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Die andere Seite des Himmels: Roman (German Edition)

Die andere Seite des Himmels: Roman (German Edition)

Titel: Die andere Seite des Himmels: Roman (German Edition)
Autoren: Jeannette Walls
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und lief davon, also legte Liz das Futter für sie auf den Boden. Die Emus wären ihre Verantwortung, sagte sie oft, sie war ihre Beschützerin, und sie sorgte sich ständig um sie. Ein Luchs könnte sie angreifen, irgendwelche Jungs könnten sie nur so zum Spaß erschießen, sie könnten irgendwie entwischen und überfahren werden.
    Als wir ein paar Wochen nach Maddox’ Rausschmiss nachmittags zur Weide gingen, stand das Gatter offen, und die Emus waren weg. Wir rannten zurück zum Haus, und Onkel Tinsley erklärte uns, dass am Vormittag ein paar Arbeiter von den Stadtwerken vorbeigekommen waren, um Äste zurückzuschneiden, die zu dicht an die Stromleitungen ragten, und die hatten wohl vergessen, das Gatter zu schließen. Liz zitterte richtig, so aufgebracht war sie. Wir stiegen in den Woody und fuhren die Gegend ab, bis wir die Emus schließlich eine Meile von Mayfield entfernt auf einer Heuwiese neben der Straße entdeckten.
    Die Heuwiese, die Mr Muncie gehörte, hatte einen Stacheldrahtzaun und ein offenes Gatter. Liz stieg aus und schloss das Gatter, damit die Emus erst einmal in Sicherheit waren, aber wir hatten keine Ahnung, wie wir sie wieder nach Hause schaffen sollten. Auf die große Weide in Mayfield hatten wir sie treiben können, weil sie da schon nah am Gatter gewesen waren. Aber wir konnten sie unmöglich die Straße entlang bis zurück nach Mayfield treiben. Und ein Transport kam ebenfalls nicht in Frage. Selbst mit Tater und seinen Helfern hätten wir die Emus nicht in den Viehanhänger bekommen. Liz war geradezu hysterisch.
    »Wir müssen sie einfangen«, sagte Onkel Tinsley.
    Am selben Abend rief er Bud Hawkins an, einen Hufschmied, der ein Stück die Straße runter wohnte und ein Rodeopferd besaß, um ihn zu fragen, ob er wohl versuchen würde, die Emus mit dem Lasso einzufangen, und Bud versprach, am nächsten Nachmittag raus zu der Heuwiese zu kommen. Onkel Tinsley sagte, wir sollten auch ein paar Freunde von uns als Verstärkung mobilisieren. Je mehr, desto besser. Am nächsten Tag in der Schule erzählte ich Joe davon, und er sagte, er würde ein paar Kumpel mitbringen. Liz lud ihre Mittagspausenfreunde ein, aber wir wussten nicht, mit wie vielen wir rechnen konnten.
    Als wir am Nachmittag an der Heuwiese ankamen, war Bud Hawkins schon da und führte gerade ein stämmiges, rotbraunes Pferd aus seinem Anhänger. Die Emus waren am entgegengesetzten Ende der Wiese und beäugten ihn misstrauisch. Während Bud noch sein Pferd sattelte, hielt ein grüner Rambler an, und Miss Jarvis stieg mit ein paar von den Außenseitern aus, darunter auch Kenneth Daniels in seinem schwarzen Umhang. Kurz darauf kam Tante Al in einem Pick-up angefahren, den sie sich irgendwo geliehen haben musste. Earl saß neben ihr, und Joe und seine Freunde hockten auf der Ladefläche. Und dann bremste ein taubenblauer Cadillac, aus dem Ruth, Vanessa, Leticia und ein paar schwarze Sportler stiegen. Tower war auch dabei.
    Alle sahen zu, wie Liz zu Eugene hinüberging. Sie trug eine Schale Futter und ein langes, weiches Seil mit einer Schlinge. Sie stellte die Schale auf den Boden, und als Eugene anfing, das Futter aufzupicken, schob sie ihm die Schlinge über den Kopf und zog sie behutsam fest. Joe trug Earl rüber, und der Junge streckte die Hand aus und streichelte Eugenes Hals.
    Unterdessen hatte Bud sich auf sein Pferd gesetzt und trabte auf Eunice zu. Als sie wegrannte, galoppierte er hinterher, wobei er das Lasso über dem Kopf schwang. Ein paar von den Kindern rannten los, um ihm zu helfen, Kenneth mit wehendem Umhang, Tower die langen Arme ausgestreckt. Ruth und Leticia klatschten und feuerten sie an.
    Trotz ihres Hinkebeins war Eunice richtig schnell. Sie wich jedes Mal blitzschnell aus, wenn Bud das Lasso warf. Nachdem er ihr fast eine Stunde lang nachgejagt war, kam er zurück zum Zaun getrabt. Sein Hemd war schweißnass, und die Brust seines Pferdes war voller Schaum. »Die gute Nachricht ist, der Vogel wird langsam müde«, sagte er. »Die schlechte Nachricht ist, wir sind total erschöpft.«
    Onkel Tinsley hatte die ganze Zeit an den Woody gelehnt dagestanden und zugeschaut, aber jetzt nahm er die Sache in die Hand und wies alle an, sich in einer langen Reihe und mit ausgestreckten Armen hinter Eunice auf der Wiese aufzustellen. Liz führte Eugene durch das Gatter auf die Straße. Und da die anderen in einer geschlossenen Reihe hinter Eunice standen, konnte die nicht anders als vorwärtsgehen. Vorsichtig folgte
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