Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dhalgren

Dhalgren

Titel: Dhalgren
Autoren: Samuel R Delany
Vom Netzwerk:
den Eingang.
    »Komisch«, sagte Tak. Sie gingen zwischen ihnen hindurch. »Du siehst einen Ort, von dem sie sagen, daß Frauen da nachts besser nicht hingehen, wegen all dieser schrecklichen, bösen Männer, die dort lauern, um ihnen böse, schreckliche Dinge anzutun, und weißt du, was du findest?«
    »Schwule.«
    Tak sah sich um, zog den Mützenschirm herab. »Yeah.«
    Dunkel umhüllte sie, verwies sie auf den Weg.
    Die Dunkelheit dieser Stadt und ihr Gestank haben nichts Sicheres. Nun, ich habe alle Sicherheitsansprüche aufgegeben, als ich herkam. Es ist besser, darüber so zu reden, als hätte ich es mir
    ausgesucht. Das hält den Schein der Vernunft vor dieser schrecklichen Szene aufrecht.
    »Warum warst du im Gefängnis?«
    »Sittliches Vergehen,« sagte Tak.
    Er war nun ein paar Schritte hinter Loufer. Der Weg, der betoniert begonnen hatte, war nun Schmutz. Blätter wehten ihn an. Dreimal hatte sein nackter Fuß Wurzeln berührt; einmal schabte sein frei schwingender Arm an Borke.
    »Ehrlich«, warf Tak durch die Dunkelheit zwischen ihnen zurück, »ich wurde freigesprochen. War die Situation, glaube ich. Mein Anwalt meinte, es sei besser, neunzig Tage lang im Gefängnis zu bleiben ohne Kautionshinterlegung, wie bei einem Urteil wegen eines Vergehens. Irgendwas war in den Akten verlorengegangen. Dann vor Gericht brachte er alles vor, und die Anklage wurde abgeändert in Erregung öffentlichen Ärgernisses. Ich hatte meine Strafe schon abgesessen«. Reißverschlußklirren verriet, daß er die Schultern hob. »Wenn man es so betrachtet, hat alles geklappt. Sieh mal.«
    Die Kohleschwärze der Blätter wurde weniger dicht und ließ die Normalfarbe einer Nacht in der Stadt durch.
    »Wo?« Sie waren unter Bäumen und hohem Gebüsch stehengeblieben.
    »Still! Da . . .«
    Seine Wolle ließ Taks Leder verstummen. Er flüsterte: »Wo . . .?«
    Plötzlich kam leuchtend und künstlich ein sieben Fuß großer Drache um die Ecke, gefolgt von einer ebenso großen Grille und einem Greif. Sie schwabbelten wie elegante, von innen beleuchtete Skulpturen vorbei. Als sich der Drachen und die Grille einander zuwandten - verschmolzen sie sich!
    Er dachte an verzerrte Bilder auf einer Kinoleinwand, die ineinanderliefen.
    »Skorpione«, flüsterte Tak.
    Seine Schulter stieß ihn an.
    Seine Hand lag an einem Baumstamm. Schatten von Zweigen webten Muster auf seinen Unterarm, den Handrücken, die Borke. Die Gestalten kamen näher; das Netz zerriß. Die Wesen gingen vorbei, das Netz glitt weg. Er merkte, daß sie so unruhig waren wie Bilder auf dreidimensionalen Postkarten - mit den gleichen Streifen, die wie eine Wand vor ihnen oder hinter ihnen hingen.
    Der Greif, weit hinten, flackerte.
    Ein magerer Junge mit pickeligen Schultern mitten in einem vorsichtigen, o-beinigen Schritt - dann wieder Greif. (Eine Erinnerung an struppiges, gelbes Haar, Hände; die sich von den sommersprossigen Hüftknochen abspreizten.)
    Die Grille schwang sich herum, blickte zurück und verlöschte für einen Moment.
    Dieser trug wenigstens ein paar Kleider - ein brauner, brutal aussehender Junge; die Ketten, die er als Halsband trug, rasselten unter seiner Handfläche, während er abwesend seine Brust streichelte.
    »Komm, Baby, setz deinen Arsch in Bewegung!« kam es von der Grille.
    »Scheiße, denkt ihr, daß sie da sind?« vom Greif.
    »Klar. Sie müssen da sein.« Man hätte die Stimme des Drachens leicht für die eines Mannes halten können, und sie klang schwarz.
    Er blickte wie gebannt vor Erstaunen und Verwirrung auf die Monster und hörte ihrem Gerede zu.
    »Wenn sie schlau sind!« Unsichtbare Ketten rasselten.
    Der Greif flackerte noch einmal: Pockige Gesäßbacken und schmutzige Fersen verschwanden hinter leuchtenden Linien.
    »Hey, Baby, und wenn sie nicht da sind?«
    »Oh, Scheiße, Adam . . .?«
    »Jetzt weißt du, Adam, daß sie da sein werden«, versicherte der Drachen.
    »Yeah? Wie soll ich das wissen? Oh, Drachenlady, Drachenlady! Du haust mich um!«
    »Kommt. Und ihr beiden haltet die Schnauze, Huh?«
    Sie schwangen aufeinander zu und entfernten sich wieder voneinander, während sie um die nächste Ecke bogen.
    Jetzt konnte er seine Hand absolut nicht mehr sehen, und er ließ den Baumstamm los. »Was . . . was ist das?«
    »Sagte ich doch: Skorpione. Eine Art Gang. Vielleicht auch mehr als eine Gang. Ich weiß es nicht genau. Nach einer Zeitlang mag man sie ganz gern, wenn man weiß, wie man ihnen aus dem Weg geht. Wenn nicht . . . nun,
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher