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Die Bestie von Florenz

Die Bestie von Florenz

Titel: Die Bestie von Florenz
Autoren: Mario Douglas & Spezi Preston , Mario Spezi
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abgeknickte Baumstämme, Äste und manchmal auch Tierkadaver herumschwimmen und sich an den von Ammanati entworfenen Brückenpfeilern stauen.
    In Florenz gehen das Köstliche und das Grässliche Hand in Hand: Savonarolas Feuer der Eitelkeiten und Botticellis Geburt der Venus , Leonardo da Vincis Skizzenbücher und Niccolò Machiavellis Der Fürst , Dantes Inferno und Boccaccios Dekameron . Auf der Piazza della Signoria, dem Hauptplatz, sind unter freiem Himmel Skulpturen der Renaissance ausgestellt, darunter einige der berühmtesten Statuen von ganz Florenz. Sie bilden eine Galerie des Grauens, eine öffentliche Zurschaustellung von Mord, Vergewaltigung und Verstümmelung, wie sie in keiner anderen Stadt der Welt zu finden ist. Krone der Sammlung ist Cellinis berühmte Bronzestatue des Perseus, der den abgetrennten Kopf der Medusa hochhält wie ein islamistischer Terrorist in einem Propagandavideo – Blut tropft aus ihrem Hals, ihr enthaupteter Körper liegt zu seinen Füßen. Hinter Perseus stellen weitere Statuen legendäre Szenen von Mord, Gewalt und Aufruhr dar, darunter der Raub der Sabinerinnen von Giambologna. Innerhalb der Mauern, die Florenz umschließen, bis zu den Galgen außerhalb, wurden die raffiniertesten und wüstesten Verbrechen begangen, von der schleichenden Vergiftung bis hin zur brutalen, öffentlichen Verstümmelung, Folter und Verbrennung auf dem Scheiterhaufen. Jahrhundertelang sandte Florenz den Glanz seiner Macht über die gesamte Toskana aus, zum Preis schrecklicher Massaker und blutiger Kriege.
    Die Stadt wurde 59 n.Chr. von Julius Cäsar gegründet, als Ruhestands-Wohnsitz für Soldaten aus seinen Feldzügen. Sie bekam den Namen Florentia, die »Blühende«. Gegen 250 n.Chr. ließ sich ein armenischer Prinz namens Miniato nach einer Pilgerfahrt nach Rom auf einem Hügel nahe Florenz nieder. Er lebte dort als Einsiedler in einer Höhle, von der er auszog, um den Heiden in der Stadt zu predigen. Im Zuge der Christenverfolgung unter Kaiser Decius wurde Miniato verhaftet und auf dem Marktplatz der Stadt enthauptet, woraufhin (so erzählt die Legende) er seinen Kopf aufhob, ihn sich wieder auf die Schultern setzte und den Hügel hinaufstieg, um in Würde in seiner Höhle zu sterben. Heute steht an dieser Stelle eine der schönsten romanischen Kirchen Italiens, die Basilika San Miniato al Monte, von der aus man über die ganze Stadt bis zu den Hügeln dahinter schauen kann.
    1302 wurde Dante aus Florenz verbannt, wovon die Stadt sich nie ganz reinwaschen konnte. Im Gegenzug bevölkerte Dante seine Hölle mit prominenten Florentinern und reservierte die exquisitesten Foltermethoden für sie.
    Während des 14. Jahrhunderts wurde Florenz durch den Handel mit Wolltuchen und das Bankwesen reich, und am Ende des Jahrhunderts galt die Stadt als eine der fünf größten in Europa. Zu Beginn des 15. Jahrhunderts erlebte Florenz eine Blütezeit menschlichen Genies, wie es sie in der Menschheitsgeschichte kaum ein halbes Dutzend Mal gegeben hat. Später würde man diese Zeit die Renaissance nennen, die »Wiedergeburt«, die die lange Finsternis des Mittelalters beendete. Zwischen der Geburt Masaccios 1401 und dem Tod Galileos 1642 erfanden Florentiner große Teile der modernen Welt. Sie revolutionierten die Kunst, Architektur, Musik, Astronomie, Mathematik und Navigation. Sie schufen das moderne Bankwesen durch die Erfindung des Kreditwechsels. Der goldene Florin mit der Florentiner Lilie auf der einen und Johannes dem Täufer im Büßerhemd auf der anderen Seite wurde die Münze Europas. Die Stadt ohne Seehafen an einem nicht schiffbaren Fluss brachte brillante Navigatoren hervor, die die Neue Welt erkundeten und kartographierten, und einer von ihnen gab Amerika sogar seinen Namen.
    Mehr noch, Florenz erfand die Idee der modernen Welt. Durch die Renaissance schüttelten die Florentiner das Joch des mittelalterlichen Weltbildes ab, in dem Gott im Zentrum des Universums stand und das irdische Dasein nur als dunkle, flüchtige Station auf dem Weg ins herrliche Jenseits galt. Die Renaissance stellte die Menschheit in den Mittelpunkt des Universums und erklärte dieses Leben zum eigentlichen Ereignis. Das Schicksal der abendländischen Zivilisation nahm eine neue Wendung.
    Die Florentiner Renaissance wurde zum Großteil von einer einzigen Familie finanziert, den Medici. Sie gelangten in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts unter der Führung von Giovanni di Bicci de’Medici, einem sehr wohlhabenden
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