Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Arche

Die Arche

Titel: Die Arche
Autoren: Alastair Reynolds
Vom Netzwerk:
führte. Sie ließ der Polizeidrohne den
Vortritt und nahm sich vor, von sich aus nichts zu sagen und sich
jedes Wort aus der Nase ziehen zu lassen. Auch wenn sie damit wie ein
verstockter Sünder wirkte, wenn sie sich plötzlich
hilfsbereit gegeben hätte, wäre das weit verdächtiger
gewesen. Die Milizen des Ferrisville-Konvents waren längst daran
gewöhnt, dass sie nirgendwo gern gesehen waren, und hatten ihr
Auftreten gegenüber Zivilisten darauf abgestellt.
    »Schönes Schiff haben Sie da, Antoinette.«
    »Für dich immer noch Miss Bax. Ich kann mich nicht
erinnern, dass wir zusammen Schweine gehütet
hätten.«
    »Dann eben Miss Bax. Aber ich bleibe dabei: das Schiff macht
äußerlich nicht viel her, aber man sieht, dass es
technisch gut in Schuss und voll und ganz raumtauglich ist. Und bei
dieser Kapazität könnte es auch in diesen elenden Zeiten in
den verschiedensten Handelssparten ganz legal gute Geschäfte
machen.«
    »Dann hätte ich doch erst recht keinen Grund, mich aufs
Schmuggeln zu verlegen?«
    »Nein, aber man fragt sich, warum Sie wegen eines reichlich
sonderbaren Auftrags für das Hospiz auf solche Gelegenheiten
verzichten. Die Eisbettler mögen einen gewissen Einfluss haben,
aber nach allem, was wir wissen, sind sie nicht wirklich reich.«
Die Maschine blieb wieder stehen. »Sie müssen zugeben, das
ist nicht so leicht zu verstehen. Gewöhnlich werden die
Eingefrorenen nicht zum Hospiz gebracht, sondern von dort weg.
Außerdem ist es ungewöhnlich, überhaupt einen
gefrorenen Körper durch die Gegend zu fliegen – die meisten
verlassen Idlewild erst, nachdem sie aufgetaut sind.«
    »Ich bin nicht verpflichtet, meinen Auftraggebern derartige
Fragen zu stellen.«
    »Ich aber schon. Sind wir noch nicht bald da?«
    Der Frachtraum war nicht belüftet und deshalb nur durch eine
Innenschleuse zu betreten. Antoinette schaltete die Beleuchtung ein.
Der riesige Raum enthielt keine Fracht, wurde aber ganz
ausgefüllt von einem Lagergitter, einem dreidimensionalen
Gerüst, in dem normalerweise Frachtpaletten und Kapseln
festgemacht wurden. Sie mussten sich mühsam durch die Stäbe
hangeln. Die Polizeidrohne setzte ihre Füße so behutsam
wie eine Tarantel.
    »Es ist also wahr. Sie fliegen leer. Hier drin ist kein
einziger Container.«
    »Das ist nicht verboten.«
    »Das habe ich auch nicht behauptet. Aber es ist ausgesprochen
ungewöhnlich. Die Eisbettler müssen unerhört gut
bezahlen, wenn sich ein solcher Flug für Sie lohnen
soll.«
    »Das Hospiz hat die Bedingungen gestellt, nicht
ich.«
    »Das wird immer sonderbarer.«
    Die Polizeidrohne hatte natürlich Recht. Wie jedermann
wusste, kümmerte sich das Hospiz um die
Kälteschlafpassagiere der im System eintreffenden Raumschiffe.
Auch wenn sie mittellos oder verletzt waren oder an irreversiblem
Gedächtnisverlust litten, bei den Eisbettlern wurden sie
vorsichtig erwärmt, reanimiert und so lange betreut, bis sie die
Station verlassen konnten oder zumindest wieder in halbwegs
menschenwürdigem Zustand waren. Manche fanden ihr
Gedächtnis niemals wieder und entschlossen sich, auf Idlewild zu
bleiben und ihrerseits Eisbettler zu werden. Nur eines gehörte
nicht zur Praxis des Hospizes: man nahm keine Gefrierleichen auf, die
nicht mit einem interstellaren Raumschiff gekommen waren.
    »Na schön«, sagte Antoinette. »Mir hat man es
folgendermaßen erklärt: Es sei ein Fehler unterlaufen.
Beim Ausladen seien die Begleitpapiere des Mannes mit denen einer
anderen Raupe verwechselt worden, die im Hospiz nur untersucht, nicht
aber reanimiert werden sollte. Dieser andere Mann wollte eigentlich
bis Chasm City im Kälteschlaf bleiben und erst dort
aufgewärmt werden.«
    »Sehr ungewöhnlich«, bemerkte die Drohne.
    »Der andere Bursche war offenbar kein Freund von
Weltraumreisen. Na schön, es war eben passiert. Und als der
Fehler entdeckt wurde, war die falsche Gefrierleiche schon auf halbem
Weg nach CC. Ein schwerer Schnitzer, den das Hospiz schnell bereinigt
sehen wollte, bevor das Durcheinander noch größer wurde.
Deshalb hat man mich zugezogen. Ich habe den Passagier im Rostgürtel aufgenommen und bringe ihn jetzt schleunigst
nach Idlewild zurück.«
    »Aber wieso die Eile? Wenn er doch eingefroren
ist…«
    »Der Tank ist ein Museumsstück, und er ist in den
letzten Tagen ziemlich viel herumgestoßen worden.
Außerdem fangen zwei Familien an, unbequeme Fragen zu stellen.
Je eher die Raupen ausgetauscht werden, desto besser.«
    »Ich kann verstehen, dass
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher