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Die Bismarcks

Die Bismarcks

Titel: Die Bismarcks
Autoren: Jochen Thies
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Kali Chemie AG schickte ihn für einige Monate nach Harvard, wo er in der Business School eine Zusatzausbildung erhielt. Sie machte ihn fit für höhere Weihen. Der einflussreiche Bankier Hermann Josef Abs, im Aufsichtsrat des Unternehmens sitzend, förderte seine Karriere. Sie kam nach dem USA -Aufenthalt rasch voran. Bismarck rückte in den Vorstand auf und wurde für das Arzneimittelgeschäft der Kali Chemie AG Hannover zuständig.
    Der hochgewachsene blonde, blauäugige, 1,84   Meter große Mann war eine auffällige Erscheinung, eine dominante Persönlichkeit, die sich ihrer Herkunft bewusst war. Zusammen mit seiner eleganten Frau, einer passionierten Reiterin und exzellenten Pianistin – sie war in Hinterzarten Schülerin von Edith Picht-Axenfeld gewesen –, bildete er eine eindrucksvolle Einheit, einen Mittelpunkt der Gesellschaft der im Krieg schwer zerstörten Halbmillionenstadt.
    Bismarck wurde auch Präsident der Industrie- und Handelskammer von Hannover. 1969 kam er für die CDU in den Deutschen Bundestag, dem er zehn Jahre lang angehörte. Ein Jahr später, 1970, wurde er Sprecher der Pommerschen Landsmannschaft sowie Mitglied im Lenkungsausschuss des deutsch-polnischen Forums. Im gleichen Jahr wurde Philipp von Bismarck auch Vorsitzender des Wirtschaftsrates der CDU und gehörte damit zu den einflussreichsten Persönlichkeiten der Union in Wirtschaftsfragen. Er hatte dieses Amt bis 1983 inne.
    In der deutschen Ostpolitik wurde die Beziehung der beiden Brüder Philipp und Klaus gelegentlich auf eine harte Probe gestellt. Drohten die Konflikte überzuborden, sprang die Familie schlichtend ein. 25 Die beiden Ehefrauen, »starke Frauen«, wie ein Sohn von Philipp sagt, spielten dabei die entscheidende Rolle als Vermittler. Philipp vollzog den Bruch mit der Vergangenheit langsamer als Klaus, er trat zunächst für ein »bedingtes Festhalten« an den deutschen Ostgebieten ein. Die Aussöhnung mit Polen bleibt am Ende jedoch »seine Lebensleistung«. 26 Selbst hartgesottene Kommunisten hatten Tränen in den Augen, als Philipp von Bismarck bei einem deutsch-polnischen Forum in Allenstein den Polen spontan zur Wahl von Karol Wojtyla zum Papst gratulierte. Die Gastgeber hatten zunächst Bedenken gehabt, den CDU -Abgeordneten an den Treffen teilnehmen zu lassen. 27
    Vielleicht spielten bei dieser Entwicklung auch die unterschiedlichen Charaktere der beiden Brüder eine Rolle. Gemeinsam war beiden die evangelisch-preußische Prägung. Klaus war ein Vorreiter der deutschen Ostpolitik, er unterschrieb bereits 1965 die Verzichtserklärung der EKD zu den deutschen Ostgebieten; Philipp zögerte noch. Klaus war im Vergleich der originellere Kopf, Philipp weniger biegsam, geradliniger. Als im Februar 1975 sein Berliner Parteifreund Peter Lorenz von Terroristen entführt wurde, später aber unversehrt freikam, nachdem die Bundesregierung auf die Forderungen der Entführer eingegangen war, kritisierte Bismarck die Entscheidung. Es sei ein »Riesenfehler, eine einzelne Person vor den Staat zu stellen«. Bei der Wahlkampfveranstaltung seiner Partei wurde der Exmajor noch deutlicher: »Unser Leben steht zur Disposition. Sonst gehörten wir nicht in den Bundestag. Die Führung darf keine Feigheit vor dem Feind zeigen.« 28 Helmut Schmidt hieß der amtierende Bundeskanzler.
    Die 75   000 DM , die Philipp im Lastenausgleich für den Verlust von Külz erhalten hatte, legte er in Waldbesitz an, sein Bruder Klaus die 80   000 DM Ausgleich für Kniephof in einer Familienstiftung. Anders als sein Bruder blieb Philipp dem vertrauten Leben als Gutsherr verhaftet. Mit den 75   Hektar Wald und einem Haus in dem kleinen Örtchen Schweimke in der Lüneburger Heide wollte er einen neuen »Heimathafen« für seine Familie begründen, was ihm auch gelang: Schweimke ist bis zum heutigen Tag der Treffpunkt der sechs Kinder, 26   Enkel und 30   Urenkel. Trotz seiner Rückenprobleme blieb Philipp ein begeisterter Reiter. Er liebte die Jagd und das Leben auf dem Lande, die Nähe zu den Bäumen.
    In den 1990er-Jahren begann Philipp von Bismarck mit der Renovierung von Külz, das er zusammen mit einer polnischen Stiftung gepachtet hatte. Er ließ zunächst das Gebäude auf eigene Kosten absichern. Danach begann die sieben Millionen Euro kostende Renovierung, die mit Mitteln des Bundesinnenministeriums und der Jumbostiftung bestritten wurde. In dem aus den 1730er-Jahren stammenden Herrenhaus wurde eine deutsch-polnische Akademie eingerichtet
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