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Die Bestie von Florenz

Die Bestie von Florenz

Titel: Die Bestie von Florenz
Autoren: Mario Douglas & Spezi Preston , Mario Spezi
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steht das Negativ zum Verkauf …«
    Es dauerte nicht lange, bis die Ermittler einen Indiano dingfest machten, der sich zum Zeitpunkt des Doppelmords in der Nähe der Via dell’Arrigo herumgetrieben hatte. Er hieß Enzo Spalletti und fuhr tagsüber einen Krankenwagen.
    Spalletti wohnte mit Frau und Kindern in Turbone, einem Dorf außerhalb von Florenz. Es bestand aus einer Ansammlung alter Häuser um eine zugige Piazza und erinnerte ein wenig an einen Ort aus einem Italo-Western. Spalletti war bei seinen Nachbarn nicht sonderlich beliebt. Sie erzählten, er spiele sich auf und täte so, als hielte er sich für etwas Besseres. Seine Kinder, sagten sie, nahmen Tanzstunden, als seien sie die Kinder eines Adligen. Das ganze Dorf wusste, dass er ein Voyeur war. Sechs Tage nach dem Doppelmord holte die Polizei den Krankenwagenfahrer ab. Zu diesem Zeitpunkt hielten die Ermittler ihn allerdings nicht für den Mörder, sondern für einen wichtigen Zeugen.
    Spalletti wurde ins Polizeipräsidium gebracht und befragt. Er war ein kleiner Mann mit einem riesigen Schnurrbart, eng stehenden schmalen Augen, einer großen Nase, einem knubbelig hervorstehenden Kinn und einem kleinen Mund, der auf unglückliche Weise an einen Schließmuskel erinnerte. Er sah aus wie ein Mann, der etwas zu verbergen hatte. Erschwerend kam hinzu, dass er die Fragen der Polizei mit einer Mischung aus Arroganz, Ausflüchten und Trotz beantwortete. Seiner Aussage zufolge hatte er an jenem Abend das Haus verlassen, um sich eine Prostituierte zu suchen, die er angeblich am Arno-Ufer auflas, in der Nähe des amerikanischen Konsulats. Ein junges Mädchen aus Neapel in einem roten Kleid. Das Mädchen war in seinen Taurus gestiegen, und er hatte sie in ein Wäldchen in der Nähe der Stelle gefahren, wo die beiden jungen Leute ermordet worden waren. Als sie fertig waren, hatte Spalletti die kleine Prostituierte in Rot dorthin zurückgefahren, wo er sie aufgegabelt hatte.
    Die Geschichte war ausgesprochen unglaubwürdig. Erstens war es undenkbar, dass eine Prostituierte freiwillig zu einem Unbekannten ins Auto stieg und sich zwanzig Kilometer weit mitten ins Nirgendwo in einen dunklen Wald fahren ließ. Bei der Befragung wurden zahlreiche Löcher in Spallettis Geschichte aufgetan, doch er blieb stur. Es brauchte sechs Stunden ununterbrochener Vernehmung, bis er endlich weich wurde. Schließlich gab der Krankenwagenfahrer unverändert dreist und selbstsicher zu, was alle bereits wussten – dass er tatsächlich ein Spanner war, dass er am Samstag, den 6. Juni, nachts unterwegs gewesen war und seinen roten Taurus nicht weit vom Tatort entfernt geparkt hatte. »Na und?«, fuhr er fort. »Ich war nicht der Einzige, der in dieser Nacht da draußen Pärchen nachspioniert hat. Wir waren ein ganzer Haufen.« Dann erklärte er, dass er den kupferroten Fiat von Giovanni und Carmela sehr gut kannte: Der Wagen kam oft und war als »gutes Auto« bekannt. Er hatte die beiden mehr als einmal beobachtet. Und er war ganz sicher, dass in der Mordnacht auch andere Leute in der Nähe herumgeschnüffelt hatten. Er war eine Weile mit einem dieser Männer herumgezogen, der das angeblich auch bezeugen konnte. Er nannte der Polizei den Namen Fabbri.
    Ein paar Stunden später wurde Fabbri ins Präsidium gebracht und daraufhin befragt, ob er Spallettis Alibi bestätigen konnte. Stattdessen sagte Fabbri aus, dass er etwa anderthalb Stunden lang, um den Zeitpunkt des Mordes herum, nicht mit Spalletti zusammen gewesen war. »Klar«, erzählte Fabbri den Ermittlern, »Spalletti und ich, wir haben uns in der Nacht gesehen. Wir haben uns in der Taverna de Diavolo getroffen, wie immer.« In dem Restaurant sammelten sich oft Indiani, um Plätze zu handeln und Informationen auszutauschen, ehe sie in den Abend hinauszogen. Fabbri fügte hinzu, dass er Spalletti später wiedergetroffen hatte, kurz nach elf Uhr, als Spalletti die Via dell’Arrigo heruntergekommen war. Spalletti musste folglich keine zehn Meter am Tatort vorbeigegangen sein, und das um die vermutete Tatzeit herum.
    Es kam noch mehr zutage. Spalletti behauptete steif und fest, dass er direkt nach Hause gefahren sei, nachdem er sich von Fabbri verabschiedet hatte. Aber seine Frau sagte aus, dass ihr Mann noch immer nicht zu Hause gewesen sei, als sie um zwei Uhr morgens zu Bett gegangen war.
    Also wandte sich das Verhör wieder Spalletti zu: Wo war er zwischen Mitternacht und mindestens zwei Uhr morgens gewesen? Spalletti hatte keine
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