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Dhampir

Dhampir

Titel: Dhampir
Autoren: B Hendee
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ihrer Heimat. Mit einem seltsamen Gedanken blickte Chane zur Seite, zu Welstiel.
    Er wusste kaum etwas über Welstiels Vergangenheit, aber gewisse Bemerkungen, die er dann und wann gemacht hatte, deuteten darauf hin, dass er weit herumgekommen war. Wie konnte er über eine Verbindung zur Gilde der Weisen auf einem fernen Kontinent verfügen, ohne ihre Sprache zu sprechen?
    » Géorn-metade «, sagte Chane.
    »Gut begegnet? Wie meinst du das?« Welstiel trat näher. »Wo hast du diesen Gruß gehört?«
    Chane ging nicht auf die Frage ein. »Du bist im numanischen Land gereist?«
    Welstiel verlor das Interesse und griff nach dem Zaum seines Pferdes. »Das weißt du sehr wohl.«
    »Du beherrschst das Numanische?«
    »Natürlich.«
    »Sprichst du die Sprache fließend?«
    Welstiel hielt den Zaum und drehte sich halb zu Chane um. »Wie kommst du darauf?«
    Chane hob den Sattel auf sein Pferd. »Lehr mich das Numanische, während wir unterwegs sind. Wenn ich die Gilde der Weisen in jenem Land aufsuchen möchte, sollte ich mich in ihrer Sprache verständigen können.«
    Größere Schneeflocken fielen, und der Wind wurde stärker. Welstiel starrte in die sich verdichtende Dunkelheit der Nacht und nickte schließlich.
    »Es vertreibt die Zeit. Aber sei gewarnt: Die Konjugationen sind oft unregelmäßig, und die Redewendunge n … «
    Er unterbrach sich, als sich Chane plötzlich nach links wandte, den Kopf hob und schnupperte.
    »Was ist?«, fragte Welstiel.
    »Ich rieche Leben.«
    Chap lief langsam durch die Höhle, den Blick in die finsteren Höhen gerichtet. Er witterte etwas.
    Es roch wie ein Vogel, und doch auf eine Weise anders, die er nicht zu identifizieren vermochte.
    Vielleicht ein Falke oder ein Adler, der hier vor dem Schneesturm Zuflucht gesucht hatte. Das Licht des Kristalls reichte nicht weit genug nach oben, dass er in die dunklen Löcher hätte sehen können. Als er sich der gegenüberliegenden Wand näherte, hob er den Kopf und schaute erneut empor.
    Etwas surrte durch die Höhle.
    Ein Pfeil schlug vor ihm gegen die Felswand und fiel zu Boden.
    Chap wich zurück, drehte sich um und hielt nach dem Schützen Ausschau. Er richtete die Ohren auf, stand zum Sprung bereit und wollte eine Warnung bellen, als er ein weiteres Geräusch hörte, diesmal hoch oben auf der rechten Seite.
    Etwas Weiches strich dort über das Felsgestein, gefolgt von einem hölzernen Kratzen. Dann war wieder alles still.
    Chap knurrte.
    »Komm zurück«, erklang Leesils gedämpfte Stimme.
    Chap blieb stehen, hörte aber nichts mehr. Was auch immer sich dort oben verbarg und ihn während des Schneesturms gerufen hatt e – es blieb in der Finsternis verborgen. Und inzwischen glaubte er nicht mehr an einen Zusammenhang mit den Seinen.
    Langsam näherte er sich der Felswand und beschnüffelte den kleinen, schlichten Pfeil.
    Der seltsame Vogelgeruch haftete ihm an und ging insbesondere von den grauen, gefleckten Federn am gekerbten Ende aus. Der Schaft war nicht länger als Chaps Kopf und einfach nur zugespitz t – er wies keine Spitze aus Metall auf. Chap nahm ihn mit den Zähnen, und das helle Holz war härter als erwartet. Es hatte einen vagen süßlichen Geschmack, vergleichbar mit dem Aroma von Jasmin, und hinzu kam eine Andeutung von Zimt, die ihn an den Gewürztee erinnerte, den Magiere im Seelöwen, ihrer Taverne, serviert hatte.
    Erinnerungen. Wie seltsam die Dinge waren, die ihm einfiele n – und die anderen, an die er sich nicht erinnern konnte. Dinge, die ihm bei den Feen bekannt gewesen sein mussten.
    Einmal mehr sah Chap zur Höhlendecke hoch. Instinkt und Intellekt teilten ihm mit, dass wahrscheinlich keine Gefahr bestand, solange sie ihren verborgenen Wohltäter in Ruhe ließen. Andererseits: Die Vorstellung, dass ein Unbekannter sie aus dem Dunkeln beobachtete, gefiel ihm nicht sonderlich.
    Mit dem kleinen Pfeil zwischen den Zähnen lief Chap zu den anderen zurück. Er ließ ihn vor den Decken und Mänteln fallen und wollte Leesil mit der Schnauze anstoßen.
    Wynn drehte den Kopf und öffnete halb die Augen. Chap trat so nahe wie möglich heran und schnüffelte an der Hand, die er bei dem Versuch verletzt hatte, die junge Weise zu retten.
    Im schwächer werdenden Licht des Kristalls auf der Truhe sah er in Wynns rundes Gesicht. Unbeholfen legte sie ihm die Hand auf den Kopf. Die Finger strichen ihm über Ohr und Schnauze, und dann sank Wynns Hand auf die Decke zurück, als sich ihre Augen wieder schlossen.
    »Es ist alles in
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