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Die beste Welt: Roman (German Edition)

Die beste Welt: Roman (German Edition)

Titel: Die beste Welt: Roman (German Edition)
Autoren: Karen Lord
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schloss die Augen und rotierte auf meinem Drehstuhl einmal um mich selbst, vielleicht, um etwas ruhiger zu werden, vielleicht auch als spontanes kleines Ritual, das mir Glück bringen sollte. Dann erbrach ich das Siegel und zog das amtliche Schreiben heraus.
    » Was haben die mit mir vor?«
    Wie aufs Stichwort begann mein Monitor zu surren und zu blinken. Ich schaute nervös auf die Anzeige, riss erschrocken die Augen auf und nahm das Gespräch mit einem Tastendruck an. »Hier Delarua.«
    »Zweite Biotechnikerin Delarua, ich gehe davon aus, dass Sie inzwischen Ihre Post geöffnet haben.«
    Meine Chefin versucht immer wieder, uns unangenehme Dinge auf die sanfte Tour unterzujubeln. Sie ist klein und mollig und hat ein pausbäckiges Gesicht mit Grübchen in den Wangen. Täuschen kann sie niemanden. Je tiefer die Grübchen werden, desto genauer weiß man, dass man über den Tisch gezogen wird.
    »Ma’am, ich finde es unglaublich, dass Sie darüber nicht vorher mit mir gesprochen haben. Was ist aus der Abteilung für zwischenmenschliche Beziehungen und Karriereberatung geworden? Sind dort alle an der Pest gestorben? Ins Koma gefallen? Oder haben das Gedächtnis verloren?« Obwohl ich mir meine Enttäuschung gern vollends von der Seele geredet hätte, nahm ich mich etwas zurück. Die Grübchen mochten gefährlich sein, noch schlimmer war es aber, wenn man etwas sagte, das sie plötzlich zum Verschwinden brachte. Meine Chefin duldete nicht, dass ihre Untergebenen sich Freiheiten herausnahmen.
    »Tut mir leid, meine Liebe. Das wurde über meinen Kopf hinweg entschieden.« Sie zuckte die Achseln. »Es handelt sich ja nur um eine befristete Versetzung für ein Jahr. Sehen Sie es doch als Chance, Ihren Lebenslauf etwas aufzupolieren.«
    »Ich bin Biotechnikerin! Je länger ich nicht in meinem Fachgebiet arbeite, desto mehr leidet mein Lebenslauf – und das weiß niemand besser als Sie! « Meine Augen wurden schmal. »Moment mal. Da wird von oben in der Personalstruktur Ihrer Behörde herumgepfuscht, und Sie lächeln noch?« Ich fühlte mich plötzlich unwohl, mein Magen schlug Purzelbäume. »Sie wollten mich loswerden? Warum haben Sie das nicht einfach gesagt …«
    »Delarua, beruhigen Sie sich! Ich habe an Ihnen und Ihrer Arbeit nichts auszusetzen. Aber Sie haben recht, ich bin nicht am Boden zerstört, allerdings nur deshalb, weil ich weiß, wer Ihre Stelle einnehmen wird.«
    Dann nannte sie den Namen Dr. Freyda Mar, der Ihnen unbekannt sein dürfte, wie auch den meisten Cygniern, wenn man ehrlich ist. War man allerdings auf dem Gebiet der Biotechnologie auf dem Laufenden, war es beinahe so, als hätte Albert Einstein seine Forschungstätigkeit für ein Jahr unterbrochen, um am Gymnasium Naturwissenschaften zu unterrichten.
    » Freyda Mar? Was will sie denn mit meinem beschissenen kleinen Job …? Nichts für ungut, Ma’am, aber selbst Sie müssen doch zugeben, dass man mir die unattraktivsten Arbeiten in der ganzen Behörde aufgeladen hat. Ich meine … Inspektion von Hydroponikanlagen, Gesundheitskontrollen, Abwässer , man fährt Hunderte von Kilometern und schläft, wenn man Glück hat, manchmal in einer Scheune, und wenn nicht, dann eben im Wagen. Das soll nicht heißen, dass es mir nicht gefällt, aber schließlich weiß jeder, dass ich ein Sonderling bin.«
    »Vielleicht ist sie das ja auch. Sie will ein Buch über die praktische Anwendung ihrer Arbeiten schreiben. Nur zu, sage ich. Ich bin von jeher der Meinung, dass es den Akademikern nicht schadet, von Zeit zu Zeit mal durch den Schlamm zu stapfen.«
    Ich holte tief Luft. Wenn Freyda Mar für ein Jahr meinen Posten besetzen sollte, kam ich aus der Sache sowieso nicht mehr heraus. »Schön. Wie ich sehe, bleiben mir noch zwei Monate. Wann kommt Doktor Mar?«
    »In einem Monat. Sie haben das Vergnügen, sie einzuweisen.«
    Die Vorstellung, ich – ich – sollte Dr. Freyda Mar einen ganzen Monat lang zeigen, wie sie meine Arbeit zu tun hatte, versetzte meine Technikerseele in helle Begeisterung, und ich vergaß ganz, mich darüber zu ärgern, dass ich für ein ganzes Jahr … was sollte ich eigentlich tun? In einer Doppelrolle als Anthropologin und Diplomatin sinnlos durch die Gegend hetzen?
    In der zweiten Wochenhälfte machte ich mich zur gewohnten Zeit auf den Weg zu Dllenahkhs Büro, um den Inspektionsplan mit ihm zu besprechen. Vor seiner Tür hielt ich kurz inne und fragte mich, wie er die Nachricht von meiner Versetzung wohl aufnehmen würde, aber das
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