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Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk

Titel: Die Abenteuer des braven Soldaten Schwejk
Autoren: Jaroslav Hasek
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noch zurück, so daß der Weg von der letzten Etappe bis zum Brigadestab, wo er mit Leutnant Dub zusammentraf, eigentlich ein Manifestationsweg über alle möglichen Aborte war. Einigemal versäumte er den Zug, weil er auf den Bahnhöfen so lange in den Aborten saß, bis der Zug abgefahren war. Einigemal geschah es, daß er nicht umstieg, weil er im Zug auf dem Aborte saß.
    Aber dennoch, trotz aller Klosetts, die ihm im Wege standen, näherte sich Kadett Biegler der Brigade.
    Leutnant Dub sollte damals noch einige Tage bei der Brigade in Pflege bleiben, aber an dem Tage, als Schwejk zum Bataillon fuhr, wurde der Stabsarzt bezüglich Leutnant Dubs anderer Meinung; der Stabsarzt hatte nämlich erfahren, daß am Nachmittag in der Richtung des Standortes des 91. Regimentes ein Sanitätsautomobil abfahren sollte.
    Er war sehr erfreut, Leutnant Dub loszuwerden, der verschiedene seiner Behauptungen unentwegt mit den Worten bekräftigte: »Davon habe ich schon vor dem Kriege bei uns mit dem Herrn Bezirkshauptmann gesprochen.«
    Mit deinem Bezirkshauptmann kannst du mir den Arsch auswischen, dachte der Stabsarzt und dankte dem Zufall, der das Sanitätsautomobil zufällig über Zoltanecz hinauf nach Kamionka Strumilowa führte.
    |781| Schwejk hatte den Kadetten Biegler bei der Brigade nicht gesehen, weil dieser schon wieder seit mehr als zwei Stunden auf einem für die Offiziere der Brigade bestimmten Wasserklosett saß.
    Man kann schlechthin behaupten, daß Kadett Biegler an ähnlichen Orten nie die Zeit vertrödelte, denn er wiederholte sich dort die berühmten Schlachten der glorreichen österreichisch-ungarischen Armee, angefangen von der Schlacht bei Nördlingen am 6. September 1634 bis zu der von Sarajevo am 19. August 1878.
    Während er so unzähligemal nacheinander die Schnur des Wasserklosetts zog und das Wasser geräuschvoll in das Becken stürzte, stellte er sich, die Augen schließend, den Schlachtenlärm vor, den Kavallerieangriff und den Donner der Geschütze.
    Die Begegnung zwischen Leutnant Dub und Kadett Biegler war nicht gerade erfreulich und bildete unzweifelhaft die Ursache der Bitterkeit in ihren späteren Beziehungen im Dienst und außerhalb desselben.
    Als Leutnant Dub nämlich bereits zum viertenmal die Klosettür öffnen wollte, schrie er erzürnt: »Wer ist dort?«
    »Kadett Biegler, 11. Marschkompanie, Bataillon N., 91. Regiment«, lautete die stolze Antwort.
    »Hier Leutnant Dub von derselben Kompanie!« stellte sich der Konkurrent vor der Türe vor.
    »Sofort bin ich fertig, Herr Leutnant!«
    »Ich werde warten!«
    Leutnant Dub schaute ungeduldig auf die Uhr. Niemand würde glauben, welcher Energie und Beharrlichkeit es bedarf, in so einer Situation neuerlich fünfzehn Minuten vor der Tür auszuharren, dann nochmals fünf und noch weitere fünf, und auf sein Klopfen, Trommeln und Klopfen unablässig die gleiche Antwort zu erhalten: »Sofort bin ich fertig, Herr Leutnant!«
    Leutnant Dub begann zu fiebern, insbesondere als nach dem hoffnungsvollen Rascheln von Papier weitere sieben Minuten verflossen, ohne daß die Tür sich geöffnet hätte.
    |782| Kadett Biegler war überdies noch so taktvoll, noch immer kein Wasser fließen zu lassen.
    Leutnant Dub begann, von einem leichten Fieber geschüttelt, zu überlegen, ob er sich vielleicht beim Brigadekommandanten beschweren solle, der möglicherweise den Befehl geben werde, die Türe zu sprengen und Kadetten Biegler herauszutragen. Ihm fiel auch ein, daß dieses Verhalten vielleicht eine Subordinationsverletzung sei.
    Leutnant Dub wurde es im Verlauf von noch weiteren fünf Minuten klar, daß er dort hinter der Tür nichts mehr zu suchen habe und daß ihm das Verlangen danach schon längst vergangen sei. Aus irgendeinem Prinzip verharrte er jedoch vor dem Klosett und fuhr fort, mit den Füßen an die Tür zu stoßen, hinter der sich unablässig dieselben Worte vernehmen ließen: »In einer Minute bin ich fertig, Herr Leutnant.«
    Endlich hörte man, wie Biegler das Wasser laufen ließ, und bald darauf standen einander beide Angesicht in Angesicht gegenüber.
    »Kadett Biegler«, donnerte Leutnant Dub, »glauben Sie nicht, daß ich zu demselben Zweck hier war wie Sie. Ich bin gekommen, weil Sie sich bei Ihrer Ankunft beim Stab nicht bei mir gemeldet haben. Kennen Sie nicht die Vorschriften? Wissen Sie, wem Sie den Vorzug gegeben haben?«
    Kadett Biegler forschte ein Weilchen in seinem Gedächtnis nach, ob er vielleicht nicht doch etwas begangen habe,
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