braucht Rekruten. Der Herbstkurs dürfte wohl noch nicht einmal begonnen haben, und Kip wäre ideal geeignet. Ihr habt ihn wandeln sehen.«
    »Es ist körperlich zu anstrengend für ihn. Sieben Wochen höllisches Training und jedes Wochenende Kämpfe, die herausfegen, was nichts taugt – bis von neunundvierzig nur die sieben Besten bleiben. Er würde es niemals schaffen, selbst wenn er sich nicht die Hand verbrannt hätte. Wenn er abnimmt, könnte er vielleicht in einem Jahr oder …«
    »Er wird es schaffen«, unterbrach ihn Gavin. Doch drückte er damit nicht sein Vertrauen in Kips Fähigkeiten aus.
    Schweigen, während Eisenfaust mit dem versteckten Hintersinn dieser Aussage rang. Dann Ungläubigkeit. »Ihr wollt von mir, dass ich ihn unverdientermaßen aufnehme?«
    »Muss ich darauf antworten?«
    »Ihr wollt ihn in aller Öffentlichkeit zu Eurem Günstling machen? Damit werdet Ihr diesen Jungen zerstören.«
    »Es werden ohnehin alle denken, dass er begünstigt wird.« Gavin zuckte die Achseln und gab seinen Worten mehr Nachdruck. »Er wird seinem vorgesehenen Zweck dienen oder beim Versuch, ihm gerecht zu werden, zerbrechen, genau wie wir anderen auch.«
    Hauptmann Eisenfaust antwortete nicht. Er verstand sich auf die Macht des Schweigens.
    »Kommt mit mir, Hauptmann.« Sie gingen zusammen aufs Deck hinaus. Die Tür zwischen den Kabinen war dünn, und es klafften offene Löcher zwischen den Deckbalken, vielleicht damit der Kapitän seinen Sekretären, die in normalen Zeiten ihr Büro in der Achterdeckkabine hatten, Befehle zubrüllen konnte. Das Gespräch war nicht unbedingt so verlaufen, wie Gavin es gewollt hatte, aber es würde seinen Zweck erfüllen. Kip sollte alles mit angehört haben.
    Jetzt wollte Gavin noch einige Worte mit Eisenfaust wechseln, die nicht für Kips Ohren bestimmt waren. »Kip ist mein Sohn, Hauptmann. Ich habe ihn als solchen anerkannt, obwohl ich ihn stattdessen hätte sterben lassen können, ohne dass irgendjemand etwas von ihm erfahren hätte. Ich habe nicht vor, Kip zu zerstören. Er ist dick und unbeholfen, und er ist ein mächtiger Polychromat. Wenn er zur Chromeria kommt, wird er schnell erwachsen werden. Er kann sich zum Gespött machen, oder er kann ein großer Mann werden. Er fängt recht spät an. Die Söhne und Töchter der Satrapen werden sich auf ihn stürzen. Ich will, dass Ihr jede Stunde seiner Zeit für ihn füllt; ich will, dass Ihr ihn körperlich neu erschafft und ihn geistig stählt, dass Ihr ihn lehrt, sich selbst richtig einzuschätzen. Wenn er sich den Respekt der Schwarzgardisten verdient hat, wenn es ihn nicht mehr schert, was all die Schlangen von ihm denken, werde ich ihn auffordern, die Schwarze Garde zu verlassen und in die Schlangengrube zu springen.«
    »Ihr wollt ihn zum nächsten Prisma ausbilden«, sagte Eisenfaust.
    »Nun, Hauptmann, Orholam allein wählt seine Prismen«, erwiderte Gavin.
    Es war ein Scherz, aber Eisenfaust lachte nicht. »In der Tat, Lord Prisma.«
    Gavin vergaß immer wieder, dass Eisenfaust ein frommer Mann war.
    »Ich werde es ihm nicht leicht machen«, erklärte Eisenfaust. »Wenn er sich meiner Schwarzen Garde anschließen soll, muss er es sich erst verdienen.«
    »Klingt gut«, sagte Gavin.
    »Er ist ein Polychromat
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