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Die beste Welt: Roman (German Edition)

Die beste Welt: Roman (German Edition)

Titel: Die beste Welt: Roman (German Edition)
Autoren: Karen Lord
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anerkannt und werden nun ohne Rücksicht auf unsere Überlieferungen erzogen. Lediglich in einem einzigen Fall kam es zu einer Paarbindung, die man auch nur annähernd als solche bezeichnen kann, und dieser Mann hat um Erlaubnis angesucht, in die Siedlung der Kindesmutter zu ziehen, wo er zweifellos nach den kulturellen Vorstellungen ihres Volkes zu leben gedenkt.«
    Ich pfiff durch die Zähne. Wenn man die Geschichten hinzunahm, die ich von anderer Seite gehört hatte, gab es mehr Geburten und weniger Eheschließungen, als ich erwartet hätte.
    »Das soll wohl heißen, Ihre Landsleute sind ein sexueller Fetisch, werden benutzt und weggeworfen. Gut genug für den Beischlaf, aber nicht gut genug für eine Ehe. Frisches Blut. Der letzte Schrei in der Stadt. Die …«
    »Ihre Kommentare«, bemerkte Dllenahkh leise, aber in schneidendem Ton, »sind im Moment nicht unbedingt erwünscht.«
    Ich schämte mich aufrichtig. »Es tut mir leid. Ich habe mich hinreißen lassen. Die Sache ist die … unsere Gesellschaft ist von jeher matriarchalisch geprägt. Cygnische Väter spielen bei der Kindererziehung keine große Rolle. Ich dachte, das sei Ihnen bewusst.«
    Wir fuhren schweigend weiter. Ich musste mich auf die Fahrbahn konzentrieren, die an dieser Stelle stark unterspült war. Einmal musste Dllenahkh sogar aussteigen und den Wagen ein Stück weit durch feinen Kalkschlamm schieben, bis ich wieder festen Boden unter den Rädern hätte. Als er wieder einstieg, setzte er seine schmutzigen Stiefel ganz penibel in die Mitte der Fußmatte. Die kleine Ablenkung war uns sehr willkommen gewesen, die Atmosphäre hatte sich ein wenig entspannt.
    Während ich überlegte, wie ich das Gespräch von Neuem in Gang bringen könnte, schweiften meine Gedanken ab, und diese Gelegenheit ließ sich mein Unterbewusstsein natürlich nicht entgehen. »Dunkel waren sie und goldäugig«, zitierte ich verträumt.
    »Das Zitat ist mir nicht bekannt.«
    »Es stammt aus einem klassischen Roman über Terraner, die ausziehen, um den Mars zu kolonisieren. Aber es kommt anders … der Mars kolonisiert sie. Er verwandelt sie in dunkelhäutige, goldäugige Marsianer, die den ausgestorbenen Ureinwohnern aufs Haar gleichen. Eines kann ich Ihnen jetzt schon sagen: Falls Sie vorhaben sollten, Cygnus Beta zu kolonisieren und in ein zweites Sadira umzuwandeln, dann wird man in ein paar Jahrhunderten nicht mehr als eine leichte Tendenz zu schillerndem Haar und pedantischer Sprechweise in der Bevölkerung des Planeten finden. Oh, Dllenahkh, es tut mir so leid. Ich habe versucht, Sie zu warnen.«
    »Ich kann mich nicht erinnern …«
    Für Multitasking wurde das Gespräch zu ernst. Ich fuhr an den Straßenrand, stellte den Motor ab und sah Dllenahkh voll ins Gesicht. »Ich habe Sie gefragt, was Sie langfristig wollen. Wollen Sie reinrassige Sadiri oder Sadiri-Cygnier sein? Ist nämlich das Erstere Ihr Ziel, dann packen Sie die Sache falsch an.«
    Er ließ den Kopf hängen, was für einen Sadiri fast gleichbedeutend ist mit einem gequälten Aufschrei. »Ich weiß nicht, was wir anstreben. Wir wollen einfach überleben und bemühen uns, alle Möglichkeiten auszuschöpfen, um das zu erreichen.«
    Eine Welle der Einsamkeit rollte über mich hinweg, und ich schloss die Augen. Ich ziehe Gilda gern damit auf, dass sie in ihrem genetischen Bauplan ein dominantes zhinuvisches Gen hat, aber dann muss ich mir auch eingestehen, dass ich einen Schuss zu viel Ntshune mitbekommen haben könnte, denn gelegentlich spüre ich einen Widerhall von Emotionen, die nicht die meinen sind. Und Dllenahkh war einsam, das war unverkennbar. Die Einsamkeit stieg wie Nebelschwaden von ihm auf, drang mir in die Knochen und verursachte ein hartnäckiges Ziehen wie von einer alten Narbe. Beängstigend.
    »Also. Sie müssen sich mit dem Ministerium für Familienplanung und -betreuung koordinieren. Aber Sie müssen denen reinen Wein einschenken, Dllenahkh, keine kindischen – Verzeihung, kulturell konditionierten – Hemmungen, wenn es darum geht, die sadirischen Sitten bei der Eheschließung und Paarbildung zu erläutern, und keine Versuche, die Frauen durch Manipulation und Indoktrinierung zum sadirischen Lebensstil zu bekehren. Machen Sie aus Ihrem Herzen keine Mördergrube. Schließlich haben Sie sich doch den richtigen Planeten ausgesucht. Bei uns gilt es nicht als anstößig, sich eine Braut aus dem Katalog zu bestellen, und wir selektieren schon seit Jahrhunderten auf Fruchtbarkeit. Auf wie vielen
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