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Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)

Titel: Die Akte Vaterland: Gereon Raths vierter Fall (German Edition)
Autoren: Volker Kutscher
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bin weder Ihr Beichtvater noch bin ich der liebe Gott. Wenn Sie zur Beichte gehen, werden Ihnen vielleicht alle Sünden vergeben, aber nicht in diesem Büro!«
    »Ich war schon länger nicht mehr beichten, Herr Kriminalrat.«
    »Vielleicht sollten Sie das mal wieder tun.«
    Der Buddha klappte die Akte zu. »Sie haben Glück, Herr Rath, dass neben Polizeimeister Grigat und Kriminalassistent Kowalski auch Fräulein Ritter und sogar Wilhelm Böhm ein gutes Wort für Sie eingelegt haben. Und dass ich angesichts der aktuellen Umstände Leute wie Sie brauche. Leute, denen es nicht um Politik geht, sondern darum, Verbrechen aufzuklären.«
    Rath drückte seine Zigarette aus. Nach seinem Gefühl war die Sache jetzt ausgestanden. Das Ermittlungsverfahren würde er schon überstehen. Und um sein Gewissen und seine künftigen Beichten sollte der Buddha sich mal keine Sorgen machen. Da war er mit sich im Reinen. Halbwegs.
    Er schaute auf die Uhr und stand auf. »Ich darf Sie daran erinnern, Herr Kriminalrat: Wir haben eine Verabredung.«
    100
    O bwohl es Mitte August war, zog eine ungemütliche Kälte vom Hafenbecken her hoch, ein unangenehm scharfer Wind. Rath hatte den Buick direkt vor der Lagerhalle geparkt und öffnete die Beifahrertür. Gennat hatte kaum ins Auto gepasst, entsprechende Mühe kostete es den Buddha jetzt, sich wieder aus der Sitzbank zu schälen.
    Rath klappte den Mantelkragen hoch und schaute sich um. Am anderen Ende des Hafenbeckens wurde gerade ein Schiff beladen, sonst war alles ruhig. Er fühlte sich ein wenig wehrlos mit dem Arm in der Schlinge, schon das Autofahren war eine Herausforderung, aber er war sicher, dass sie hier nichts zu befürchten hatten. Der Westhafen gehörte immer noch zum Gebiet der Concordia , hier traute sich niemand von den Piraten hin. Und selbst wenn es einen Verräter in den Reihen der Concordia geben sollte, was Rath stark vermutete: Niemand aus dem Ringverein wusste von dieser Verabredung, das hatte Marlow ihm garantiert, nur der Chef persönlich war eingeweiht.
    Rath hatte Marczewski einmal vorab getroffen, in Marlows Ostbahnhofbüro, kurz nach seiner Rückkehr aus Ostpreußen. »Sie stammen also tatsächlich aus Königsberg?«, hatte er ihn gefragt, und Paul Marczewski hatte den Kopf geschüttelt.
    »Nicht direkt. Aus Rastenburg. Ich habe es gemacht wie viele Masuren und bin der Arbeit wegen in den Westen gegangen.«
    »Sie sind Masure? Warum nennt man Sie dann Polen-Paule?«
    »Das müssen Sie die fragen, die mich so nennen. Wir Masuren sitzen eben zwischen allen Stühlen. Den Polen sind wir zu deutsch, den Deutschen zu polnisch. Aber glauben Sie mir, die meisten Menschen, die hier in Berlin oder in den westfälischen Bergwerken als Polack beschimpft werden, haben einen preußischen Pass.«
    Gustav Wengler hatte tatsächlich die ganze Zeit von Polakowskis Rachefeldzug gewusst. Und nichts dagegen getan. Als sei es ihm ganz recht gewesen, zu einem Zeitpunkt, da er sein Geschäft legalisieren wollte, um sich unangreifbar zu machen, die alten Mitstreiter und Mitwisser von früher endlich loszuwerden. Lamkau, Simoneit und Wawerka. Und den eigenen Bruder.
    »Das war schon komisch«, hatte Marczewski erzählt. »Da kommt da so einer und fragt uns nach Leuten, mit denen wir selbst Geschäfte machen. Gemacht haben.«
    Und so hatte der frühere Anführer einer Königsberger Einbrecherkolonne und jetzige Berliner Ringvereinsvorsitzende Paul Marczewski seinen Geschäftsfreund Gustav Wengler informiert.
    »Hätte ich gewusst, dass das Schwein mich einmal so im Regen stehen lässt, hätte ich ihn nicht gewarnt. Gut, dass Sie ihn erledigt haben.«
    Rath wusste nicht, ob er sich über dieses Kompliment freuen sollte, aber eines wusste er: Er weinte Gustav Wengler keine Träne nach.
    Der Buddha hatte Mühe, die kleine Treppe zur Verladerampe emporzusteigen. Rath folgte dem schnaufenden Kriminalrat. Kaum waren sie oben auf der Betonrampe, öffnete sich eine kleine Tür, und ein Mann trat heraus.
    »Herr Kriminalrat, darf ich vorstellen: Paul Marczewski.«
    »Sehr erfreut.«
    Das sagte Gennat tatsächlich. Rath war überrascht, wie selbstverständlich der Buddha mit einem Ringvereinvorsitzenden umging.
    Die Männer schüttelten einander die Hand, der Ganove und der Leiter der Berliner Mordinspektion.
    »Kommen Sie doch rein«, sagte Marczewski, »drinnen ist es wärmer.«
    Die Lagerhalle hier wollte wirklich nichts anderes sein als eine Lagerhalle, kein Vergleich mit Marlows Büro im
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