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Die Alchemie der Naehe

Die Alchemie der Naehe

Titel: Die Alchemie der Naehe
Autoren: Gaia Coltorti
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von diesen entgeisterten Idioten anstarren zu lassen.
    Als du mit gesenktem Blick ins Klassenzimmer zurückkehr test – allerdings nur um ihnen nicht an die Kehle gehen zu müssen –, schubstest du diesen Klassenkameraden beiseite, der mindestens so zerstreut war wie du. »Hau ab!«, sagte Nautilus drohend und klopfte sein Sweatshirt ab, als hättest du es durch deine bloße Berührung beschmutzt.
    Verständnislos setztest du deinen Weg fort: Ihr hattet eigentlich immer zusammengehalten, aber sein angewidertes Gesicht sprach Bände: Das eines guten Freundes war es jedenfalls nicht: »Pass auf, wo du hinläufst!«, sagtest du vorsichtshalber. Doch anstatt dir zu antworten, kehrte dir Nautilus einfach nur den Rücken zu und ging sonst wohin, um weitere Gemeinheiten über dich zu verbreiten.
    Du musst dich gegen diese Provokationen wehren und kämpfen wie ein Löwe, sagtest du dir. Als du Selvaggia nach der Schule abholtest, bemerktest du die vernichtenden Blicke der Mädchen. Und als ihr dann endlich beim Mittagessen saßt, vermisstest du etwas an Selvaggia: »Hattest du heute Morgen nicht eine Kette an?«, fragtest du, als sich der freundliche Kellner entfernte. Es war eine Kette aus Weißgold, die du ihr geschenkt hattest, deshalb war das für dich durchaus von Interesse – schließlich gefiel sie ihr sehr und war außerdem ziemlich teuer gewesen.
    Selvaggia zuckte sichtlich zusammen, während sie sich Mineralwasser einschenkte.
    Â»Ja«, sagte sie und schaute rasch weg.
    Â»Wusste ich’s doch. Und warum hast du sie abgenommen?« Deinem Blick war zu entnehmen, dass du das Thema nicht so schnell wieder fallen lassen würdest. Und so wie sie dich durch ihren Pony hindurch ansah, würde sie dich bestimmt nicht anlügen.
    Â»Ich musste sie an eine Klassenkameradin abtreten«, erwiderte sie.
    Â»Du musstest sie abtreten ?«
    Â»Hätte ich sie ihr nicht gegeben, hätte sie der Lehrerin von uns erzählt. Und wem die das weitergesagt hätte, kannst du dir denken.« Zunächst brachte sie dich mit ihrer Eloquenz zum Schweigen. Aber nur kurz.
    Â»Morgen begleite ich dich zur Schule und bringe die Sache wieder in Ordnung«, stelltest du klar. Du hattest fest vor, sie dir aushändigen zu lassen: Schließlich ging es dabei weniger um die Kette als darum, Selvaggias Demütigung zu rächen. Aus der respektierten, ja wegen ihres Einflusses auf die Klassenkame radinnen vielleicht sogar gefürchteten Schülerin war in kürzes ter Zeit eine Zielscheibe für Erpressungsversuche geworden. Und das ging auf gar keinen Fall, dass sie bloß wegen eurer Beziehung Gewalt ausgesetzt war. Selvaggia sollte sich nicht dafür schämen müssen, mit dir zusammen zu sein! Und deshalb würdest du ihren Mitschülerinnen morgen ein für alle Mal klarmachen, mit wem sie es zu tun bekamen, wenn sie Selvaggia nicht mit dem gebotenen Respekt behandelten.
    Â»Nein.« Deine Schwester schüttelte den Kopf. »Das würde alles nur noch schlimmer machen. Denn dann glauben sie, dass ich mich allein nicht mehr durchsetzen kann.«
    Â»Ich werde dich morgen ins Klassenzimmer begleiten«, sagtest du fest entschlossen und gabst ihr zu verstehen, dass jede Widerrede zwecklos war.
    Deshalb protestierte sie nicht, auch wenn sie sich bestimmt davor fürchtete. Auf einmal sahst du, dass deine Finger ganz weiß waren, so fest umklammertest du dein Messer. In einem plötzlichen Müdigkeitsanfall ließt du dich gegen die Lehne sinken und betrachtetest deine Augen in der spiegelnden Klinge. Waren es erschöpfte Augen, wütende Augen? In deinem Blick stand alles Mögliche, aus dem du nicht schlau wurdest.
    Â»Isst du nichts mehr?«, drang Selvaggias Stimme flüsternd an dein Ohr.
    Du schütteltest den Kopf. »Scheiße, mir ist der Appetit vergangen!«
    Â»Mir auch«, gestand dir Selvaggia und strich sich den Pony aus der Stirn.
    Â»Das ist falsch«, sagtest du und schütteltest deutlich erschöpft den Kopf.
    Â»Ich weiß, aber was geschehen ist, ist nun mal geschehen. Und jetzt müssen wir die Konsequenzen tragen, bis sich die Aufregung wieder gelegt hat.«
    Du sagtest nichts darauf, hättest sie am liebsten an dich gezogen, damit sie nicht weitersprach, nicht noch mehr unangenehme Dinge sagte.
    Am nächsten Morgen begleitetest du Selvaggia mit energischen Schritten und einem
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