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Die Assistentin

Die Assistentin

Titel: Die Assistentin
Autoren: Suzanne Forster
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steht ja gar nichts drauf.”
    “Nein. Alles, was ich geschrieben habe, klang dumm, wenn man bedenkt, wie mies ich mich verhalten habe. Ich weiß nicht, wie das passieren konnte, aber ich habe zugelassen, dass meine schlimmsten Eigenschaften mein Handeln bestimmten. Zehnjährige Rüpel auf dem Schulhof zeigen mehr Reife als ich. Es gibt keine Entschuldigung für mein Verhalten. Ich kann es noch nicht einmal erklären. Vielleicht solltest du mich feuern, Lane. Ich verdiene noch nicht einmal die Chance, selbst zu gehen.”
    “Lass es nicht darauf ankommen!”, warnte sie ihn. “Ich kann gar nicht in Worte fassen, wie sehr du mich enttäuscht hast, Val. Ich habe dir vertraut. Das Wohlergehen dieser Agentur lag in deinen Händen, aber du hast diese Macht nur zu deinem eigenen Vorteil ausgenutzt.”
    Jetzt kämpfte er tatsächlich mit den Tränen. “Ich fühle mich so mies. Du hättest sterben können! Darwin ist beinahe gestorben – und ich kann ihn noch nicht einmal im Krankenhaus besuchen. Ich weiß, dass er mich nicht sehen wollen würde.
Ich
würde meinen Anblick auch nicht ertragen, wenn ich er wäre.”
    Er holte tief Luft. “Ich verstehe, was du empfinden musst. Du denkst bestimmt, dass ich ein Mistkerl bin, und wenn du das nicht denkst, solltest du es wahrscheinlich tun. Darwin ist einfach genial, aber er ist eben nicht wirklich alltagstauglich. Das habe ich ausgenutzt, anstatt die Agentur zu schützen und auf zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen zu bestehen. Das war unmoralisch. Wenn du mich nicht rauswirfst, werde ich selbst kündigen.”
    Lane seufzte. “Es ist noch gar nicht so lange her, da habe ich dasselbe von Darwin gehört.”
    “Und das war ebenfalls meine Schuld.”
    “Nicht nur, Val. Darwin hat auch ziemlichen Mist gebaut. Er hat eine schlechte Urteilsfähigkeit an den Tag gelegt. Ihr beide habt das getan. Ihr habt beide eure selbstsüchtigen persönlichen Bedürfnisse über die Interessen der Agentur gestellt.”
    “Schuldig in allen Punkten der Anklage.” Niedergeschlagen hob er die Schultern. “Tu, was du tun musst. Meinen Segen hast du, auch wenn er nur noch wenig wert ist.”
    Lane schwieg und überlegte, ob sie ihn gehen lassen sollte. Sie zweifelte nicht an seiner Aufrichtigkeit, aber er war so entmutigt, dass er seinen Aufgaben womöglich nicht mehr gerecht wurde. Außerdem brauchten sie alle Zeit, um zur Ruhe zu kommen. Schließlich sagte sie: “Ich werde darüber nachdenken, Val.”
    “Klar, nimm dir so viel Zeit, wie du brauchst. Ich bin bei mir zu Hause. Du erreichst mich übers Handy.” Er wandte sich um, als wollte er gehen. “Lane, du musst das nicht machen. Du schuldest mir nichts, falls du das denkst.”
    Das war nicht ganz richtig. Er war immer der Zuverlässigste von ihnen gewesen. Er hatte den Laden zusammengehalten. Lane war sich nicht sicher, wie er das geschafft hatte. Außerdem schätzte sie ihn für seine offensichtlichen Gewissensbisse. Vielleicht hatte er etwas Wertvolles gelernt, über Demut und Ehre. Das zählte im Leben eine ganze Menge, auch wenn man es nicht in der Schule lernte.
    Er drehte sich um. Das Hemd hing ihm aus der Hose.
    Lane musste lächeln. “Val, während ich nachdenke”, sagte sie, “bleib bitte hier, ja? Ich brauche jede Hilfe, die ich bekommen kann.”
    Er holte tief Luft. Es wirkte, als wäre es der erste Atemzug seines Lebens.
    “Ja, klar”, sagte er. “Absolut.”
    * * *
    Drei Monate später
    Im schmerzhaft hellen Licht der Januarsonne sah Ned Talberts palastartiges Haus verloren und verlassen aus. Rick hinkte den Steinweg entlang, der zur Vordertür führte. Er weigerte sich, die Krücken zu benutzen, die sein Physiotherapeut ihm andrehen wollte, als er mit der Reha begonnen hatte. Was sollte er mit ein paar Stöcken anfangen, die nur Platz wegnahmen und über die er ständig stolperte? Zum Glück waren seine Schmerzen nicht mehr so stark. Es war alles nur eine Sache der Koordination und Selbstbeherrschung. Er musste die motorischen Nerven fordern, damit sie sich regenerierten, und er hatte verbissen daran gearbeitet und viel improvisiert. Seine Ärzte hatten ihm gesagt, dass er zu Ostern wieder ohne Krücken würde gehen können.
    Er liebte es, wenn die Leute ihn unterschätzten. Zu Ostern würde er wie ein Kosak tanzen können.
    Er schloss die Tür auf und trat ein. Es fühlte sich merkwürdig an, unter der hohen kathedralenartigen Decke zu stehen und die großen zweiflügeligen Fenster zu betrachten. Nicht, weil es Neds Haus
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