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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 04 - Der wahre Drache
Autoren: Robin Hobb
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nichts sehen. Unser Licht war zu schwach, als dass wir etwas anderes hätten erkennen können als die Schneebahn, auf der wir heruntergerutscht waren. In jedem Fall befanden wir uns in einer Art Eishöhle, doch das Licht der Uralten vermochte die Wände nicht zu erreichen. Kein Licht drang von oben durch. Der Schnee, der uns gefolgt war, musste den Spalt wieder verschlossen haben, durch den wir gefallen waren. Dann ... »Dick! O Eda, schenk ihm genug Verstand, um Chade und Pflichtgetreu zu berichten, was uns widerfahren ist. Ich hoffe nur, er bleibt, wo er ist: auf dem Schlitten. Aber wenn die Nacht kommt und die Kälte ... Was soll dann aus ihm werden?
Dick!«
Ich bellte seinen Namen förmlich, als ich mir den kleinen Mann vorstellte, wie er mutterseelenallein auf dem Schlitten hockte.
    »Schschsch!«, tadelte mich der Narr in scharfem Ton. »Wenn er dich schreien hört, steigt er vielleicht vom Schlitten und geht zum Spalt. Sei ruhig. Die Gefahr, der er sich gegenübersieht, ist geringer als die, in der wir schweben, und ich fürchte, du wirst ihn ihr allein überlassen müssen. Er wird über die Gabe Kontakt herstellen, Fitz. Sein Geist ist ja vielleicht nicht schnell, aber er funktioniert gut genug, und Dick wird jede Menge Zeit haben, darüber nachzudenken, was er als Nächstes tun soll.«
    »Vielleicht«, räumte ich ein. Ich hatte das Gefühl, als würde mir jemand das Herz zusammendrücken. Ausgerechnet jetzt, im ungünstigsten Augenblick überhaupt, war ich meiner Gabe beraubt. Und dann, nur einen Moment später, überkam mich wieder jenes schreckliche Gefühl des Verlustes ob Nachtauges Tod. Ich vermisste seine Instinkte und seinen Überlebenswillen. Mir zog es das Herz zusammen. Ich war allein.
    Und du ertrinkst in Selbstmitleid.
Der Gedanke war so beißend, als würde er wirklich von Nachtauge stammen.
Steh auf und tu etwas. Das Überleben des Narren hängt von dir ab und vermutlich auch das von Dick.
    Ich atmete tief durch und hob den Blick. Das schwache grüne Licht aus dem kleinen Kasten zeigte mir nichts, doch das bedeutete nicht, dass es hier nichts zu sehen gab. Falls sich hier kein anderer Weg hinaus finden ließ, mussten wir eine weitere Lawine auslösen und versuchen, uns durch den Schnee zu graben. Gab es jedoch einen Weg hinaus, mussten wir ihn finden. So einfach war das. Hier herumzustehen und wie ein verlassener Welpe zu heulen, würde gar nichts bringen. Ich griff nach unten und zog den Narren in die Höhe. »Komm. Lass uns mal nachsehen, wo wir sind. Außerdem wird uns wärmer, wenn wir uns bewegen.«
    »Also gut.« Er sprach die Worte so vertrauensvoll, dass es mir fast das Herz brach.
    Gerne hätte ich einen unserer Schneestäbe gehabt, doch ich konnte noch nicht einmal vermuten, wo sie verschüttet waren. So hielt der Narr sein kleines Lichtkästchen vor uns, und wir tasteten uns vorwärts.
    Wir trafen auf nichts. Wenn wir uns nicht bewegten und den Atem anhielten, hörten wir Wasser tropfen und das tiefe Stöhnen des Eises um uns herum. Unter unseren Füßen knirschte es. Die Decke über uns konnten wir nicht sehen. Wir gingen durch eine sternenlose Nacht, und unsere einzige Verbindung zur Welt bestand in dem festen Untergrund unter unseren Füßen und der gegenseitigen Berührung. Wir sahen noch nicht einmal die Wand vor uns, bevor wir gegen sie prallten.
    Beide tasteten wir sie eine Weile lang schweigend ab. In dieser Stille bemerkte ich, dass der Narr zitterte, und das Schaudern in seinem Atem. »Warum hast du mir nicht gesagt, dass dir so kalt ist?«, verlangte ich von ihm zu wissen.
    Er schniefte und lachte schwach. »Geht es dir etwa anders? Es kam mir sinnlos vor, das extra zu erwähnen.« Er atmete erneut zitternd ein und fragte: »Ist das Eis oder Fels?«
    »Heb mal das Licht.«
    Das tat er. »Ich kann es immer noch nicht sagen. Auf jeden Fall ist es etwas, durch das wir nicht hindurch können. Lass uns mal daran entlanggehen.«
    »Sie könnte uns genau dahin zurückführen, wo wir hergekommen sind.«
    »Sicher, und wenn dem so ist, können wir auch nichts daran ändern. Dann müssen wir halt wieder zurück. Hier. Einen Augenblick.« Ich legte die Hand in Schulterhöhe an die Wand und griff dann nach dem Messer an meinem Gürtel. Es war weg. Natürlich. Der Narr hatte seines noch, und ich borgte es mir, um eine grobe Markierung in die Wand zu kratzen. Eine recht sinnlose Geste, wie mir schien.
    »Links oder rechts?«, fragte ich ihn. Ich hatte kein Gespür, wo Norden oder
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