Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Achte Suende

Die Achte Suende

Titel: Die Achte Suende
Autoren: Philipp Vandenberg
Vom Netzwerk:
mit Murath zu reden. Er sah mich, und es war – wie er später erklärte – um ihn geschehen. Ein Kardinal, mehr noch, der Kardinalstaatssekretär verliebte sich in mich!«
    Malberg schüttelte fassungslos den Kopf. Der Anblick von Marlene, die wie eine Gorgo, ein schlangenköpfiges Ungeheuer vor ihm stand, trug nicht gerade dazu bei, das alles zu begreifen.
    »Und«, fragte Malberg kleinlaut, »kam der Deal jemals zustande?«
    »Nein. Gonzaga, der auf eigene Faust gekommen war und die Brisanz der Akte durchaus erkannte, verfügte nur über einen begrenzten Etat.«
    In der Annahme, Marlene habe sich beruhigt, trat Malberg einen Schritt auf sie zu.
    Da riss sie die Waffe hoch und rief: »Zurück. Keinen Schritt weiter!« Ihr entschlossener Gesichtsausdruck war in der Dämmerung kaum noch zu erkennen. Aber was er sah, verriet, dass sie es ernst meinte.
    Zwischen zwei der mannshohen Zinnen gedrängt, überkam Malberg ein Schwindelgefühl. Sein Blut dröhnte in den Ohren. Mit den Händen krallte er sich in das Mauerwerk auf beiden Seiten in dem Bewusstsein, dass es hinter ihm gut dreißig Meter in die Tiefe ging. Malberg stand unter Schock. Er war nicht in der Lage, noch einen klaren Gedanken zu fassen. Wie konnte er sich aus dieser Situation befreien? Er hatte Angst. Nie im Leben hatte er solche Angst gehabt. Er wagte es nicht, Marlene weitere Fragen zu stellen. Obwohl es Fragen über Fragen gab. Jeden Augenblick konnte sie abdrücken. Diese Frau war wahnsinnig – verrückt!
    Nur mit einem Ohr hörte er zu, als Marlene fortfuhr: »Zu dieser Zeit hatte ich wieder einmal Besuch von meiner Schwester Liane. Wenn sie nach Rom flog und nichts Besseres vorhatte, kam sie bei mir vorbei. Es ließ sich nicht vermeiden, dass sie von der Geschichte mit Kardinal Gonzaga erfuhr. Sie wollte ihn unbedingt kennenlernen. Dagegen hatte ich nichts. Was ich nicht ahnte, war, dass Liane es auf Gonzaga abgesehen hatte. Es mit einem Kardinal zu treiben bedeutete für dieses kleine Flittchen wohl einen besonderen Kick. Eines Tages kehrte sie von einem Ausflug in die Albaner Berge mit einer Duftwolke in ihren Kleidern zurück, die mir nicht unbekannt war. Die Ausflüge wiederholten sich. Da stellte ich sie zur Rede. Liane machte erst gar nicht den Versuch, alles abzustreiten. Sie könne jeden Mann haben, erklärte sie mir kaltschnäuzig. Ich sann auf Rache. – Hör mir zu!«
    Marlene hatte Malbergs geistige Abwesenheit bemerkt und fuchtelte mit dem Revolver wild und unkontrolliert herum.
    »Natürlich höre ich dir zu. Es ist nur nicht so angenehm, dabei in den Lauf einer entsicherten Waffe zu starren.«
    Marlene überging die Bemerkung und redete weiter auf ihn ein: »Während Liane wieder einmal in den Albaner Bergen weilte« - Marlenes Stimme nahm einen äußerst ironischen Ton an, »erreichte mich ein seltsamer Anruf. Ein gewisser Don Anselmo versuchte mir mit blumigen Worten klarzumachen, dass ich von Natur aus ein guter Mensch sei. Unter widrigen Umständen habe jedoch ein böser Dämon von mir Besitz ergriffen. In Wahrheit habe der, dieser Teufel, es auf Kardinalstaatssekretär Gonzaga abgesehen. Ich wollte schon auflegen und sagen, er solle sich doch selbst zum Teufel scheren, da kam mir plötzlich ein Gedanke. - Du hörst, was ich sage?«
    »Ja«, antwortete Malberg schnell.
    »Natürlich begriff ich sofort, dass ich es mit einem Exorzisten zu tun hatte. Zum Schein ging ich auf sein Vorhaben ein. Ich einigte mich mit ihm auf einen Termin und sorgte dafür, dass nicht ich, sondern Liane anwesend war. Ich wollte ihr eine Lektion erteilen. Dass sie dabei zu Tode kommen würde, konnte ich nicht ahnen. Aber meine Trauer hielt sich in Grenzen. Überraschend war für mich jedoch, als Murath, bei dem ich mich während der Zeit aufhielt, mir mitteilte, ich sei tot. Es ist ein merkwürdiges Gefühl zu erfahren, dass man tot ist. Auf Umwegen hatte Murath erfahren, dass die Frau, an der gegen ihren Willen der Exorzismus vorgenommen wurde, umgekommen war. Alle glaubten, diese Frau sei ich. Zuerst versuchte man den Tod als Unfall hinzustellen. Mithilfe der engen Kontakte zu höchsten Regierungskreisen gelang das auch. Dann wurde die Tote aus der Badewanne anonym bestattet.«
    Obwohl es in dieser Situation nicht die geringste Rolle spielte, sagte Malberg unter dem Eindruck von Marlenes Schilderung: »Aber wir haben doch noch miteinander telefoniert! Das muss vor dem Tod deiner Schwester gewesen sein.«
    Marlene lachte hämisch: »Mit dem
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher