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Die beste Lage: Roman (German Edition)

Die beste Lage: Roman (German Edition)

Titel: Die beste Lage: Roman (German Edition)
Autoren: Gaetano Cappelli
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als das, was sie sich je erträumt hatte – verwirklicht, ihn in jeder Hinsicht überflügelt und schließlich die Rolle des dominanten Partners, inklusive des dazugehörigen jungen Liebhabers vermutlich, übernommen und so aus ihm den schwächeren Teil des Paares gemacht. Und jetzt behandelte sie ihn dementsprechend.
    Von einem bestimmten Moment an war sie immer später nach Hause gekommen, sodass Riccardo nun nicht einmal mehr auf sie wartete und einfach ins Bett ging. Wenn die Wirkung der Pillen, die er nahm, um einschlafen zu können, nachließ und er mitten in der Nacht aufwachte und sie neben sich atmen hörte, schlich er vorsichtig, um sie nicht zu wecken, ins Bad und untersuchte den Zustand ihrer Dessous.
    Bis jetzt hatte er keinen verdächtigen Fleck gefunden, aber die raffinierten Bodys aus schwarzer und purpurner oder puderfarbener und pistaziengrüner Spitze – »theatralisch« wie alles an seiner Frau – geilten ihn trotzdem oder vielleicht gerade deswegen so auf, dass er sie am Ende selbst befleckte und sich in der Hitze des Onanierens Eleonora nuttenhafter vorstellte, als es das Ergebnis seiner jämmerlichen Inspektionen eigentlich zugelassen hätte.
    So kehrte er niedergeschlagen ins Bett zurück, lag bis zum Morgen wach und steigerte sich aus der Postmasturbationsdepression in eine der Schlaflosigkeit geschuldete Wut hinein. Keuchend wälzte er sich im Bett hin und her und verfluchte seine Frau. Sie wollte Krieg? Bitte sehr, den konnte sie haben! Er kannte viele weibliche Wesen, die nur auf seinen Anruf warteten. Und wenn er frischeres Fleisch wollte, brauchte er nur zur Universität hinunterzugehen und irgendeine Studentin aufzureißen. Mit diesem Gedanken im Hinterkopf fand er endlich in den Schlaf zurück – eine halbe Stunde bevor sich das Haus wieder belebte. Dann schreckte er hoch und wäre am liebsten tot gewesen.
    Eleonora war schon auf den Beinen. Aus dem Wohnzimmer drangen die Stimmen der Kinder und der Schwiegermutter. Von Riccardos kämpferischen Vorsätzen der Nacht war keine Spur mehr übrig. Er war so erschöpft, dass er sich mühsam ins Bad schleppte und sich einschloss, bis er seine Frau so quietschfidel wie nie rufen hörte: Ciao, Kinder! Ciao, Mamma! Ciao, Riccardo! Ciao, du Nutte, knurrte er, ohne dass es jemand hätte hören können: die Kinder! Der Kinder wegen musste er sich zusammenreißen. Und dann waren da ja auch noch sein Vater und seine Mutter. Konnte er ihnen, nachdem schon ihr anderes Kind ihren Mann verlassen hatte – und das in dieser Stadt, wo Scheidungen eine missbilligte Seltenheit waren –, einen weiteren schmerzlichen Kummer zufügen, jetzt, in den wenigen Jahren, die ihnen noch blieben? Außerdem hatte seine Mutter ihn ja unmissverständlich gewarnt.
    Sie hatte Eleonora nie leiden können und ihm das, was sie wirklich von ihr hielt, bei der ersten sich bietenden Gelegenheit gesagt, nämlich als die beiden sich nach vierjähriger Verlobungszeit getrennt hatten.
    »Manche Leute lässt man besser ziehen«, hatte sie geflüstert und ihm über die Wange gestrichen. »Sie passt nicht zu dir. Zu viele Flausen im Kopf. Sie hält sich für eine Künstlerin? Dann lass sie doch Künstlerin werden! Außerdem habe ich gesehen, wie sie deine Freunde anschaut … Das gefällt mir nicht.«
    Riccardo hatte Eleonora trotzdem sechs Monate später geheiratet, aber seine Mutter hatte recht gehabt. Jetzt war es ihm klar, obwohl das Eingeständnis, dass seine Ehe ebenfalls am Ende war, bedeutet hätte, ausgerechnet der Mutter gegenüber, die immer schon geglaubt hatte, ihm sagen zu müssen, was er zu tun und zu lassen habe, ein weiteres Scheitern zuzugeben. Und das glaubte Riccardo Fusco nicht ertragen zu können. Im Endeffekt konnte er sich nämlich ein Leben ohne Eleonora nicht anders vorstellen als traurig, einsam und verlassen in irgendeiner elenden Einzimmerwohnung mit Kochnische, die geliebten Töchter bei der Ehefrau wissend und vielleicht bei dem anderen, diesem Clooney für die Armen. Dieses Tableau genügte, um ihm das Blut in den Adern gefrieren zu lassen.
    Im Frühjahr werde ich als Hirsch wiedergeboren – nicht nur im Frühjahr
    Aber konnte er in diesem Stil weitermachen, wenn es allein schon eine Demütigung war, sich in der Öffentlichkeit zu präsentieren? Er zog es vor, sich abzukapseln und von jeder menschlichen Gesellschaft fernzuhalten, weil er aus jedem Blick, wie an jenem Nachmittag aus dem der Frauen seiner Freunde, Spott und Mitleid herauslas, wobei ihn
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