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Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär

Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär

Titel: Die 13 1/2 Leben des Käptn Blaubär
Autoren: Walter Moehrs
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Malmstromrand.
    »Alarmiert wurden wir durch die Ereignisse in Atlantis. Alle Rettungssaurier der Welt hatten sich in den letzten Tagen über der Stadt versammelt, weil eine große Katastrophe bevorzustehen schien. Es knisterte nur so von Gefahr. Wir dachten eigentlich, daß die Stadt versinken würde. Statt dessen stieg sie auf.«
    Mac krächzte immer lauter, um das Gurgeln des Wirbels zu übertönen. Ich hätte mir seinen Vortrag lieber auf seinem Rücken angehört, hoch in den Lüften.
    »Wir brauchten überhaupt nichts zu tun. Nicht eine einzige Person fiel vom Rand der Stadt, keiner sprang aus Angst oder Übermut. Wer immer das organisiert hat, er hat ganze Arbeit geleistet.«
    »Das waren die Unsichtbaren Leute. Hör mal zu, Mac, wir sollten jetzt vielleicht...«
    »Also suchten wir noch ein bißchen das Meer ab nach eventuellen Opfern der Flutwelle, die in das Loch gestürzt ist, das Atlantis hinterlassen hat. Aber da war nur dieser verrückte Nachtigaller auf dieser irren Maschine. Er sah aus, als wollte er ein Derby gewinnen. Er schrie immer wieder was von ›Moloch‹ und ›nordöstliche Richtung‹. Also sind wir hierhergeflogen.«
    Jede Schweißnaht der Moloch ächzte, Schrauben pfiffen wie Geschosse durch die Luft. Das Schiff stand jetzt genau auf der Kippe, jeden Augenblick würde es bugüber nach vorne stürzen. Groot und Zille waren längst weg. Mac und ich waren die letzten an Bord.
    »Äh, Mac, nichts für ungut, aber wir sollten jetzt vielleicht mal langsam ...«
    »Sicher, mein Junge. Steig auf meinen Rücken.« Mac drehte sich herum, damit ich auf seinen Rücken klettern konnte. In diesem Augenblick stieß mich etwas von hinten zur Seite. Ich stürzte gegen die Reling, stieß mir den Kopf und blieb einen Augenblick leicht benommen und verdattert liegen. Eine häßliche Kreatur sprang auf Macs Rücken.
    Es war der Stollentroll.
    Bevor ich etwas sagen konnte, hatte Mac sich abgestoßen und in die Lüfte erhoben. Mit mächtigem Schwingenschlag flog er davon, während der Stollentroll mir freundlich zuwinkte. Dann verschluckte sie die Qualmwolke.
    Die Moloch stürzte in den Malmstrom.
    Fassen wir also mal zusammen: Alle Besatzungsmitglieder der Moloch waren gerettet, bis auf euren bedauernswerten Erzähler. Jeder einzelne Rettungssaurier war mit einem oder mehreren Yetis, Wolpertingern oder sonstweichen Kreaturen ausgelastet. Auf Macs Rücken saß der Stollentroll, und aus meiner Zeit als Lügengladiator wußte ich um dessen Fähigkeiten, Stimmen zu imitieren. Es würde für ihn ein leichtes sein, Mac für die Dauer des Fluges davon zu überzeugen, daß er mich auf dem Rücken trägt. Aus der Richtung war also keine Hilfe zu erwarten.
    Als Sturz ist der Vorgang, der jetzt einsetzte, nicht korrekt umschrieben. Die Moloch war zwar kopfüber gekippt, wurde aber immer noch von den Wassermassen gehalten und jetzt vom Strudel nach unten gezogen. Das Schiff drehte sich in einer riesigen Spirale mit dem Strudel nach unten.
    Das geschah wegen der Größenverhältnisse der Moloch und der Strudels so langsam, daß mir Zeit blieb, mir ein paar abschließende Gedanken über das Leben und das Schicksal zu machen.
    Mir erschien mein Schicksal als gerecht.
    Ich hatte die Ereignisse in Gang gebracht, ich hatte das Zamomin zerstört und das Schiff damit, wenn auch ahnungslos, in den Untergang geschickt. Ich hatte die Verantwortung übernommen, war sozusagen der neue Kapitän der Moloch geworden. Als solcher hatte ich mit ihr unterzugehen, das war Seemannsbrauch. Ich klammerte mich an die Reling und versuchte meinem Ende ins Gesicht zu sehen. Dieses Ende sah aus, wie ich mir eins von diesen schwarzen Löchern vorstellte, die Professor Nachtigaller mit seinem Nachtigallerator in den Himmel geschnitten hatte. Ich holte tief Luft.
    Ein unangenehmer Geruch stach mir dabei in die Nase.
    Es war ein gleichsam vertrauter wie fremder Geruch, so konzentriert, wie ich ihn noch nie gerochen hatte. Es roch nach Gennf.
    Ich weiß, daß dies der unpassendste aller Augenblicke dafür war, aber ich wollte endlich wissen, was Gennf war. Eher wollte ich nicht sterben.

    Aus dem
»Lexikon der erklärungsbedürftigen Wunder,
Daseinsformen und Phänomene Zamoniens
und Umgebung«
von Prof. Dr. Abdul Nachtigaller
    Gennf, das: Faulgas, das von -> Zeitschnecken ausgeschieden wird. Eines der gro´ßen Mysterien des Universums ist die Frage, wohin die Zeit verschwindet. Jeder erlebt täglich das Vergehen der Zeit. Sekunden, Minuten, Stunden,
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