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Die Anatomie des Todes

Die Anatomie des Todes

Titel: Die Anatomie des Todes
Autoren: Michael Katz Krefeld
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solch einen Lärm machte. Vielmehr klingelte es an der Haustür. Aber das konnte auch nicht stimmen, denn ihre Türklingel hatte einen anderen, weicheren Klang.
    Maja setzte sich desorientiert auf. Ihr Mund war trocken. Ihr Kopf brummte. Sie sah an sich hinunter und stellte fest, dass sie vollständig angezogen war. Da schrillte es wieder an der Haustür.
    Â 
    Der Mann in der Türöffnung trug eine Uniform. POLITI stand in weißen Buchstaben auf seiner reflektierenden grünen Weste. Er war zwei Köpfe größer und drei, vier Jahre jünger als Maja.
    Â»Guten Morgen, ich komme von der Polizei«, sagte der Beamte lächelnd.
    Ein äußerst strahlendes Lächeln zu dieser frühen Stunde.
    Â»Das sehe ich«, entgegnete sie.
    Der Beamte erklärte, dass sich in dieser Straße, Hausnummer 15, ein Todesfall ereignet habe. Nun frage er an jeder Tür, ob jemand in den letzten Tagen irgendetwas Verdächtiges beobachtet habe. Was, wie er hinzufügte, ein mühseliges Unterfangen sei, weil die meisten Leute viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt seien, statt ihre Augen offen zu halten.
    Â»Kann ich mir gut vorstellen«, entgegnete sie gähnend.
    Â»Dann ist vielleicht Ihnen etwas aufgefallen?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, aber ich bin nur selten zu Hause. Und das auch bloß, um zu schlafen.«
    Der Beamte zuckte die Schultern und schien auf dem Absatz kehrtmachen zu wollen.
    Â»Handelt es sich um ein Verbrechen?«, fragte sie.
    Â»War wohl eher ein Unfall, mehr kann ich Ihnen dazu leider nicht sagen.« Er sah sie bedeutungsvoll an.

    Â»Was verschlägt denn eine Dänin in diese Gegend, wenn Sie mir die neugierige Frage gestatten?«
    Sie registrierte seinen flirtenden Blick.
    Â»Ich bin Ärztin und arbeite in Vertretung für eine Klinik und eine Praxis.«
    Der Beamte räusperte sich beeindruckt. »Dann kann ich mich Ihnen vielleicht doch anvertrauen.«
    Â»In welcher Hinsicht?«
    Â»Was den Todesfall betrifft. In Wahrheit geht es um einen Drogenabhängigen, der eine Überdosis erwischt hat.«
    Â»Heute Nacht?«, fragte Maja.
    Der Beamte nickte. »So was geschieht ja hin und wieder, selbst in einer Stadt wie der unsrigen.«
    Â»Wie war sein Name?«
    Der Beamte blätterte ein wenig in seinem Notizbuch.
    Â»Hier steht’s. Jo Lilleengen. Vielleicht kennen Sie ihn sogar.«
    Der Beamte blickte zu ihr auf, und sie beeilte sich, den Kopf zu schütteln. Ihr war nicht danach, den Polizisten darüber zu informieren, dass sie vor nicht einmal fünf Stunden versucht hatte, Jo Lilleengens Leben zu retten.
    Â 
    Von ihrem Wohnzimmerfenster aus hatte sie einen freien Blick über die Losgata. Maja trocknete sich die Haare, nachdem sie aus dem Bad gekommen war, und beobachtete aufmerksam, was sich vor dem Haus mit der Nummer 15 abspielte. Sie waren also fast Nachbarn gewesen, Jo Lilleengen und sie. Die beiden Streifenwagen vor dem baufälligen Haus wurden von den neugierigen Jungen der Nachbarschaft umringt, während zwei Polizisten eine Absperrung errichteten.
    Sie wollte sich gerade umdrehen, als sie im Vorgarten Eigil Kvam bemerkte, den Mann, der unter ihr wohnte. Er spähte über die Hecke, während er an einem Stück Stoff schnüffelte.
Wenn irgend möglich ging sie ihm aus dem Weg, vor allem weil sie seinen Geruch nicht ertrug. Und angesichts der menschlichen Ausscheidungen, mit denen sie von Berufs wegen tagtäglich zu tun hatte, sagte das eine ganze Menge. Doch Kvams Gestank war nicht der einzige Grund, warum sie rasch die Treppe hinaufschlich, wenn sie nach Hause kam. Das lag ebenso an seinem anmaßenden Benehmen und seinen zudringlichen Blicken, die ihr förmlich die Kleider vom Leib zu reißen schienen. Und jetzt erkannte sie auch, was er da in der Hand hielt. Es war ein pastellblauer Slip von Victoria’s Secret. Einer ihrer eigenen Slips. Ohne darüber nachzudenken, dass sie sich nur ein Handtuch um die Hüften geschlungen hatte, riss sie das Fenster auf.
    Â»Was machen Sie da?«
    Eigil Kvam drehte sich um.
    Â»Was?«, fragte er und ließ den Slip rasch hinter seinem Rücken verschwinden.
    Â»Riechen Sie da etwa an meiner Unterhose?«
    Â»Ach die … hä … ja, die habe ich in der Waschküche auf dem Boden gefunden.«
    Â»Und?«
    Eigil Kvam hob entschuldigend die Hand. »Ich wollte sie gerade für Sie an die
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