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Die 50 Groessten Luegen Und Legenden Der Weltgeschichte

Titel: Die 50 Groessten Luegen Und Legenden Der Weltgeschichte
Autoren: Bernd Ingmar Gutberlet
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schrieb. Aber setzte der gelehrte Dionysius überhaupt das richtige Datum an?
    Wichtig ist zu bedenken, dass das Jahr 0 in der christlichen Zeitrechnung nicht vorkommt. Dionysius ließ dem Jahr 1 vor Christi Geburt sogleich das Jahr 1 nach Christus folgen – das römische Zahlensystem verwendete die Null nicht. Für seine Berechnungen bezog er sich auf die Regierungszeit des Augustus und die Gründung Roms, konsultierte aber beispielsweise keine jüdischen Quellen. Müsste also nicht Jesus in der Nacht vom24. auf den 25. Dezember 1 v. Chr. geboren sein, wenn darauf das Jahr 1 n. Chr. folgt? Die Sache ist jedoch ausgesprochen verworren, weil die Angaben im Neuen Testament zumindest uneinheitlich, wenn nicht gar widersprüchlich sind. Man muss sie sehr kritisch mit anderen historischen Angaben vergleichen, um dem Geburtsjahr Jesu auf die Spur zu kommen.
    Zwei Erzählungen des Neuen Testaments schildern die Geburt Jesu.
    Das Matthäusevangelium wurde zwischen 80 und 90 n. Chr. verfasst und berichtet von den Sterndeutern aus dem Morgenland, die sich in Jerusalem nach der Geburt des Messias erkundigen, weil ein Stern sie ihnen verkündet habe. Dieser Stern führte die drei nach Bethlehem, wo sie das Neugeborene fanden und ihm huldigten. Das geschah am Ende der Regierungszeit von Herodes I., der von 37 bis zum Frühling des Jahres 4 v. Chr. amtierte. Ob der Stern die Geburt des Messias nur ankündigte oder vermeldete, geht aus dem Evangelium nicht eindeutig hervor. In jedem Fall ließ Herodes laut Matthäus auf die Nachricht hin alle Knaben in und um Bethlehem, die nicht älter als zwei Jahre waren, umbringen. Er wollte sichergehen, dass der »neugeborene König der Juden«, wie es in der Bibel heißt, auch wirklich unter den getöteten Kindern war. Für den Zeitpunkt von Jesu Geburt würde dies bedeuten, dass Jesus mindestens eindreiviertel Jahre vor dem Ende der Regierungszeit Herodes’ geboren wurde, also im Jahr 6 v. Chr. Mehr gibt das Matthäusevangelium diesbezüglich nicht her, weil es nichts darüber sagt, wie lange Jesus mit seinen Eltern im ägyptischen Exil blieb, um den Häschern des Herodes zu entgehen, vor denen Gott sie gewarnt hatte.
    Der Evangelist Lukas berichtet ungefähr zur selben Zeit wie Matthäus von einer Volkszählung unter dem römischen Kaiser Augustus und zur Regierungszeit des Statthalters Quirinius in Syrien. Maria und Joseph reisten von Nazareth in Galiläa nachBethlehem in Judäa, woher Josephs Familie stammte. Dort wurde Jesus geboren, ein halbes Jahr nach der Geburt von Johannes dem Täufer, dessen Geburt »zur Zeit des Königs Herodes« verkündigt wird. Dieser König wird im Allgemeinen als Herodes der Große identifiziert, der, wie erwähnt, 37 bis 4 v. Chr. den jüdischen Staat regierte. Allerdings gibt es da noch seinen Sohn Herodes Antipas, der nach dem Tod seines Vaters unter anderem Galiläa erhielt und dort bis 39 n. Chr. herrschte.
    Indirekt ließe sich die Information des Lukas zur Taufe Jesu durch Johannes den Täufer für die Bestimmung seines Geburtsjahres verwenden. Laut Lukasevangelium wurde Jesus mit dreißig Jahren getauft, und zwar im 15. Jahr der Regierungszeit des Kaisers Tiberius. Letzteres weist auf einen Zeitraum zwischen Herbst 27 und Sommer 29 hin – aber war Jesus wirklich genau dreißig Jahre alt, oder soll diese Angabe nur bedeuten, dass er im reifen Mannesalter war? Oder bezieht sich die Zahl dreißig auf König David, der in diesem Alter König wurde?
    Dieses schwache und widersprüchliche chronologische Gerüst der Evangelisten erlaubt keine eindeutige Aussage über das Geburtsjahr Jesu. Einen Anhaltspunkt für Lukas’ Bericht bietet aber der jüdische Geschichtsschreiber Flavius Josephus, der von dem Zensus in Judäa berichtet. Quirinius habe ihn im 37. Jahr nach der Schlacht bei Actium durchführen lassen, also 6 oder 7 n. Chr.
    Die Chronologie nach Lukas hat jedoch Schwächen. Vor allem lässt sie sich nicht mit der Regierungszeit von Herodes dem Großen in Einklang bringen, zumal unter dessen Herrschaft gar keine Volkszählung stattgefunden hat. Sein Sohn Herodes Antipas wiederum regierte nur in Galiläa und Peräa, wo keine Volkszählung durchgeführt wurde. Auch hätte die Kreuzigung Jesu nach Lukas’ Angaben nicht wie überliefert in die Regierungszeit des Pontius Pilatus fallen können – jedenfalls nicht,wenn Jesus, wie zumeist angenommen, mit 33 Jahren hingerichtet wurde.
    Der kritische Vergleich mit anderen, vor allem jüdischen Quellen
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