Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Bestie von Florenz

Die Bestie von Florenz

Titel: Die Bestie von Florenz
Autoren: Mario Douglas & Spezi Preston , Mario Spezi
Vom Netzwerk:
insgesamt fünfundfünfzigtausend Seiten, mehr als die Bibel, Das Kapital von Marx , Kants Kritik der reinen Vernunft, die Ilias, die Odyssee und Don Quixote zusammen.
Vor dem Angeklagten, hoch oben hinter imposanten Schranken, saß Richter De Luca allein, anstelle der üblichen zwei Richter und neun Geschworenen, die das Strafgericht bilden, das über die schwersten Verbrechen zu richten hat. Überraschenderweise hatte Calamandreis Anwalt ein sogenanntes verkürztes Verfahren beantragt, was normalerweise nur tut, wer seine Schuld gestanden hat, um ein geringeres Strafmaß zu erhalten. Zanobini und Calamandrei hatten aus einem ganz anderen Grund darum gebeten: »Damit der Prozess so rasch wie möglich abgeschlossen werden kann«, hatte Zanobini erklärt, »da wir uns vor dem Ergebnis nicht zu fürchten brauchen.«
Links von dem Apotheker, auf der anderen Bank in der ersten Reihe, saß der Chefankläger von Florenz, Paolo Canessa, mit einem weiteren Staatsanwalt. Die beiden lächelten und scherzten leise miteinander, vielleicht, um ihre völlige Zuversicht zu demonstrieren, vielleicht auch, um die Verteidigung zu ärgern.
Ehe der Tag vorüber war, würde Zanobini ihnen das Grinsen vom Gesicht wischen.
Zanobini stürzte sich voll Feuereifer in seine Ausführungen und wies auf ein Versehen Canessas hin, das zwar nur ein Formfehler, aber dennoch sehr peinlich war. Dann griff er die Ermittlungen gegen die Bestie in Perugia an, geführt von Oberstaatsanwalt Mignini, der Calamandrei mit dem Tod Narduccis in Zusammenhang gebracht hatte. »Fast alle Ermittlungsergebnisse aus Perugia sind wertloses Altpapier«, sagte er. »Ich will Ihnen ein Beispiel dafür geben.« Er hielt einige lose Blätter hoch und erklärte, dies sei das Protokoll einer Vernehmung, die Staatsanwalt Mignini vorgenommen und bisher unter Verschluss gehalten hatte. »Wie könnte ein Richter ein Dokument wie das, welches ich Ihnen gleich vorlesen werde, ernst nehmen und für glaubhaft halten?«
Als Zanobini zu lesen begann, schwenkten die Kameras von Calamandrei zu … mir herüber. Ich konnte es nicht glauben, Doug, aber ich war der Star dieses Dokuments! Es handelte sich dabei um die sogenannte freiwillige Aussage einer Frau, die Kontakt zu Gabriella Carlizzi gehabt hatte. Sie wiederholte vor Mignini zahlreiche Theorien Carlizzis und behauptete, all das vor Jahren von einer längst verstorbenen sardischen Tante gehört zu haben, die alle Beteiligten gut gekannt habe. Mignini hatte ihre Aussage protokollieren und aufzeichnen und die Frau dann unter Eid unterschreiben lassen. Obwohl die Behauptungen der Frau so offenkundig absurd waren und es keinerlei Beweis dafür gab, ordnete Mignini für dieses Dokument strikte Geheimhaltung an, weil die Vorwürfe so »schwerwiegend und heikel« seien.
Während Zanobini im grauen Gerichtssaal das Dokument vorlas, erfuhr ich zusammen mit den anderen Anwesenden, dass ich gar nicht der Sohn meines Vaters war. Mein leiblicher Vater – behauptete diese Frau zumindest in ihrer Aussage – war ein berühmter Musiker mit kranken, perversen Neigungen, der die beiden ersten Morde 1968 begangen hatte. Ich erfuhr, dass meine Mutter mich auf einem sardischen Bauernhof in der Toskana empfangen hatte. Ich hörte, dass ich irgendwann die Wahrheit über meinen leiblichen Vater entdeckt, sein teuflisches Werk als Familientradition fortgeführt hatte und so zur »wahren Bestie von Florenz« geworden war. Diese verrückte Tante behauptete, wir hätten uns alle miteinander verschworen: ich, die Vinci-Brüder, Pacciani und seine Picknick-Freunde, Narducci und Calamandrei. Aus unserem teuflischen Bündnis, erzählte die Frau Mignini, »zog jeder seinen eigenen Vorteil: Die Voyeure genossen ihre besonderen Aktivitäten, die Satanisten benutzten die Körperteile der Leichen für ihre Rituale, die Fetischisten konservierten die Leichenteile, und Spezi, das hat meine Tante mir immer erzählt, verstümmelte die Opfer mit einem Schustermesser … Gewisse Mitbürger aus Villacidro haben mir erst kürzlich erzählt, dass der Schriftsteller Douglas Preston, Spezis enger Freund, Beziehungen zum amerikanischen Geheimdienst hat.«
Sie erklärte Mignini: »Ich habe bisher nicht darüber gesprochen, weil ich Angst vor Mario Spezi und seinen Freunden hatte … Als Sie Spezi verhaftet haben, habe ich all meinen Mut zusammengenommen und mit Carlizzi geredet, weil ich ihr vertraue und weiß, dass es ihr nur um die Wahrheit geht …«
Das war völlig absurdes
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher