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Die Anatomie des Todes

Die Anatomie des Todes

Titel: Die Anatomie des Todes
Autoren: Michael Katz Krefeld
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taten ein Übriges. Sie vermutete, dass er bislang vor den wirklich harten Drogen zurückschreckte. Vermutlich hielt er sich an Haschisch, Alkohol und irgendwelche Tabletten. Doch es war nur eine Frage der Zeit, bis sein Missbrauch die nächste Stufe überschreiten würde. Mit Ermahnungen und Angeboten kam sie nicht weiter. Er würde sich ja doch einreden, alles unter Kontrolle zu haben – so wie all die anderen, die sie im Lauf der Zeit kennengelernt hatte. Für ihn war sie bloß ein Medizinschrank, den er irgendwie öffnen musste.
    Â»Kennen Sie den Mann, der gestern gestorben ist?«, fragte sie.
    Â»Von wem reden Sie?« Sein unruhiger Blick verriet, dass sich die Neuigkeit bereits herumgesprochen hatte.
    Â»Von Jo Lilleengen.«
    Er schüttelte den Kopf. »Nie gehört.«
    Â»Aber Sie haben doch bestimmt von dem Vorfall in der Losgata gehört?«

    Â»In die Gegend komme ich nie.«
    Reidar blickte auf seine nassen Chucks hinunter und nestelte nervös an dem Verband, den er um die linke Hand trug.
    Â»Ist vermutlich auch besser so. Darf ich mir Ihren Verband mal ansehen?« Sie zeigte auf die schmuddelige Bandage.
    Â»Nee, damit ist alles in Ordnung.«
    Maja zuckte die Schultern.
    Â»Wir haben alles versucht, um ihn zu retten. Aber er hat es nicht mal bis in die Notaufnahme geschafft.«
    Reidar blickte auf.
    Â»War er schon tot?«
    Â»Nein, als der Rettungsdienst kam, war er noch am Leben. Aber wir konnten nichts mehr für ihn tun.«
    Â»Miese Art zu sterben«, bemerkte Reidar finster.
    Maja nickte. »Sie sagen es! Überall Kot und Erbrochenes. Das war wirklich kein schöner Anblick.«
    Sie ließ ihre Worte auf ihn wirken.
    Â»Es gibt eben Leute, die kapieren es nie«, fügte sie mit kühlem Lächeln hinzu.
    Reidar starrte schweigend auf seine Schuhspitzen.
    Â»Wir sehen uns am Donnerstag. Bis dahin müssen Sie irgendwie klarkommen.« Sie gab ihm ihre Karte mit der Telefonnummer der Bereitschaftspraxis, wies ihn noch routinemäßig auf die psychiatrische Abteilung des Krankenhauses hin, falls sich die Depressionen, von denen er gesprochen hatte, verschlimmern sollten. Sie kam sich wie eine Sozialarbeiterin vor und durfte die anderen Patienten nicht länger warten lassen. Nur weiter und immer weiter …
    Â 
    Auf dem beschlagenen Flachbildschirm, der im Fitnessstudio an der Wand hing, tauchten die Bilder der Spätnachrichten auf. Maja erkannte den Fernsehreporter mit den strubbeligen
Haaren wieder, der vor Lilleengens Haus gestanden hatte. Der Schweiß lief ihr über das Gesicht, als sie auf dem quietschenden Laufband zum Endspurt ansetzte.
    Das Fitnessstudio gefiel ihr am besten, wenn es halb leer war, so wie jetzt. Obwohl die Klientel hier viel weniger anstrengend als zu Hause in Lyngby war. Weniger ungezügeltes Testosteron an den Kraftmaschinen, weniger manische Anorektiker im Wellnessbereich. Die Einzigen, die sie von jeher respektiert hatte, waren die Übergewichtigen, die sich in den weniger frequentierten Zeiten einfanden, um unbemerkt den Kampf gegen das Fett aufzunehmen. Die Maschine gab ein akustisches Signal von sich, als die fünfundvierzig Minuten, auf die sie das Laufband eingestellt hatte, vorbei waren. Im Fernsehen wurde gerade ein Beitrag über die Drogenproblematik der Stadt gesendet. Der Reporter berichtete über die wachsende Zahl von Einbrüchen und ließ die jüngsten Todesfälle Revue passieren. Im Rathaus versuchte er einen Lokalpolitiker zu einer Stellungnahme zu bewegen, doch die Zuschauer sahen nur dessen Nacken, ehe er Schutz hinter einer Tür suchte. Im Vergleich zu den anderen Berichten eine ziemlich ehrgeizige Reportage, fand Maja und wischte sich den Schweiß von der Stirn. Dann wurde ein Mann mit wettergegerbtem Gesicht interviewt, der aussah wie ein Fischer, jedoch als Kriminalkommissar Arne Blindheim vorgestellt wurde. Offenbar ermittelte er im Todesfall an der Losgata.
    Â»Es steht bereits fest«, erklärte er, »dass der Mann, der in Polizeikreisen einschlägig bekannt war, an einer Überdosis Methadon gestorben ist.«
    Â»Konnte die Identität des anonymen Anrufers inzwischen geklärt werden?«
    Blindheim nickte.
    Â»Der Anrufer hat sich am nächsten Tag bei uns gemeldet und eine Erklärung abgegeben. Zudem möchten wir die Bevölkerung
bitten, uns mit sachdienlichen Hinweisen zu unterstützen.«
    Â 
    Maja fuhr
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