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Die Abschaffung der Arten

Die Abschaffung der Arten

Titel: Die Abschaffung der Arten
Autoren: Dietmar Dath
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hundertvierundvierzigtausend der ersten Gentegeneration, mit genetischem und neuronalem Gedächtnis an ihn und seine Liebe, mich und meine Liebe ... die Frage, ob man aus zwei homosexuellen Pärchen, einem glücklichen und einem verfehlten, eine planetenweite Zivilisation machen kann. Also: Man kann, nicht wahr. Möchte nur wissen, wer etwas davon hat.«
    »Und ist sie gesühnt worden? Die Sünde?«
    »Pföh, schwere Frage. Es gelang ihm nicht, sicherzustellen, daß seine Truppe nicht ihr eigenes Stück schuf, aus seinem. Sie hat es zerstreut, sie hat in den ein, zwei Themen, die er ihr setzte, alle andern Themen entdeckt und sie rausgekitzelt – daß er ein Welttheater geschaffen hat, war Hybris, von wegen, alles, was atmet, muß denken und empfinden, in den von ihm gesetzten Grenzen. Daß sich das Ding dann in alle Himmelsrichtungen, alle Dimensionen, fünf, elf, tausend Dimensionen selbst neu auslegt, das war die Buße, die Sühne. Ich meine, wer erinnert sich denn noch daran, was das Wetzelchen war, was die Parallele darstellen sollte, von seiner Liebe, die erfüllt wurde, und meiner, die nie zum Zuge kam? Lust oder Sehnsucht, Zusammenleben oder nach der Geliebten verschmachten – beides kann zu großen Kulturtaten motivieren. Aber wenn die getan werden, nehmen sie ein Eigenleben an: Auferstehung, wenn du so willst. Und die Pointe: Die Menschen mußten sterben, damit die Menschheit eine Chance hat. Denn das waren die Gente ja: die erste realisierte Menschheit.«
    »Die erste«, sagte Feuer skeptisch und trank einen großen Schluck Wein, direkt aus der Flasche.
    »Natürlich, was sonst? Weitere müssen folgen, und tun's schon. Auf euren zwei Sternen zum Beispiel«, sagte Cordula Späth und sprang auf, ein Schäfchen zu holen und zur Herde zurückzutragen, das in den Bach gestolpert war und nicht wußte, was es dort wollte.

    Als sie wiederkam, sagte Padmasambhava: »Die Hütte hier – wir haben so was oft gefunden, einmal sogar als Floß, auf dem Ozean treibend – sind die alle für dich?«
    Cordula legte den Kopf in den Nacken und schüttelte sich, als wäre sie naß und wollte trocken werden; dann fletschte sie die Zähne, funkelte die beiden an und sagte verschwörerisch: »Die wissen, glaub ich, gar nicht, daß ich hier bin. Bin ja auch nicht hier. Bin immer und überall, jedenfalls immerer und überallerer als Ryuneke, den sie gar nicht reinlassen. Ich weiß, wie's weitergeht. Ich kenn den Anfang nach dem Ende. Ich habe die Löcher und Tunnels genommen und fortgeschleppt, die sie gebaut haben, ich spinn das Sonnensystem ein und mehr, die halbe Galaxis, neue Netzwerke – ich kenne die dritten Gente, die zweite Menschheit, ich habe die Sonne sterben gesehen – na, guckt nicht so. Und doch zieht es mich immer wieder her, denn für mich, wißt ihr, gilt ja die Barriere nicht, die sie errichtet haben, die Regel, die euch tausend Jahre in die Warteschleife bannt. Die Hüttchen, hmpf – ja, vielleicht baut die Erde sie selbst, die Zeit oder wer, vielleicht sind's nicht mal die Keras. Obwohl Leute aus meiner ... Leute in meinem Alter – pff, als ob's noch mehr davon gäbe – ja vermuten müßten, daß solche spontanen Behausungen der Toten oder Ungeborenen, mitten in der dritten Natur, viel mehr nach Henry Moore oder Frank Lloyd Wright oder wenigstens öhm Hundertwasser aussehen sollten.«
    Padmasambhava und Feuer mußten in den Archiven reichlich blättern und kramen, bevor sie die Namen zugeordnet hatten. Cordula sah ihnen schweigend zu, amüsiert, mehrere Sekunden lang, mit gehobener rechter Braue, dann sagte sie: »Brav, daß ihr das alles in euren eigenen Köpfen nachguckt. Früher, eure Eltern, die wären einfach ins Pherinfonnetz getaucht und hätten es rausgezogen – na, und ich selber beschwöre den alten Kram wohl nur deshalb, weil ich dadurch ... es gibt mir das Gefühl, sie wären alle noch da, versteht ihr? Die Menschen, unter denen ich gelebt habe. Die Langweiler, die so waren, wie ich war: langweilig eben, aber irgendwie doch ganz liebenswert, wer immer strebend sich bemüht ... Schwan drüber. Entschuldigung: Schwamm.«
    Sie herzte das Lämmchen, wog es auf den Armen, redete ihm freundlich zu, sagte: »Hast gar kein Geld, kleiner Depp, hmm? Niemand hier hat Geld, niemand vermißt's, schon lustig, du Schaf du! Gutes Schaf, braves Schaf! Ich könnt dich fressen, aber weißt du was, ich laß es bleiben!«
    Etwas an diesem Anblick kam Padmasambhava erstaunlicher vor, als wenn das Lämmchen bei
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