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Die Bekenntnisse der Sullivan-Schwestern

Die Bekenntnisse der Sullivan-Schwestern

Titel: Die Bekenntnisse der Sullivan-Schwestern
Autoren: Natalie Standiford
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fast die Stelle auf seinem Kopf sehen, wo er in zwanzig Jahren kahl sein wird, vielleicht auch schon in zehn. Ich kann ihn mir als alten Mann vorstellen: Er wird charmant sein und jedermanns Lieblingsonkel oder -opa, der Typ, der immer noch seinen Tweedanzug aus Collegezeiten trägt und segelt und zu besonderen Anlässen Gedichte schreibt – also zur Hochzeit seiner Tochter oder zur Taufe seines ersten Enkelkindes. Ich weiß nicht, warum ich das anziehend finde, aber es ist so. Man kann Brooks Overbeck anschauen und die Zukunft sehen, und diese Zukunft ist leuchtend und angenehm, voller Partys und Reisen und strahlender Absolventen von Eliteunis. So ungefähr wie Dein Leben und das Leben meiner Eltern und das seiner Eltern. Vermutlich mögen ihn deshalb so viele Mädchen. Wer würde ein solches Leben nicht wollen?
    Davis gab Lily einen Kuss und sie sagte: »Brrr, Dave, du machst mich ganz nass.« Brooks schüttelte sich wie ein Labrador und bespritzte uns mit Wasser. Bis auf Jane, die ihre Sonnenbrille aufsetzte und sich mit einem genervten Seufzer auf den Bauch drehte, kreischten wir alle fröhlich.
    »Wie geht’s, wie steht’s, Mädels?«, fragte Brooks. »Wirklich nett, den Sullivan-Clan gesund und munter zu sehen.«
    Brooks’ Vater sagt ständig »Wie geht’s, wie steht’s?« und jetzt sagt Brooks auch ständig »Wie geht’s, wie steht’s?«. (Geht Dir das nie auf die Nerven?)
    »Verschon mich«, brummte Jane.
    »Du hättest ja zu Hause bleiben können«, erwiderte ich.
    »Ich hatte Lust zu baden.«
    »Dann geh baden.«
    »Werd ich auch. Komm, Bridget.« Sie stand auf, versetzte Bridget einen leichten Tritt und stapfte bockig zum Wasser, wo Sassy und ein paar andere sich nass spritzten und huckepack aufeinandersitzend Kämpfe austrugen.
    »Oh, nein«, sagte Lily. »Da kommt diese St.-Maggie’s-Schlampe.«
    Ich wurde sauer, denn die Mädchen aus Radnor beschimpfen uns immer als Schlampen, nur weil wir auf eine katholische Mädchenschule gehen, was die Jungs aus irgendeinem Grund sexy finden, worauf die Radnor-Mädchen wiederum eifersüchtig sind. Ich drehte mich um, um zu sehen, welche »Schlampe« im Anmarsch war.
    Shea Donovan. Die tatsächlich so was wie eine Schlampe ist.
    Shea stolperte zwischen den Grabsteinen hindurch auf uns zu. Sie trug Flipflops, sehr knappe Shorts und über einem knallrosa Bikinioberteil ein bauchfreies T-Shirt. Die dunkelblonden Haare hingen ihr ins Gesicht, ihre Augen waren von einer Pilotenbrille verdeckt. Wie gewöhnlich lief sie leicht schief und zog dabei den Kopf ein wie ein an Schläge gewöhnter Hund, der bereit ist, jeden Moment zurückzuzucken.
    »Ich hab gehört, dass sie mit einem Typen rumzieht, der um die dreißig ist«, sagte Phoebe.
    »Echt?«, fragte mich Lily.
    Woher sollte ich das wissen? »Vielleicht. Ich kenn sie nicht so gut.«
    »Die macht doch mit jedem Typen vom Lacrosseteam der St. Thomas Aquinas rum«, sagte Phoebe.
    Da Shea nun neben uns stand, verstummte der Tratsch. Sie blickte sich um und schien ein freundliches Gesicht zu suchen.
    In diesem Moment kam Sassy aus dem Wasser gerannt und schnappte sich ihr Handtuch. »Das Wasser ist super! Hi, Shea. Setz dich zu uns in die Sonne.«
    »Gern.« Shea breitete ihr Handtuch neben dem von Sassy aus.
    Shea ist ganz hübsch – auf eine etwas schiefe Art, ihre Nase und ihr Mund befinden sich nicht richtig in der Mitte ihres Gesichts. Die Mädchen in der Schule teilen diese Meinung allerdings nicht. Dieses andere Mädchen, Caitlin, das auch den Ruf einer Schlampe hat und sich mit jeder Menge Eyeliner bemalt, ist ihre einzige Freundin. Sie haben etwas an sich … als wären sie ansteckend, als könnte man sich in ihrer Nähe Unglück einfangen. Ich weiß nicht, warum ich dieses Gefühl habe. Aber vielleicht sind sie ja ganz zufrieden damit.
    Nach ein paar Zügen kam Jane mit Bridget im Schlepptau wieder zu ihrem Handtuch zurück. »Scheißkalt«, brummte Jane. Sie ließ sich mit ihrem kalten nassen Hintern auf meinem Bauch nieder.
    »Iiih. Geh runter.« Ich schubste sie weg. Da ich nun schon mal nass war, konnte ich ebenso gut schwimmen gehen. »Kommst du mit?«, fragte ich Claire.
    »Sicher.«
    Wir standen auf und sprangen ins Wasser. Die Kälte machte mich schlagartig wach. Ich schwamm zum Holzfloß, das in der Mitte des Teichs lag, und ließ mich von der Sonne durchwärmen. Über das Wasser hinweg hörte ich Kreischen und Gelächter. Alles hörte sich ganz normal an. Dennoch fragte ich mich kurz, ob
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