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Die Babysammlerin (Contoli-Heinzgen-Krimi)

Die Babysammlerin (Contoli-Heinzgen-Krimi)

Titel: Die Babysammlerin (Contoli-Heinzgen-Krimi)
Autoren: Mona Misko
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galt das nicht für ihn? Anke besaß nicht nur einen katzenhaften Blick, sie war auch wild und freiheitsliebend wie eine Katze. Wenn er sie halten wollte, musste er sie loslassen. Er nahm sein Leichtgestell von der Nase und rieb sich seine brennenden Augen. Jedes Mal, wenn er die Nacht unter dem Himmel des Ehebettes allein verbringen musste, schwor er sich, sofort am nächsten Morgen diesen Himmel herunterzureißen, zu zerstören gleich einem symbolischen Akt. Anke hatte bei der Heirat auf diesen Himmel über ihnen bestanden. Wenn sie nachts neben ihm lag, wachträumte er, sie würde für immer wieder zu ihm zurückkehren. Versunken in diesen Träumen wusste er genau, wie er dann vorgehen musste, um sie auch wahr werden zu lassen und studierte aus der Sicht des Psychologen seine Vorgehensweise. Wollte er es aber in die Tat umsetzen, versagten alle psychologischen Kenntnisse. Heute Abend hatte sie ihm die dritte Abfuhr innerhalb eines Jahres gegeben.
    Sein Blick fiel auf die erste der drei Kladden, in der sie gerade lasen, die er ohne seine Brille verschwommen auf dem Tisch liegen sah. Er setzte sein Leichtgestell wieder auf und schüttelte dabei den Kopf, als könne er noch immer nicht begreifen, wieso er sich von ihr zu einer derartigen Brillenfassung hatte überreden lassen. Spontan ging er ins Nebenzimmer an die Kommode mit dem Krimskrams. Zog die untere Schublade auf und suchte nach dem braunen Etui mit seiner alten Brille, öffnete es und betrachtete beinahe zärtlich seine Rhönräderbrille, wie Anke sie immer bezeichnet hatte. Kurz entschlossen setzte er sie auf die Nase. Das ungeliebte Leichtgestell verschwand in dem Etui in die hinterste Schubladenecke. Mit dem Gefühl, endlich wieder etwas auf seinem Geruchsorgan sitzen zu haben, füllte er sein Glas noch einmal mit dem roten Franzosen und genoss ihn ein paar Minuten später im Sofa mit Blick auf die roten Bücher. Es reizte ihn, weiter zu lesen, aber Anke würde ihm das nicht verzeihen. Außerdem vermisste er sie. In den letzten Wochen war sie jeden zweiten Abend bei ihm geblieben. Und heute wäre wieder einer. Er ging in die Küche, öffnete alle Türen und Schubladen und fragte sich, mit welchem Essen er sie herlocken konnte. Gleich darauf lachte er laut. Eigentlich mit jedem. Ihr gelangen nicht einmal Spiegeleier. Er strich sich über den Schnauzer, überlegte, was er mit geringem Zeitaufwand kochen konnte. Italienisch sollte es sein, etwas aus ihrem Land. Spaghetti alla puttanesca, genau. Schnell suchte er die Zutaten zusammen, zählte noch einmal alles durch und rief Anke über ihr Festnetz an. Enttäuscht vernahm er ihre kokette Ansage auf dem Anrufbeantworter. Sofort fiel seine gute Laune in den Keller. Sie war nicht zu Hause. Wo war sie? Er rannte die knarrenden Holztreppen runter ins Büro, wo er sein Handy vermutete. Der zweite Versuch über dieses Miniteil bescherte ihm die sonore Frauenstimme der Mailbox. Anke war nicht zu erreichen. Resigniert stapfte er die Treppen wieder hinauf in seine Wohnung. Ohne Anke, so erschien es ihm, fehlte es den Räumen an Atmosphäre, obwohl er nach ihrem Auszug vor fast drei Jahren nichts verändert hatte. Wie sagte sie immer: Gut Ding braucht Weil. Ihm blieb nichts anderes übrig, das Leben mit ihr weiter so zu leben wie bisher. Er würde diese Eintracht durch mehr Forderungen zerstören. Verdammt, er war doch Psychologe, aber schlecht in eigener Sache. Also ein neues Thema für ihn und seinen Supervisor, nachdem Mutter fast aufgearbeitet war. Wolf sah zu der Weihnachtstanne. Gestern hatten sie diese gemeinsam aus dem Keller geholt. Anschließend teilweise beschämt und peinlich berührt ihre einzelnen Teile ineinander gesteckt und diese gesamte Prozedur immer wieder durch heftige gegenseitige Kommentare unterbrochen, wieso es ein künstlicher Baum sein musste? Anke fand es abartig. Jedoch als sie ihn damals verlassen hatte, war ihm nicht nach Weihnachtsbaumaussuchen zumute gewesen. Zufällig hatte er diesen künstlichen Baum im Schaufenster eines Drogeriemarktes gesehen und kurzerhand gekauft. Jedenfalls nadelte er nicht. Das zumindest wusste auch Anke zu schätzen, oft genug hatte er ihr früher immer wieder aufs Neue das Auswechseln der Staubsaugerbeutel erklären müssen. Eigentlich hatten sie den Baum heute Abend schmücken wollen.
    Verdrießlich ließ sich Wolf auf die Ottomane fallen, leerte sein Weinglas, atmete schwer durch, fühlte sich schlecht und schalt sich im selben Augenblick ein Weichei. Was
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