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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk
Autoren: Jaroslav Hasek
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Kaiser dienen, bis man mich in Stücke reißt.«
    Schwejk tat einen tüchtigen Schluck und fuhr fort: »Sie glauben, unser Kaiser wird das so lassen? Da kennen Sie ihn schlecht. Krieg mit den Türken muß sein. Ihr habt meinen Onkel erschlagen, da habt ihr dafür eins über die Kuschen. Es gibt bestimmt |16| Krieg. Serbien und Rußland wern uns in diesem Krieg helfen. Sakra, wird man sich dreschen!«
    Schwejk sah in diesem prophetischen Augenblick herrlich aus. Sein einfältiges Gesicht, das lächelte wie der Vollmond, glänzte vor Begeisterung. Ihm war alles so klar.
    »Kann sein«, fuhr er in seiner Schilderung der Zukunft Österreichs fort, »daß uns, wenn wir mit den Türken Krieg führen, die Deutschen in den Rücken falln, weil die Deutschen und die Türken zusammenhalten. Wir können uns aber mit Frankreich verbünden, das seit dem Jahr einundsiebzig auf Deutschland schlecht zu sprechen is. Und schon wirds gehn. Es wird Krieg geben, mehr sag ich euch nicht.«
    Bretschneider stand auf und sagte feierlich: »Mehr müssen Sie auch nicht sagen. Kommen Sie mit mir auf den Gang, dort werde ich Ihnen etwas sagen.«
    Schwejk folgte dem Zivilpolizisten auf den Gang, wo seiner eine kleine Überraschung harrte, als ihm sein Biernachbar den Adler 2 zeigte und erklärte, daß er ihn verhafte und sofort zur Polizeidirektion führen werde. Schwejk bemühte sich, ihm klarzumachen, daß der Herr sich vielleicht irre, er sei vollständig unschuldig und habe nicht ein Wort gesagt, das jemanden beleidigen könne.
    Bretschneider sagte ihm jedoch, er habe sich einer Reihe strafbarer Handlungen schuldig gemacht, unter denen auch das Verbrechen des Hochverrats eine Rolle spiele.
    Dann kehrten sie in die Gaststube zurück, und Schwejk sagte zu Herrn Palivec: »Ich hab fünf Biere und ein Kipfel mit einem Würstl. Jetzt gib mir noch einen Sliwowitz, und dann muß ich schon gehn, weil ich verhaftet bin.«
    Bretschneider zeigte Herrn Palivec den Adler, blickte Herrn Palivec eine Weile an und fragte dann: »Sind Sie verheiratet?«
    »Ja.«
    »Und kann Ihre Frau während Ihrer Abwesenheit das Geschäft führen?«
    »Ja.«
    »Dann ist alles in Ordnung, Herr Wirt«, sagte Bretschneider |17| heiter, »rufen Sie Ihre Frau herein, übergeben Sie ihr alles, und abends werden wir Sie abholen.«
    »Mach dir nichts draus«, tröstete ihn Schwejk, »ich geh nur wegen Hochverrat hin.«
    »Aber wofür ich?« stöhnte Herr Palivec. »Ich war doch so vorsichtig.«
    Bretschneider lächelte und sagte siegesfroh: »Dafür, daß Sie gesagt haben, daß die Fliegen auf unsern Kaiser geschissen haben. Man wird Ihnen schon unsern Kaiser aus dem Kopf treiben.«
    Und Schwejk verließ das Gasthaus »Zum Kelch« in Begleitung des Zivilpolizisten, den er mit seinem freundlichen Lächeln fragte, als sie auf die Straße traten: »Soll ich vom Trottoir heruntergehn?«
    »Warum?«
    »Ich denk, wenn ich verhaftet bin, hab ich kein Recht mehr, auf dem Trottoir zu gehn.«
    Als sie in das Tor der Polizeidirektion traten, sagte Schwejk: »Wie rasch uns die Zeit verlaufen is! Gehn Sie oft zum ›Kelch‹?«
    Und während man Schwejk in die Aufnahmekanzlei führte, übergab Herr Palivec beim »Kelch« die Gastwirtschaft seiner weinenden Frau, wobei er sie in seiner sonderbaren Art tröstete: »Wein nicht, heul nicht, was können sie mir wegen einem beschissenen Kaiserbild machen?«
    Und so griff der brave Soldat Schwejk in seiner freundlichen, liebenswürdigen Weise in den Weltkrieg ein.
    Die Historiker wird es interessieren, daß er weit in die Zukunft voraussah. Wenn sich die Situation später anders entwickelte, als er beim »Kelch« auseinandergesetzt hatte, dann müssen wir berücksichtigen, daß er keine diplomatische Vorbildung besaß.

|18| 2
Der brave Soldat Schwejk auf der Polizeidirektion
    Das Attentat in Sarajevo füllte die Polizeidirektion mit zahlreichen Opfern. Man brachte eins nach dem andern, und der alte Inspektor in der Aufnahmekanzlei sagte mit seiner gutmütigen Stimme: »Dieser Ferdinand wird sich euch nicht auszahlen!«
    Als man Schwejk in eine der vielen Zellen des ersten Stockwerks sperrte, fand er dort eine Gesellschaft von sechs Männern vor. Fünf saßen rings um den Tisch, und in der Ecke auf dem Kavallett 1 saß, als wollte er sich von ihnen absondern, ein Mann in mittleren Jahren.
    Schwejk begann einen nach dem andern auszufragen, warum man ihn eingesperrt habe.
    Von den fünfen, die am Tisch saßen, erhielt er nahezu die gleiche Antwort:
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