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Die Achte Suende

Die Achte Suende

Titel: Die Achte Suende
Autoren: Philipp Vandenberg
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Weniger vor Schmerz als in der Hoffnung, auf sich aufmerksam zu machen. Vergebens.
    Da hörte er ein leises Klicken. So viel verstand er von Waffen, dass er wusste, wie es sich anhörte, wenn ein Revolver entsichert wurde. Er wagte kaum zu atmen.
    »Was hast du vor?«
    »Nach oben!«, wiederholte Marlene und machte eine Kopfbewegung zur steilen Turmtreppe hin.
    Die Angst im Nacken, setzte Malberg zögernd einen Fuß vor den anderen, hielt einen Augenblick inne und überlegte, ob er es schaffen könnte, sich umzudrehen und Marlene niederzuschlagen. Aber in der angespannten Situation schien das nicht ratsam. Er hatte in ihre zornig funkelnden Augen geblickt und musste damit rechnen, dass sie kaltblütig abdrückte.
    »Was habe ich dir getan?«, stammelte er, während er sich auf der steilen Treppe nach oben bewegte. »Ich habe dich verehrt, ich habe dich sogar geliebt. Weißt du das nicht?«
    »Schnauze!«, fuhr ihn Marlene an. »Du lügst. Wenn es so wäre, hättest du dich anders verhalten. Du bist nicht anders als die anderen Kerle. Ein Leben lang habe ich darunter gelitten, dass Männer immer meiner Schwester Liane den Vorzug gaben. Während Liane als Stewardess mit zahllosen Männern herummachte, habe ich mich als graue Maus einem Biologiestudium gewidmet. Biologie! Nicht gerade die beste Möglichkeit, tolle Männer kennenzulernen!«
    »Aber ich kannte deine Schwester doch gar nicht. Ich wusste überhaupt nicht, dass du eine Schwester hast!«
    »Du lügst schon wieder, du hast sogar versucht, sie anzurufen.«
    »Ja. Aber erst nachdem ich zufällig von ihrer Existenz erfahren hatte. Ich hoffte, von ihr nähere Auskünfte über dein Vorleben zu erhalten.«
    »Was ging das
dich
an?«
    »Marlene, ich dachte, du bist tot, ermordet! Da wurde mir auf einmal klar, dass ich mich unsterblich in dich verliebt hatte. Und ich setzte alle Hebel in Bewegung, um herauszubekommen, was eigentlich passiert war.«
    »Und genau das hättest du nicht tun dürfen!«
    »Aber warum nicht?« Malberg blieb stehen.
    »Weil du damit eine Lawine losgetreten hast. Du hast dich wohl für sehr schlau gehalten, als du dich hier als Kryptologe eingeschlichen hast. Spätestens als Richard mir berichtete, du habest deine Diplomarbeit über verschollene Werke der Weltliteratur geschrieben, wurde ich hellhörig.«
    »Richard?«
    »Richard Murath. Ich lernte ihn während meines Biologiestudiums in Berlin kennen.«
    »Den Mikrobiologen Professor Murath?«
    »Genau den. Hast du ihn nicht wiedererkannt? Er hat mit dir telefoniert. – Und jetzt beweg dich weiter!«
    Malberg musste an die tiefe, eiskalte Stimme denken, die ihn bedroht hatte.
    Schließlich gelangten sie auf die Plattform des Burgfrieds. Erst Stunden zuvor hatte er von Gruna und Dulazek erfahren, was auf Burg Layenfels ablief. Der Tag wich vor der Dunkelheit. Schwer atmend klammerte sich Malberg an eine der Zinnen. Er vermied es, in die drohende Tiefe zu blicken, die sich dunkel vor ihm auftat. Auf seiner Stirn stand kalter Schweiß.
    Den Lauf des Revolvers auf ihn gerichtet, nahm Marlene auf der gegenüberliegenden Seite des Zinnenkranzes Aufstellung. Auch ihr war jetzt eine gewisse Aufregung anzumerken. Malberg sah, dass die Waffe in ihren Händen zitterte. Das machte die Situation noch gefährlicher.
    »Sag endlich, was das soll!«, sagte Malberg. »Was willst du von mir?« Er versuchte selbstsicher zu wirken, aber seine Stimme klang kläglich.
    »Das will ich dir gerne verraten«, erwiderte Marlene kalt. »Du weißt zu viel. Aber jetzt hörst du mir zu.« Sie starrte ihn an wie eine Irre. »Murath war kein attraktiver Mann. Nach einer Scheidung hatte er obendrein einen Berg Schulden am Hals. Aber er war gescheit und machte mir den Hof. Der erste Mann, der mich verehrte. Inzwischen dürfte dir nicht unbekannt sein, dass Murath eine bedeutsame Entdeckung gemacht hat.«
    »Ich weiß, das Gottes-Gen.«
    »Ich wusste, dass du davon Kenntnis hast. – Um von seinen Schulden herunterzukommen, bot Murath seine Forschungsergebnisse der römischen Kurie zu einem Kaufpreis von zehn Millionen Euro an. Zwar zeigten sich die Herren höchst interessiert, aber die Summe wollten sie nicht bezahlen, und Murath war nicht bereit, mit sich handeln zu lassen. Er hinterließ im Vatikan seine Karte mit dem Hinweis, er sei noch eine Woche in Rom unter meiner Adresse zu erreichen. Am nächsten Tag stand ein kahlköpfiger Mann in dunkelgrauem Zweireiher, eingehüllt von einer Duftwolke, vor der Tür, um noch einmal
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