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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk
Autoren: Jaroslav Hasek
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aufgeblühten Akazienbäumen zu einer Flasche Tinte riecht. Auf dem Berg Bohdaletz bei Prag …«
    »Aber Schwejk«, unterbrach ihn der Einjährigfreiwillige Marek mit bittender Stimme, »laß Jurajda ausreden.«
    Jurajda fuhr fort: »In einem Bauerngut bin ich auf einen alten ausgedienten Soldaten aus der Zeit der Okkupation von Bosnien und Herzegowina gestoßen, der bei den Ulanen in Pardubitz ausgedient und noch heute nicht Tschechisch vergessen hat. Der hat angefangen mit mir zu streiten, daß man in Böhmen nicht Majoran, sondern Kamillen in Leberwürste gibt. Ich hab also wirklich nicht gewußt, was ich anfangen soll, denn wahrhaftig, jeder vernünftige und unvoreingenommene Mensch muß Majoran für die Königin aller Gewürze halten, die man in Leberwürste gibt. Ich mußte also rasch einen Ersatz finden, der den charakteristischen würzigen Geschmack gibt. Und da hab ich in einem Bauernhof unter dem Bild irgendeines Heiligen einen Hochzeitskranz aus Myrten hängen gesehn. Es war ein junges Ehepaar, die Myrtenzweige an dem Kranz waren noch ziemlich frisch. Ich hab also die Myrte in die Leberwürste gegeben, allerdings hab ich den ganzen Hochzeitskranz dreimal mit kochendem Wasser abbrühen müssen, damit die Blätter weich werden und den etwas beißenden Duft und Geschmack verlieren. Selbstverständlich hat es viele Tränen gesetzt, wie ich ihnen den Myrtenkranz zu den Leberwürsten genommen hab. Sie haben von mir mit der Versicherung Abschied genommen, daß mich für diese Lästerung – der Kranz war nämlich geweiht – die nächste Kugel töten wird. Ihr habt doch meine Leberwurstsuppe gegessen, und niemand |788| von euch hat erkannt, daß sie statt nach Majoran nach Myrten riecht.«
    »In Neuhaus«, ließ sich Schwejk vernehmen, »gabs vor Jahren einen Selcher namens Josef Linek, und der hat auf dem Regal zwei Schachteln stehn gehabt. In einer war eine Mischung von allen Gewürzen, was er in Leberwürste und Blutwürste gegeben hat. In der zweiten Schachtel war Insektenpulver, weil dieser Selcher paarmal festgestellt hat, daß seine Kundschaften in einer Wurst eine Wanze oder einen Schaben zerbissen ham. Er hat immer gesagt, was die Wanzen betrifft, so ham sie den würzigen Geschmack von bittern Mandeln, was man in Gugelhupf gibt, daß aber Schaben in Würsten stinken wie eine alte, verschimmelte Bibel. Drum hat er in seiner Werkstatt auf Sauberkeit gehalten und hat überall dieses Insektenpulver gestreut. Einmal macht er euch Blutwürste und hat dabei Schnupfen gehabt. Er packt die Schachtel mit dem Insektenpulver und schüttet sie in die Wurstfülle, und seit der Zeit hat man in Neuhaus nur beim Linek Leberwürste gekauft. Die Leute ham sich geradezu um sie gerissen. Und er war so gscheit, daß er draufgekommen is, daß es dieses Insektenpulver macht, und seit der Zeit hat er sich per Nachnahme ganze Kisten von diesem Pulver bestellt, nachdem er vorher die Firma, von der er es gekauft hat, drauf aufmerksam gemacht hat, daß sie auf die Kiste aufschreiben soll ›Indisches Gewürz‹. Das war sein Geheimnis, mit dem is er ins Grab gegangen, und das interessanteste dran is, daß bei den Familien, wo man seine Blutwürste gekauft hat, alle Schaben und Wanzen ausgewandert sind. Seit der Zeit gehört Neuhaus zu den reinsten Städten in ganz Böhmen.«
    »Bist du schon fertig?« fragte Einjährigfreiwilliger Marek, der sich offenbar auch ins Gespräch mischen wollte.
    »Damit wär ich schon fertig«, antwortete Schwejk, »aber ich kenn noch einen ähnlichen Fall in den Beskiden, aber den wer ich euch erzählen, bis wir im Gefecht stehn wern.«
    Einjährigfreiwilliger Marek begann zu sprechen: »Die Kochkunst lernt man am besten im Krieg kennen, besonders an der Front. Ich erlaube mir, einen kleinen Vergleich anzustellen. Im Frieden haben wir von sogenannten Eissuppen gehört, das |789| sind Suppen, in die man Eis gibt und die in Norddeutschland, Dänemark und Schweden sehr beliebt sind. Und seht ihr, der Krieg ist gekommen, und heuer im Winter in den Karpaten haben die Soldaten so viel gefrorene Suppen gehabt, daß sie sie nicht einmal gegessen haben, und es ist doch eine Spezialität.«
    »Gefrorenes Gulasch kann man essen«, wandte Rechnungsfeldwebel Wanĕk ein, »aber nicht lange, höchstens so eine Woche. Seinetwegen hat unsere 9. Kompanie die Front verlassen.«
    »Im Frieden«, sagte Schwejk mit ungewöhnlichem Ernst, »hat sich der ganze Dienst nur um die Küche und die verschiedensten Speisen gedreht.
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