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Die beste Welt: Roman (German Edition)

Die beste Welt: Roman (German Edition)

Titel: Die beste Welt: Roman (German Edition)
Autoren: Karen Lord
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anderen Planeten könnte es in so kurzer Zeit zu so vielen Geburten kommen?«
    »Das ist richtig«, sagte Dllenahkh, und es klang so, als schöpfte er wieder ein wenig Hoffnung.
    »Außerdem könnten Sie ja beides haben: Sie nehmen sich für den ersten Teil Ihres langen Lebens eine kurzlebige Cygnierin zur Frau, und hinterher kehren Sie nach Hause zurück und gründen mit einer von Ihren Kinderbräuten eine neue, reinrassige Familie. Aber seien Sie … respektvoll. Aufrichtig. Und verabschieden Sie sich von dem Gedanken, Sie wären die Krone der Schöpfung! Sie sind bloß ein Tropfen von vielen in unserem Genpool! Wir stammen alle von Völkern ab, die sich für Könige oder Götter hielten und letzten Endes einsehen mussten, dass sie so gut wie gar nichts waren. Begehen Sie nicht den gleichen Fehler.«
    Eine Weile schwieg er wie ein gescholtenes Kind, dann räumte er kleinlaut ein: »Was Sie sagen, hat einiges für sich. Ich werde in unserer hiesigen Ratsversammlung erörtern, welche Möglichkeiten es gibt, und dann werde ich Ihren Rat befolgen und mich an das Ministerium wenden.«
    Ich atmete erleichtert auf. Die Sadiri ahnten ja nicht, wie sehr sie unsere Geduld auf die Probe gestellt hatten. Wenn ein Cygnier eines nicht ausstehen kann, dann ist es der Geruch der Arroganz. Zu oft war Arroganz in der Vergangenheit der Vorbote von Gräueltaten und die Rechtfertigung für die Unterdrückung anderer Volksgruppen gewesen. Die Sadiri würden sich nicht über Nacht ändern, aber immerhin war ein Anfang gemacht.
    »Dunkel sind Sie und goldäugig«, flüsterte Dllenahkh.
    »Meine Augen sind braun«, widersprach ich. Unfassbar, dass ein Sadiri solchen Unsinn redete.
    »Soviel ich weiß, ist Gold auf Terra ein seltenes Metall und gilt als kostbar. Golden zu sein heißt, etwas Besonderes zu sein und in Ehren gehalten zu werden.« Er sah mich an. »Für mich sind Ihre Augen golden, weil Sie erkannt haben, wie wir wirklich sind.«
    Ich sagte nichts. Ich schlug vor diesem durchdringenden Blick die Augen nieder, öffnete den Mund und vergaß zu atmen. Der Blick tat mir weh, er versengte mir die Haut wie die grelle Sonne, in ihm vereinigte sich alles, was verloren, aber auch, was geblieben war, zu schier unerträglicher Schönheit. Das Blut meiner empathiebegabten Ahnen wallte auf, es fehlte nicht viel, und ich wäre vor einem Sadiri in Tränen ausgebrochen und hätte mich unsterblich blamiert.
    Ich biss mir auf die Unterlippe, riss mich zusammen und überwand meine Rührung. Dann startete ich den Wagen, und wir fuhren zur nächsten abgelegenen Siedlung weiter.

3
    EHESTIFTER
    »Was ist das?«
    Der Sekretär und Bürobote der Behörde warf einen Blick auf den Umschlag, den er mir auf den Schreibtisch geworfen hatte. »Woher soll ich das wissen?«
    Ich musterte ihn eine Weile. Gilroy war ein schlaksiges Bürschchen, schon jetzt zu groß, aber immer noch nicht ausgewachsen. Außerdem litt er infolge eines schweren Unfalls auf einer abgelegenen, mehrere Tagereisen von jeder zeitgemäßen medizinischen Versorgung entfernten Siedlung unter einer Gehbehinderung. Nun investierte er all die Energie, die er beim Viehtreiben hätte abbauen können, in Klatsch und Tratsch – Verzeihung –, in die Informationsbeschaffung . Ich nahm den Umschlag in die Hand, zwirbelte die Enden der Bänder am Siegel und sah ihn vielsagend an.
    »Na gut …« Es folgte das übliche Vorspiel, bevor er eine Bombe platzen ließ: ein schneller Blick in die Runde, um sich zu vergewissern, dass wir nicht belauscht werden konnten. »Nach allem, was man hört, haben Sie an höherer Stelle einen guten Eindruck hinterlassen, und nun will man Sie mit einer etwas anderen Aufgabe betrauen.«
    Ich zog die Stirn in Falten. Die Sache war mir nicht geheuer. Die Erste Biotechnikerin war erst seit Kurzem auf ihrem Posten. Wenn sie nicht in Mutterschutz gehen wollte oder gefeuert worden war, hatte ich keine Aussicht, ihre Stelle einzunehmen – was ich im Übrigen auch gar nicht anstrebte. Ich halte es immer nur für eine begrenzte Zeit am Schreibtisch aus, dann muss ich hinaus zu den Siedlungen. Dass man mich zur Leiterin der Abteilung beförderte, war völlig ausgeschlossen. Und ich konnte mir nicht vorstellen, dass es auf meinem Karrierepfad noch andere Abzweigungen gab.
    Mir wurde bewusst, dass Gilroy mich beobachtete und grinste, weil ich meine Panik so offen zeigte.
    »Das war’s, vielen Dank, und machen Sie die Tür zu, wenn Sie gehen«, entließ ich ihn schroff.
    Ich
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