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Die blaue Sonne der Paksi

Die blaue Sonne der Paksi

Titel: Die blaue Sonne der Paksi
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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denen dieser Planet die Besatzung angeregt hatte, war Tondo, der Historiker an Bord, sogar noch weiter vorausgeeilt: Die Menschen könnten einst, wenn die Gesellschaft auf diesem Planeten sich zu formieren begänne, die hiesigen Bewohner an die Hand nehmen und, so hoffte er, ihnen in ihrer Entwicklung den Umweg über die Scheußlichkeiten der Klassengesellschaft ersparen. Aber das waren Probleme der allerfernsten Zukunft, und die Debatte darüber war eigentlich auch mehr Ausdruck der Entdeckerfreude gewesen als ernsthafter wissenschaftlicher Meinungsstreit.
    Das einzige, was sie jetzt bis zum geplanten Abflug in zweieinhalb Tagen praktisch noch tun konnten, war ein ungezieltes Sammeln aller möglichen Informationen über das hiesige Leben. Ausgenommen von dieser Aufgabe waren nur der Planetologe Ming, der die Aufnahmen aus der Parkbahn und die Bodenproben auswertete, und Hellen, Kommandantin und Ärztin, die wohl oder übel ihren biologischen Forschungsdrang zügeln mußte, um genügend Zeit für die Leitung ihrer Mitarbeiter und für die Sorge um deren Gesundheit zu haben. Da aber Hellen und Ming zur älteren Generation gehörten – sie waren etwa um die hundert Jahre alt –, gelang es ihnen, vor den anderen zu verbergen, welches Opfer es für sie bedeutete, meist an Bord zu bleiben.
    Die Hände auf dem Rücken verschränkt, schritt Ming in der Zentrale auf und ab. Jetzt, da das Raumschiff auf dem Planeten stand, konnte er sich diesen Luxus erlauben. Alle sechs Pulte standen dem Diensthabenden zur Verfügung, und er hatte alle sechs eingeschaltet, so daß er in dem großen Raum, der durch seine Gliederung in Halbkabinette noch größer erschien, immer mindestens ein Pult im Blickfeld hatte.
    Ming, in der Bordfunktion Gravitator und von der wissenschaftlichen Qualifikation her Planetologe, war von allen Besatzungsmitgliedern in seinen Gewohnheiten am meisten der Erde verhaftet, und nicht nur der Erde, sondern sogar seiner engeren Heimat in Ostasien. Aber das paßte zu ihm, denn er gehörte zu den nicht mehr sehr zahlreichen Menschen, bei denen der Typus einer der ursprünglichen Großrassen relativ geschlossen das äußere Erscheinungsbild prägte, in der Hautfarbe, im Schnitt des Gesichts, der Form der Augen. So sollten vor zehntausend Jahren die Chinesen ausgesehen haben, nur meist kleiner gewesen sein. Aber auch dieses Merkmal hatte sich wenigstens relativ erhalten: Mit seinen gut zwei Metern war er der Kleinste an Bord, obwohl auch an seinen Vorfahren und ihm die Akzeleration nicht vorbeigegangen war, die mit der stärkeren Durchmischung der Großrassen in den ersten Jahrtausenden der Neuzeit eingesetzt hatte.
    Ming orientierte sich in vielen Fragen des Alltags am historischen Bild des Ostasiaten: in der Kleidung, im Essen, in der lächelnden Verbindlichkeit seines Auftretens – nur, daß er nicht mit gekreuzten Beinen dazusitzen pflegte.
    Für Ming entstand höchste Konzentration beim Auf- und Abgehen. Und er brauchte sie jetzt, denn er konzipierte bereits den Einsatz der Meßautomatik für den ersten Teil des Rückflugs im Normalraum.
    Ein Summen ertönte. Utta meldete sich über Funk.
    Ming hielt in seiner Wanderung inne. „Ja, Utta, was gibt's?“ fragte er.
    „Wir haben etwas gefunden“, sagte Utta, „anscheinend ein verendetes Tier. Kannst du uns jemand mit einem Kissen schicken?“
    „Ypsilon: Stereogramm der anliegenden Funkverbindung ins Zentrum!“ befahl Ming. Ypsilon war das bordübliche Kodewort für akustische Computerbefehle. Sofort erschien auf einer waagerechten Kreisfläche in der Mitte der Zentrale das Raumbild von Utta, Tondo und deren Umgebung.
    „Ypsilon: Bild etwas aufhellen, Ausschnitt verkleinern – so, gut!“ Die Gestalten von Utta und Tondo wuchsen ein wenig und wurden heller, und jetzt sah Ming deutlicher, was da zu ihren Füßen lag. Das konnte tatsächlich ein verendetes Tier sein. Ein brauner, plumper Rumpf, einige Gliedmaßen, vier anscheinend – Ming ging um das Bild herum –, ja, vier waren es. Da gab es auch einen Kopf mit einer Art Horn, oder nein, nicht mit einem Horn, eher einem Federbusch oder – nun, man würde sehen.
    „Ypsilon: Sprechverbindung zu Hellen!“ sagte Ming.
    „Ja, Ming?“ meldete sich Hellen mit tiefer, freundlicher Stimme.
     



„Utta und Tondo haben etwas gefunden, anscheinend ein verendetes Tier. Möchtest du es sehen?“
    „O ja – aber ich verarzte gerade Juri. Sie sollen es mitbringen und vor dem Raumschiff absetzen. Aber nicht an
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