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Die Beschleunigung der Angst

Die Beschleunigung der Angst

Titel: Die Beschleunigung der Angst
Autoren: Andreas Acker
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einem mit Handys vollgestopften Drückerverein oder
ich? Warum hast du deins nicht mit?«
    »Du weißt, dass ich mein
Handy hasse!«
    Das stimmte. Wozu brauchte
er ein Mobiltelefon, wenn ihn niemand anrief außer seiner Mutter, die sich
darüber beschwerte, dass er sich zu lange nicht gemeldet hatte? Oder sein Chef,
den selbst Daniels freie Tage nicht abhielten, ihn anzumeckern? Und nur weil er
die Dinger verkaufte, musste er doch nicht Tag und Nacht eines mit sich
herumschleppen. Er war ein kleines Licht in einem kleinen Laden. Nicht
Bundeskanzler oder so.
    Er warf einen vorwurfsvollen
Blick in den Beifahrerfußraum, in dem sich die salzigen Snacks versammelt
hatten.
    »Wenigstens hast du an deine
Scheißerdnüsse gedacht. Schön, wenn man Prioritäten setzt.«
    Der Geländewagen näherte
sich einer Kurve, hinter der einige Kilometer verschlungene Landstraße durch
den dichten Wald des Hochtaunus‘ folgten. Die nächste Ortschaft lag zehn
Autominuten entfernt.
    »Wir müssen umkehren und die
Polizei anrufen. Wir haben das Nummernschild.«
    Daniel machte Anstalten zu
wenden, doch Thomas legte eine Hand auf das Lenkrad.
    »Nein, wir müssen
hinterherfahren. Die Polizei wird zu Hause auf den Kerl warten. Aber was ist, wenn
er überhaupt nicht nach Hause fährt?«
    »Mist!«
    Daniel schlug auf das
Armaturenbrett. Das hatte er nicht bedacht. Er löste die Handbremse und fuhr
an, wobei die auf dem Grünstreifen geparkten Reifen Dreckklumpen aufwühlten und
als erdige Geschosse wegschleuderten. Gerade, als der Geländewagen die Kurve im
Wald erreicht hatte und sie die Sicht auf ihn verloren, lenkte Daniel das Auto
auf die Straße.
    »Mach hin«, sagte Thomas.
»Wir verlieren ihn!«
    Daniel gab Gas, schaltete
die Gänge hart durch, beschleunigte. Er war froh darüber, sich damals für die
Sportausführung entschieden zu haben. Im Vergleich mit dem Geländewagen sollte
sein Auto schneller im Anzug und wesentlich agiler sein.
    Trotzdem hatten sie den Entführer
aus den Augen verloren. Als sie die erste Wegbiegung genommen hatten, schloss
sich direkt die nächste Kurve an, und der Verfolgte mit seiner bewusstlosen
Fracht kam nicht in Sicht. Daniel kannte die Strecke und wusste, dass die
Straße bis zur nächsten Ortschaft unübersichtlich bleiben würde.
    Er hoffte, dass sie das Auto
bis dahin wieder im Blick haben würden, denn sonst müsste der Entführer nur in
eine Seitenstraße einbiegen. Dann hätten sie kaum noch eine Chance, ihn zu
erwischen.
    »Wenn wir wissen, wo er
hinfährt, informieren wir die Polizei. Die soll sich um den Rest kümmern. Ich
hoffe, du hast genug Sprit im Tank. Wer weiß, wo der Kerl hin will. Aber du
solltest ein wenig Gas geben.«
    »Wir werden ihr auch nicht
helfen, wenn wir gegen einen Baum fahren«, sagte Daniel, beschleunigte jedoch
trotzdem.
    Sie legten Kilometer für
Kilometer zurück, ohne den Verfolgten zu entdecken. Nur noch wenige Minuten,
und sie würden die nächste Ortschaft erreichen. Und dann brauchten sie noch
mehr Glück als ohnehin schon.
    »Halt!«, rief Thomas.
    Daniel erschrak. Seine
Gedanken waren zu der Frau gewandert, er hatte gehofft, dass sie nicht allzu
große Schmerzen litt, dass sie ohnmächtig war und keine Angst fühlen musste. Er
merkte, dass er wie auf Autopilot gefahren war. Thomas‘ Ruf holte ihn in die
Gegenwart zurück.
    Er bremste ab und blieb
stehen. Ein kurzer Blick in den Rückspiegel zeigte ihm, dass sich kein Auto von
hinten näherte. Das konnte sich allerdings jede Sekunde ändern. Hier konnte er
auf keinen Fall stehenbleiben. Außerdem kamen sie so der Frau und dem
gewalttätigen Voyeur auch nicht näher.
    Thomas zeigte an Daniel
vorbei aus dem Fahrerfenster.
    »Er ist dort in den Wald
gefahren. Ich konnte ihn zwischen den Bäumen sehen.«
    Daniel blickte in die
angezeigte Richtung.
    »Bist du sicher? Ich kann
nichts erkennen.«
    »Ziemlich sicher. Etwas hat
silbern aufgeblitzt. Und es war keine dieser CDs, die man an die Bäume hängt,
um das Wild von der Straße fernzuhalten. Fünfzig Meter von hier war die
Einfahrt in den Wald. Die muss er genommen haben.«
    »Und wenn es nicht der
Geländewagen war?«
    »Dann müssen wir die Polizei
verständigen und darauf hoffen, dass der Scheißkerl doch nach Hause fährt.«
    Es klang logisch. Und sie
durften keine Zeit mehr verlieren. Die halbe Minute, die sie jetzt auf der
Straße standen, hatte der Kerl wieder an Vorsprung gewonnen. Daniel wendete und
fuhr die Landstraße in Gegenrichtung, bis Thomas auf
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