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Die Abschaffung der Arten

Die Abschaffung der Arten

Titel: Die Abschaffung der Arten
Autoren: Dietmar Dath
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Beschluß zur Versiegelung, daß kein Schaden daraus entstehen kann, also haben wir euch akzeptiert, als Botschafter der späteren Zivilisationen.«
    Padmasambhava hätte gern sein Buch des Lebens befragt, aber Feuer war ihm einen Schritt voraus: »Ihr seid – Nachlaßverwalter? Eurer Programm ist ... alles, was übrig ist von Katahomenleandraleal.«
    »Ja. Diener müssen sterben können; sie dürfen ihre Herren nicht lange überleben, wenn deren Andenken nicht geschmälert werden soll.«
    »Es meint die Menschen«, sagte Padmasambhava, aber Fiamettina war abermals weiter: »Und die Erde ... die Dimensionen, in denen hier ... die Bänder: Das sind Reifen, nicht wahr, Kurven, zeitförmige ... ihr habt die Geschichte geschlossen? Wie man eine Truhe versiegelt? Die Wirklichkeit der Erde ist ... eine in sich selbst geschlossene zeitförmige Kurve geworden, das höherdimensionale Äquivalent einer Kleinschen Flasche in drei Dimensionen, oder eines Möbiusbandes in zweien?«
    »Das Konstrukt, das Mahnmal, wird zusammengehalten von der Arbeit der Keramikaner. Sie sind diffundiert ...«
    »...in alle Phasen der Entwicklung hin zum Singularitätspunkt. In die Gentezeit, in die Langeweile ... und wir, zwei Partiale der Gente, sind für euch deshalb Gäste von draußen. Die euer Museum besuchen.«
    Daher die Menschen im Dschungel, dachte Padmasambhava: Das waren Conquistadoren gewesen, an anderem Ort, zu anderer Zeit, durch eine geplatzte Naht im Konstrukt der Keramikaner für ein paar Augenblicke in die Gegenwart gerutscht. Weil noch nicht alles dicht war, wie der Schwan angedeutet hatte, weil die Arbeit am Grabmal noch weiterging. Und diese Welt hier war der Schlußstein, die Erde im Zustand der Stasis, das Ende der Zeiten.

    Die Wahrheit: keine Aufrüstung, kein großes Geheimnis, gegen das sich die Mächte der alten Welt abgedichtet hatten, daß die Sonden erblindeten; statt dessen die größtmaßstäbliche Fortsetzung des einst von Lasara erkannten Sichnachinnenfressens: Der Umfang der Geschichte blieb, aber die gebrochenen Längen zwischen den einzelnen Episoden ließen sich immer weiter zerbröseln, bis auf die feinste Körnung einer – »Moment mal, heißt das, wir können nicht mehr raus? Daß wir jetzt Teil sind eurer ... Stasis, eures Grabmals«, fiel Feuer Padmasambhava in die Gedanken.

    Daß die Fremde, Mundstück eines Kollektivs von Drohnen der Nachlaßverwaltung einer verstorbenen Göttin, darauf zunächst einmal schwieg, war beunruhigend.
    Die feinsten Spürtaster der Geschwister versuchten, auf die Distanz, die sie nicht verringern wollten, Veränderungen an der Metakeramikanerin zu erkennen, aber da fand nicht einmal ein Wärmeaustausch mit der Umgebung statt; es war, als stünde sie dort gar nicht, als wäre da nur ein Loch in der Raumzeit, das ungefähr ihre Umrisse hatte.
    »Vielleicht hält sie, ich weiß nicht, Rücksprache mit ... diesem Kustosprogramm oder ...«, riet Feuer.
    »Oder mit dem Kollektiv der Keramikaner, dem gemeinsamen Hirn«, mutmaßte Padmasambhava und gestand sich zugleich ein, daß das Fehlen von Gesichtszügen bei der Botin sehr unheimlich war und eine geheime Korrespondenz zwischen den steinernen Tierhäuptern und der Vertreterin der Gastgeber anzudeuten schien.
    Endlich äußerte sich die Stimme wieder: »Entschuldigt, aber die Berechnungen haben mehr Zeit in Anspruch genommen, als die Freundlichkeit gestattet. Ihr habt uns mißverstanden. Es ist nicht unsere Absicht, euch einzusperren. Ihr seid Gäste, ihr sollt euch umsehen, und wir werden eine ... Abflugschneise? Ein Ausreisefenster öffnen, sobald wir können – aber das liegt nicht ausschließlich bei uns. Die Eigenzeitverschlingung hat ihre eigengesetzlichen Attribute, deshalb mußte ich mit den ... vorhandenen Daten, die ihr mir liefert, unsere Bänderprojektion abgleichen, die mir verrät, wie lange, gemessen nach lokaler Dauer, ihr mindestens hier bleiben müßt, bevor wir euch ausschleusen können – es muß da vieles berücksichtigt werden, der Energieinflux der Sonne, den wir sozusagen quer durch die Epochen schleusen, damit hier die Illusion normaler Tage, Wochen, Monate, Jahre, Jahrzehnte, Jahrhunderte, Jahrtausende entsteht, und dann die magnetischen ...«
    »Wie lange?« fiel Padmasambhava ihr ins Wort.
    »Tausend hiesige Jahre.«
    »Tausend irdische Jahre«, wiederholte Feuer die Auskunft leicht abgewandelt.
    »Ja. So lange haben auch wir gewartet, nach irdischem Maß, bis ihr von euch habt hören
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