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Die Bärenkralle: Thriller (German Edition)

Die Bärenkralle: Thriller (German Edition)

Titel: Die Bärenkralle: Thriller (German Edition)
Autoren: Torkil Damhaug
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steckte. Er nahm ihn und schlug damit das Fenster ein. Dann löste er die Haken auf der Innenseite und stieß es auf. Er spürte nicht, dass er sich schnitt, als er durch die Öffnung kletterte und vornüber auf den Boden fiel.
    Im fahlen Mondlicht erkannte er ihren Kopf, ihre Haare breiteten sich über das Kissen aus.
    »Miriam …«
    Er trat näher an das Bett heran. Nahm einen Geruch wahr, dessen Existenz er leugnete. Wiederholte mehrmals ihren Namen. Als könnte das den Geruch aus dem dunklen Zimmer vertreiben. Er riss die Bettdecke zur Seite. Konnte den Körper, der dort lag, nicht erkennen. Doch der Gestank, der aus der offenen Bauchhöhle drang, ließ sich nicht mehr leugnen. Er taumelte zurück, warf sich regelrecht durch das offene Fenster. Blieb zitternd auf dem Boden liegen. Als er aufblickte, kam der Bär um die Hausecke. Er rappelte sich auf. Bleib stehen, Axel! Du darfst nicht weglaufen! Das Tier stellte sich auf die Hinterbeine. War ungefähr so groß wie er. Es drehte den Kopf und sah ihm direkt in die Augen.
    Er brüllte. Alles, was in ihm war, fand Ausdruck in diesem Schrei. Er schrie sich die Seele aus dem Leib, bis er völlig leer war, und brüllte immer weiter, dem Bären direkt ins Gesicht. Für ein paar Sekunden blieb dieser auf den Hinterbeinen stehen. Dann senkte er den Oberkörper, machte ein paar Schritte rückwärts und hob die Schnauze in die Luft.
    Er drehte sich um, brummte ein bisschen vor sich hin und trottete in den Wald hinein, dorthin, wo der Mond hinter den höchsten Bäumen verschwand.

    Erst als er im Auto saß, kam er wieder zu sich. Der Schlüssel steckte. Er ließ den Motor an und rollte bis zum Waldweg. Aus seiner Kehle drangen immer noch heisere Laute. Sie kamen stoßweise, doch er wusste nicht, wie er sie verhindern konnte. Im ersten Gang kroch der Wagen langsam voran. Norbakks abgerissener Arm baumelte in seinem Schoß.
    Hinter einer Biegung kam ihm im Licht der Scheinwerfer eine Gestalt entgegen. Er bremste. Auf dem einen Auge konnte er immer noch nichts sehen. Jemand beugte sich über die Kühlerhaube und starrte durch die Windschutzscheibe. Jetzt erkannte er ein verzerrtes, breites Gesicht, schiefe Augen und einen offenen Mund, der ihm etwas entgegenrief.
    Er drückte lange auf die Hupe.
    »Bären fangen!«, meinte er zu hören. »Oswald Bären fangen!«
    Er trat aufs Gaspedal. Der mächtige Körper wurde zur Seite geschleudert und landete im Graben. Im Rückspiegel sah er, wie er aus dem Graben herauskrabbelte und weiter den Hügel hinaufstapfte.

68
    N och eine Viertelstunde, dann würde die Esso-Tankstelle in Åmoen schließen. Der junge Mann hinter der Theke zählte schon mal den Kassenbestand. Die Summe schien zu stimmen. Der letzte Kunde war vor einer halben Stunde gekommen. Es war eine ehemalige Grundschullehrerin von ihm gewesen. Sie hatte kein Benzin, sondern nur eine Zeitung und Süßigkeiten gekauft. Doch im Grunde, das wusste er genau, war Signy Bruseter bloß bei ihm aufgekreuzt, um ihn in ein Gespräch zu verwickeln. Wie üblich hatte sie ihm Löcher in den Bauch gefragt, was er gerade mache, was für Pläne er habe und so weiter. Und dann hatte sie von irgendeinem Mongo erzählt, der aus dem Heim ausgerissen war, in dem sie arbeitete. Ihr ewiges Geplapper machte ihn noch wahnsinnig. Am liebsten hätte er einen schweren Schraubenschlüssel genommen und sie ein für alle Mal zum Schweigen gebracht. Stattdessen hatte er ihr gesagt, dass er noch etwas in der Werkstatt zu tun habe, und da war sie endlich verschwunden.
    Jetzt stand er in der Tür zum hinteren Raum und blickte zum Bildschirm hinüber, der an der Wand hing. Jackie Chan grinste auf ihn herab. Er hatte den Film schon einmal gesehen und erinnerte sich, dass gleich etwas Verrücktes passieren würde. Er schob einen Burger in die Mikrowelle. Wollte ihn eigentlich gleich essen, entschied sich dann aber, ihn mit nach Hause zu nehmen. Da konnte er ihn in aller Ruhe genießen und sich dazu einen Film ansehen. Er nahm ihn heraus und steckte ihn zusammen mit der Lokalzeitung und einer Dose Red Bull in eine Plastiktüte. In diesem Moment rollte ein Auto aufs Tankstellengelände. Sah aus wie ein weißer Nissan Micra. Ein typisches Frauenauto, dachte er. Es rollte an den Pumpen vorbei und blieb stehen. Ein Mann zwängte sich aus der Fahrertür, torkelte zum Eingang, blieb auf der Schwelle stehen und schwankte hin und her. Ein Anblick, den er nie mehr vergessen würde. Dem großgewachsenen Mann fehlte, vom
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