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Die Abtei von Wyldcliffe - Die Schwestern der Dunkelheit

Die Abtei von Wyldcliffe - Die Schwestern der Dunkelheit

Titel: Die Abtei von Wyldcliffe - Die Schwestern der Dunkelheit
Autoren: Gillian Shields
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aber sie hat es nicht geschafft. Sie wird mir allerdings folgen, und ich weiß nicht, ob ich sie noch mal abwehren kann.«
      »Sie wird den Hexenzirkel zusammenrufen, um sich Hilfe zu holen«, sagt Helen besorgt. »Sie dürfen uns hier nicht finden.«
      »Ich kann uns rausbringen«, sagt Sarah. »Wir sind durch den Tunnel von der Höhle aus hergekommen, Evie. Wir sollten erst einmal dorthin zurückkehren.«
      Sarah schwenkt die Taschenlampe im Kreis herum, und ich sehe, dass wir uns in einer niedrigen, breiten Krypta mit tief hängender Decke befinden. Hier treffen sich mehrere Gänge. Am anderen Ende befindet sich ein grober Steintisch, eine Art Altar. Ein niedriger Gang führt von einer Stelle hinter dem Tisch weg, und wir laufen ihn entlang. Bis wir kurz darauf das Schlurfen vieler Schritte vor uns hören, und Gesang, der wie Donnergrollen klingt.
      »Zurück!«, flüstert Sarah. »Wir müssen einen anderen Weg finden, wie wir hier rauskommen. Der Hexenzirkel versammelt sich. Sie kommen!«
      Wir gehen den Weg zurück, den wir gekommen sind, aber die Krypta ist bereits von einer Gruppe verhüllter Frauen bevölkert, die von allen Seiten herbeiströmen. Sie haben keine individuelle Persönlichkeit, zwischen ihnen gibt es keine Unterschiede. Alle zusammen bilden sie eine einzige, schrecklich anonyme Präsenz. Ihr Gesang steigert sich zum Crescendo. Einige von ihnen halten flackernde Fackeln in den Händen. Als sie uns im roten Feuerschein sehen, schreien sie wild auf, umkreisen uns, gieren nach dem Talisman. Es sind zu viele. Wir sind gefangen und hilflos.
      Eine große, schwarzgekleidete Gestalt betritt die Krypta, und die Schwestern der Dunkelheit treten beiseite und formen eine Gasse, um ihre Oberste Mistress näherkommen zu lassen. In ihrer Hand h?lt sie den silbernen Dolch. Alles schweigt.
      »Ich habe dir doch prophezeit, dass du mir den Talisman geben würdest«, sagt sie. »Denn genau das wirst du jetzt tun. Hier ist jemand, dem du dich nicht widersetzen kannst. Bringt ihn her!«
      Die Frauen zittern und seufzen, als ein geschnitzter Stuhl hereingetragen wird, auf dem eine zusammengekrümmte Gestalt hockt.
      »Sebastian?«, flüstere ich. Er antwortet nicht. Alles, was ich höre, ist das scheußliche Stöhnen des Hexenzirkels.
      »Sebastian, Lord Sebastian!«, kreischen die Frauen. »Dies ist der Augenblick! Erfüllt Euren Schwur!«
      Die zusammengesunkene Gestalt auf dem Stuhl rührt sich und hebt die Hand. Die Frauen schweigen, ihre Atemzüge rascheln wie trockene Blätter vor einem Sturm. Ich muss alles falsch verstanden haben, so vollkommen falsch. Sebastian hat sich also letztlich doch entschieden, mit seinen Schwestern zusammenzuarbeiten. Er ist hier, um seinen Preis abzuholen. Denn er will nur den Talisman, nicht mich.
      Er steht auf und kommt auf mich zu, stockend und langsam. Seine Augen sind eingesunken und gerötet, seine Atemzüge mühsam. Er verblasst. Alles geschieht genau so, wie er es vorhergesagt hat. Es gibt kein Entkommen, für niemanden von uns. Ich kann es nicht ertragen, Sebastians hageres Gesicht zu sehen. Ich kann es nicht ertragen zu sehen, wie er mir den Talisman wegreißt. Ich kann es nicht ertragen zu spüren, wie er mir das Herz herausreißt, um ihn zu bekommen. Dies ist also schließlich das Ende. Ich schließe die Augen.
      Er streckt die Hand nach mir aus, und ich mache mich auf seinen Angriff gefasst, aber er streicht mir lediglich über die Haare. »Ich liebe dich, Mädchen vom Meer«, flüstert er. Dann dreht er sich zu den wartenden Frauen um und ruft mit letzter Kraft: »Haltet euch von ihr fern! Wenn ihr ihr etwas tut, werdet ihr vernichtet werden! «
      »Hört nicht auf ihn!«, schreit die Oberste Mistress. »Ergreift sie! Beide!«
      Sie wogen wie eine dunkle Flutwelle vorwärts, und ich höre eine Stimme, die zu mir spricht und die so klar ist wie die Morgendämmerung: Ein Erbstück unseres Hauses, möge es niemals der Dunkelheit anheimfallen. Du schaffst das, Evie. Du kannst alles tun, meine Schwester.
      Schlagartig weiß ich, was ich zu tun habe. Sebastian liegt zusammengesunken auf dem Boden. Schneller als der Blitz beuge ich mich nach unten und ziehe mit meinen Fingerspitzen einen Kreis um uns beide. Ich sehe ihn strahlend und klar vor meinem geistigen Auge. Winzige weiße Flammen schießen aus seinem Rand in die Höhe und laufen um den Kreis herum. Ich lege meine Hand auf den Talisman, der noch an meinem Hals hängt, und beschwöre
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