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Diamantenraub

Diamantenraub

Titel: Diamantenraub
Autoren: Charlotte Link
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überraschender Kuss sprachen eindeutig dafür, doch dann hatte sie plötzlich nichts mehr von ihm wissen wollen. Es war das erste Mal gewesen, dass Bernd mit einem Mädchen in Kontakt gekommen war, und gegen seinen Willen spürte er, dass es ihm nähergegangen war, als er sich anfangs hatte eingestehen wollen. Für seine Eltern war auch dies ein klarer Fall gewesen: Sie hatten sich über die unverhoffte kleine Romanze gefreut, doch nicht etwa deshalb, weil es schön war für ihren Sohn, sondern einzig und allein aus dem Grund, dass Bernd nun freien Eintritt zur Krankenstation hatte.
    »Altes Trampel«, schimpfte seine Mutter, als er ihr von Kathrins eindeutiger Abfuhr berichtete, »du wirst es nie lernen, wie man Frauen anzupacken hat!«
    Ja, und nun saßen sie im Auto auf der Flucht. Der Plan hatte nicht geklappt, und hinten im Kofferraum lag Pat. Vermutlich hatte sie starke Schmerzen, denn der Schlag auf ihren Kopf war nicht gerade sanft gewesen.
    Bernd wurde jäh aus seinen Gedanken gerissen, als das Auto plötzlich besonders heftig zu schlingern begann. Herr Niederhuber versuchte verzweifelt, entgegenzulenken, doch die Räder reagierten nicht. Langsam, fast im Zeitlupentempo, glitt der Wagen in den Graben hinab.
    »Verdammtes Eis!«, fluchte Herr Niederhuber und schaltete den Motor ab. »Jetzt hängen wir fest.«
    Seine Frau stützte den Kopf in die Hände. »Das musste ja geschehen! Mein Gott, was sollen wir nur tun?« Ihr Gesicht war rot gefleckt vor Aufregung. »Allein kommen wir hier nicht mehr raus. - Und selbst wenn uns irgendjemand hilft, wie erklären wir dann, dass in unserem Kofferraum ein fremdes Mädchen liegt?«
    Die anderen beiden erwiderten nichts.
    Bernd kletterte aus dem Auto und ging zum Kofferraum. Sein Vater folgte ihm. Er drehte den Schlüssel um und klappte den Deckel hoch. Innen lag Pat, zusammengerollt wie eine Katze. Sie blinzelte, als das helle Licht in ihre Augen fiel. Sie begriff schnell, dass das Auto in einen Graben gerutscht war, und mit einem Male war sie hellwach. Das würde ihre Chance zur Flucht sein!
    Herr Niederhuber packte sie unsanft am Arm. »Steig aus«, kommandierte er, »und versuch ja nicht, mich reinzulegen. Du wirst jetzt schön fleißig mit anpacken, wenn wir die Karre auf den Weg zurückschieben.«
    Er griff in seine Tasche, und zu Pats Entsetzen zog er ein Klappmesser daraus hervor. »Damit wir uns verstehen«, fügte er hinzu. Pat nickte. An eine Flucht war also nicht zu denken. Mühsam krabbelte sie aus dem Kofferraum. Ihre Glieder schmerzten von der unbequemen Haltung.
    »Los!«, rief Herr Niederhuber und kniff Pat in den Oberarm, sodass sie leise aufstöhnte. »Nur keine Müdigkeit vortäuschen, zum Schlafen hattest du genügend Zeit!« Bernds Mutter setzte sich ans Lenkrad, die anderen begannen mit vereinten Kräften zu schieben. Pat spürte, wie ihr der Schweiß den Rücken hinunterlief. Ihr Atem ging schwer, und ihr Kopf fühlte sich an, als würde er jeden Moment zerspringen. Neben ihr keuchte Bernd, auf der anderen Seite Herr Niederhuber, das Messer stets griffbereit in der linken Hosentasche. Trotz aller Mühe gelang es ihnen jedoch nicht, den Wagen auch nur ein Stückchen vorwärtszubewegen, geschweige denn, auf den Weg hinaufzuhieven.
    »Es hat keinen Sinn«, meinte Herr Niederhuber nach einer Weile und wischte sich den Schweiß von der Stirn, »allein schaffen wir es nicht.«
    »Warum holen wir nicht jemanden zu Hilfe?«, fragte Bernd schüchtern. »Ich glaube, das nächste Dorf ist gar nicht so weit ...«
    Noch ehe seine Eltern etwas erwidern konnten, wurde in der Ferne Motorengeräusch laut, das immer näher kam.
    Herr Niederhuber zückte sofort sein Messer. »Ich warne dich«, wandte er sich an Pat, »du gibst keinen Muckser von dir!«
    Er trat auf die Straße und blickte angestrengt in die Ferne. Und wirklich sah er ein Fahrzeug, das langsam näher kam.

    In der Eulenburg hatte man sich zum allgemeinen Kaffeetrinken niedergelassen. Es gab Unmengen von Torten und Kuchen, dazu Tee, Kaffee und Kakao. Nachdem nun alle Aufregung und Sorge um das Reitabzeichen ausgestanden waren, futterten Eltern, Lehrer und Kinder vergnügt drauflos. Die Einzigen, die sich noch ein wenig zurückhielten und an der allgemeinen Heiterkeit nicht teilnahmen, waren Sabine und Steffi. Sabine war ohnehin sehr bedrückt, weil sie in der Prüfung solches Pech gehabt hatte, und außerdem fürchteten sie beide, Frau Andresen werde jeden Moment ihre Drohung wahrmachen und den
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