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Die Angebetete

Die Angebetete

Titel: Die Angebetete
Autoren: Jeffery Deaver
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kam ihr so vor, als würde der geschäftliche Teil ihrer Karriere mit wachsender Popularität viel mehr Zeit in Anspruch nehmen als früher. Sie interessierte sich nicht besonders für diese Angelegenheiten und musste sich meistens auch nicht damit auseinandersetzen. Ihr Vater fungierte als ihr Manager, Alicia kümmerte sich um den täglichen Papierkram und die Termine, die Anwälte prüften die Verträge, und die Plattenfirma regelte die Details mit den Tonstudios, den CD -Presswerken, dem Einzelhandel und den Download-Portalen. Kayleighs langjähriger Produzent und Freund bei BHRC Records, Barry Zeigler, überwachte die technische Seite der Arrangements und Produktionen, und Bobby und die Crew übernahmen Aufbau und Durchführung der Shows.
    Das alles geschah, damit Kayleigh Towne tun konnte, was sie am besten beherrschte: Lieder schreiben und sie singen.
    Einer der wenigen geschäftlichen Aspekte, der ihr trotz allem wichtig war, betraf ihre Fans. Viele von ihnen waren jung oder besaßen nicht viel Geld, und damit sie den Abend des Konzerts in ganz besonderer Erinnerung behalten konnten, sollten sie dort preiswerte Andenken von angemessener Qualität erwerben können. Zum Beispiel Poster, T-Shirts, Schlüsselanhänger, Arm- oder Stirnbänder, Talismane, Songbooks, Rucksäcke … und Kaffeebecher – für all die Mütter und Väter, die ihre Kinder zu den Konzerten und wieder nach Hause fuhren und außerdem die Tickets bezahlten.
    Kayleigh musterte die Probeabzüge. Das Motiv war sie selbst mit ihrer liebsten Martin-Gitarre – keine von den großen Dreadnoughts, sondern eine kleinere 000-18, schon alt, mit einer schmucklosen vergilbten Decke aus Fichtenholz und einer eigenen Stimme. Das Foto war zugleich das Innenbild ihres neuesten Albums Your Shadow .
    Er …
    Nein, hör auf.
    Ihr Blick schweifte ein weiteres Mal über die Eingänge.
    »Bist du sicher, dass alles in Ordnung ist?«, fragte Alicia, in deren Stimme ein schwacher texanischer Akzent mitschwang.
    »Ja.« Kayleigh widmete sich wieder den Postern, die alle das gleiche Foto mit unterschiedlicher Beschriftung und verschiedenen Hintergründen zeigten. Es war eine ungeschönte Aufnahme, die weitgehend dem Bild entsprach, das Kayleigh von sich selbst hatte: mit einem Meter achtundfünfzig kleiner, als es ihr lieb war, das Gesicht ein wenig lang, aber mit phänomenalen blauen Augen, vollen Wimpern und Lippen, hinter denen manche Reporter Kollagen vermuteten. Von wegen … Ihr Markenzeichen, das goldblonde, ein Meter zwanzig lange Haar – nein, nicht geschnitten, nur gestutzt, und zwar seit zehn Jahren und vier Monaten – wallte in der künstlichen sanften Brise des großen Ventilators im Fotostudio. Dazu Designerjeans und eine dunkelrote Bluse mit Stehkragen. Ein kleines diamantbesetztes Kruzifix.
    »Du musst den Fans das volle Programm liefern«, pflegte Bishop Towne zu sagen. »Und damit meine ich auch die Optik. Für Männer gelten dabei andere Maßstäbe als für Frauen, und es rächt sich, wenn man das ignoriert.« Er wollte sagen, dass ein Mann sich in der Welt der Countrymusic einen Look erlauben konnte, wie er für Bishop selbst kennzeichnend war: dicker Bauch, Zigarette, ein faltiges, knorriges Gesicht mit Bartstoppeln, ein zerknittertes Hemd, verschrammte Stiefel und eine verwaschene Jeans. Eine Frau hingegen, predigte er – obwohl er eigentlich »ein Mädchen« meinte –, müsse sich wie für eine Abendverabredung zurechtmachen. Was in Kayleighs Fall natürlich den Besuch eines kirchlichen Tanztees bedeutet hätte: Sie hatte ihre Karriere auf dem Image des netten Mädchens von nebenan aufgebaut. Sicher, die Jeans durften ein wenig enger sein, und die Blusen und Pullover durften ihre weiblichen Rundungen betonen, aber sie blieben immer hochgeschlossen. Das Make-up war dezent und vorwiegend in Rosatönen gehalten.
    »Gib die Poster frei.«
    »Mach ich.« Alicia schaltete das iPad aus und hielt kurz inne. »Ich habe aber noch nicht das Einverständnis deines Vaters eingeholt.«
    »Die sind prima«, versicherte Kayleigh.
    »Ja. Ich lege sie ihm nur schnell vor. Du weißt schon.«
    Nun hielt Kayleigh kurz inne. Dann: »Okay.«
    »Ist die Akustik hier gut?«, fragte Alicia, die früher selbst als Künstlerin aufgetreten war. Sie hatte eine ziemlich gute Stimme und liebte die Musik, was zweifellos der Grund war, weshalb sie für jemanden wie Kayleigh Towne arbeitete, obwohl die tüchtige, selbstsichere Frau als persönliche Assistentin eines
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