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Die Auserwählte: Roman (German Edition)

Die Auserwählte: Roman (German Edition)

Titel: Die Auserwählte: Roman (German Edition)
Autoren: Jennifer Bosworth
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zittern.
    Eine Gruppe von Jüngern, die Schilder über den Köpfen hielten, näherte sich dem Auto.
    Das Ende naht , stand auf einem Schild.
    Das sechste Siegel ist gebrochen , hieß es auf einem anderen.
    Wir wurden gewarnt.
    Das wirkliche Unwetter wird erst noch kommen.
    Ich starrte die Jüngerin an, die dieses Schild hielt. Die Frau lächelte und winkte, als wären wir alte Freunde, dann gab sie mir zu verstehen, dass ich das Fenster herunterlassen solle.
    Ich trat aufs Gaspedal und ließ vermutlich Gummispuren zurück, als ich mit durchdrehenden Reifen losfuhr.
    Die Parksituation an der Schule war chaotisch. Busse und Autos blockierten den gesamten Parkplatz. Niemand schien zu wissen, wer ankam und wer wegfuhr. Normalerweise war jemand da, der den Verkehr regelte, doch diese Person war offenbar nicht zur Arbeit erschienen.
    Als wir aus dem Wagen stiegen, wurden wir sofort von Geschrei und Gehupe überrollt. Pfiffe ertönten, als Schüler aus Bussen kletterten. Um den Verkehr auf den Straßen zu verringern, war den Schülern empfohlen worden, den Bus zu nehmen, auch wenn sie ein Auto besaßen oder sich von ihren Eltern hätten absetzen lassen können. Da Mom allein zu Hause war, wollte ich nicht in der Schule festsitzen und darauf warten müssen, bis am Nachmittag die Busse kamen. Ich wollte in der Lage sein, falls nötig nach Hause zu eilen und nach ihr zu sehen.
    Zwei Milizionäre versuchten, den Strom von Menschen zu einer Reihe zusammenzudrängen, doch sie wurden ignoriert. Jugendliche bahnten sich rempelnd und schubsend den Weg zum Schulgebäude, obwohl wir unsere Essensrationen erst am Ende des Tages bekommen würden. Irgendjemand drängelte sich an mir vorbei und trat mir dabei auf die Zehen. Jemand anderer rammte mir den Ellbogen in die Rippen. Es waren nicht mehr Leute als sonst auf dem Weg zur Schule, sondern deutlich weniger. Aber sie waren hektisch. Verzweifelt. Ausgehungert. Den Tränen nahe. Krank.
    Verängstigt.
    Allerdings nicht die Jünger. Die Jünger waren völlig ruhig und hielten Abstand zu uns. Ihre Augen leuchteten wie kleine Glühbirnen, und an ihren Mundwinkeln zeichnete sich ein wissendes Lächeln ab. Irgendwie gelang es ihnen, mich mehr zu beunruhigen als der Rest der Menge, sogar mehr als die Jugendlichen, die an Erdbebenfieber litten, deren Haut wie von einem Ausschlag gerötet war und deren Lippen, Augenlider, Nasen und Ohren gelb verkrustet waren. Erdbebenfieber sorgte dafür, dass das Immunsystem verrücktspielte und weiße Blutkörperchen anfingen, gesunde Zellen anzugreifen. Ihr Körper führte einen Krieg gegen sich selbst.
    Beim Anblick der Leidenden drehte sich mir der Magen um, aber als ich die Jünger aus nächster Nähe sah, im wahren Leben, nicht in der Stunde des Lichts , hätte ich mich am liebsten umgedreht und wäre davongerannt. Wäre am liebsten gerannt, so schnell ich konnte, und hätte Parker mitgenommen.
    Doch wir konnten nicht davonlaufen, keiner von uns beiden. Es sei denn, wir wollten verhungern.
    Das erste Läuten der Schulglocke klang wie das Trällern eines kranken Vogels, als Parker und ich uns den Weg durch die Menschenmenge zum Hauptgebäude bahnten. Vermutlich war die Glocke während des Bebens beschädigt worden. Noch eine Sache, die aus dem Lot geraten war, als unsere Stadt durchgeschüttelt worden war, als befände sie sich in einer Schneekugel ohne Schnee.
    Ich erinnerte mich, was Milizionär Brent gesagt hatte: Es wird Zeit, dass hier wieder Normalität einkehrt. Als ich mich umblickte und sah, wie viele Schüler das Weiß der Jünger trugen und wie viele andere den Eindruck erweckten, als kämen sie aus einem Flüchtlingslager – so abgemagert, dass ihre Augen in den Höhlen versanken, mit Rissen in den Lippen und vor Dehydrierung kreidebleicher Haut –, überkam mich das ungute Gefühl, dass mich an der Skyline-Highschool nichts auch nur annähernd Normales erwartete.
    Als ich mich der Schule näherte, hörte ich laute Stimmen und dann einen heiseren, überraschten Schmerzensschrei. Parker und ich blieben wie angewurzelt stehen, woraufhin uns die Schüler hinter uns anmaulten und rempelten. Eine Gruppe von Jugendlichen mit bösartigem, wildem Blick und schmutziger Haut und Bekleidung umringten einen deutlich kleineren, schwächer wirkenden Jungen. Einer der verwahrlosten Jugendlichen drehte dem kleineren Jungen den Arm auf den Rücken, während ihm ein anderer mit der Faust in die Nierengegend schlug. Der Junge schrie abermals auf. Sein Rucksack
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