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Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition)

Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition)

Titel: Dhampir: Vergessene Zeit (German Edition)
Autoren: Barb J. C. Hendee
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Symbole der Weisen lesen kann?«, fragte Shilwise. »Nein, das wissen nicht einmal meine eigenen Schreiber. Und so wie Ihr meinen Laden zugerichtet habt … « Bei diesem Wort lag ein Hauch von Bitterkeit in Shilwises Stimme. »Niemand käme auf den Gedanken, dass ausgerechnet ich Euch geholfen habe.«
    Die schwarze Gestalt schwebte näherte. Shilwise wich rasch beiseite.
    Der Fremde kam zum Tisch, und dort neigte sich die große schwarze Kapuze nach vorn, den Pergamenten entgegen. In schwarzen Stoff gehüllte Hände schlossen sich um die Tischkante.
    Für einen Moment glaubte Shilwise, das Holz des Tisches durch die Hände zu sehen.
    Die schwarze Gestalt zitterte und wurde durchsichtig.
    »Ist alles in Ordnung mit Euch?«, fragte Shilwise.
    Der Fremde ging nicht auf die Frage ein. »Sind alle hier?«, fragte er und sah noch immer auf die Pergamente hinab.
    Shilwise nickte. »Alle von mir angefertigten zusätzlichen Kopien, in unverschlüsselter Sprache. Kopien sowohl der Unterlagen, die mein Skriptorium bekam, als auch jener Texte, die Ihr in Euren Besitz gebracht habt.«
    »Und was ist mit der Reisenden?«
    »Ich weiß nicht«, sagte Shilwise. »Ich habe nichts gehört. Ihr habt mich ja erst vor zwei Tagen aufgefordert, sie zu beobachten.«
    »Hat dein Spion etwas Nützliches herausgefunden? Wo befinden sich die Originale der Texte?«
    »Es gibt nur Gerüchte, Ehrfürchtiger.«
    »Welche Gerüchte?«
    »Sie betreffen Zwerge«, sagte Shilwise. »Besucher, die dann und wann auf dem Gildengelände gesehen wurden, dunkelgrau oder schwarz gekleidet. Niemand sah sie kommen oder gehen; sie waren einfach da. Aber jetzt, da nur Pawl a’Seatt für die Gilde arbeitet … Ich weiß nicht, wie ich vorgehen soll.«
    Die schwarze Gestalt schien in sich zusammenzusacken, und eine Hand sank in den Tisch. Dann richtete sie sich wieder auf.
    »Ehrfürchtiger?«, fragte Shilwise unsicher.
    »Nein, du kannst nicht mehr tun.«
    Die Hand, die in den Tisch gesunken war, kam nach oben.
    Shilwise beobachtete, wie die schwarze Gestalt ihre Hand vor die Kapuze hob. Sie schien sich darauf zu konzentrieren, woraufhin die Finger wieder undurchsichtig wurden. Die Hand, nun wieder fest geworden, sank dem Tisch entgegen, doch bevor sie ihn berührte … Plötzlich schoss sie auf Shilwise zu und packte ihn an der Kehle.
    Das Gesicht des Meisterschreibers wurde zu einer Fratze, und die Augen traten ihm aus den Höhlen.
    Nur ein Röcheln kam aus seinem Mund, und dann brachte er keinen Ton mehr hervor. Verzweifelt versuchte er, die Hand von seinem Hals zu lösen, aber für seine Finger schien sie gar nicht zu existieren – sie glitten einfach hindurch.
    Es war niemand da, der beobachten konnte, wie die Farbe aus Haut und Haar wich, und selbst aus den Augen. Niemand sah, wie die schwarze Gestalt fester zu werden schien, als sie Shilwises Lebenskraft aufnahm. Schließlich nahm sie die Hand von der Kehle des Menschen, der sofort zu Boden fiel.
    Shilwise zuckte noch einmal und blieb dann still liegen.
    Der dunkle Fremde bewegte die Finger, die jetzt einen völlig festen Eindruck machten.
    Ein Zischen ging durchs Zimmer, und seltsame Erleichterung lag darin. Die Hand griff nach den Pergamenten und drehte sie vorsichtig, eins nach dem anderen. Kurze Zeit später gab die schwarze Gestalt ein Geräusch von sich, das enttäuscht klang. Was sie suchte, war nicht da. Es gab nur Namen, von denen niemand erfahren sollte …
    Jeyretan, Fäzabid, Memaneh, Creif, Uhmgadâ …
    Die Kapuze der schwarzen Gestalt wandte sich dem bleichen Toten auf dem Boden zu. Sein Helfer durfte nicht in diesem Zustand gefunden werden. Stadtwache und Königliche glaubten, dass der »Weisenmörder« erledigt war, und er sollte besser tot bleiben – die in diesen Worten zum Ausdruck kommende ironische Doppeldeutigkeit berührte die Gestalt nicht. Niemand sollte erfahren, dass sie noch existierte, denn sie musste die junge Reisende finden, die selbst bei ihrer eigenen Gilde als Außenseiterin galt. Wynn Hygeorht, so ihr Name, konnte sie zu den Originaltexten führen und ihr vielleicht zeigen, was dies alles mit »Zwergen« zu tun hatte.
    Die dunkle Gestalt griff nach der Öllampe auf dem Tisch, doch weitere Namen auf den Seiten ließen sie innehalten.
    Li’kän … Volyno und Häs’saun … Vespana und Ga’hetman …
    Die Gestalt nahm die Lampe und warf sie neben der Leiche auf den Boden.
    Dann drehte sie die letzten Seiten und nahm den Stapel, als sich Flammen auf den Holzdielen
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