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DGB 06 - Gefallene Engel

DGB 06 - Gefallene Engel

Titel: DGB 06 - Gefallene Engel
Autoren: Mitchel Scanlon
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weigerte sich, sein Selbstbewusstsein von diesen
verwirrenden Umständen unterhöhlen zu lassen. Es war unwichtig, dass er nichts
sah und man ihn gefesselt hatte, und auch das Messer, das an seine Kehle
gehalten wurde, kümmerte ihn nicht.
    Er würde diese Prüfung
bestehen. Er hatte es bis hierher geschafft, da würde er nicht an dieser
letzten Hürde scheitern.
    »Das ist Zeitverschwendung«,
erklärte die dritte Stimme. »Habt ihr gehört? Wir vergeuden hier unsere Zeit. Dieser
Knabe wird niemals ein Ritter werden. Es ist unwichtig, was seine Meister
sagen, denn er hat nicht das Zeug dazu. Ich habe für so etwas einen sechsten Sinn.
Ich sage, wir schneiden ihm die Kehle durch, dann haben wir unsere Ruhe. Wir
können uns immer noch einen neuen Kandidaten suchen, der Ritter werden will, einen,
der diese Ehre mehr verdient hat.«
    Die Fragen des dritten Mannes
waren immer die schwierigsten.
    Die meiste Zeit über jedoch
stellte der ihm gar keine Fragen, sondern gab abfällige Bemerkungen von sich,
als wolle er ihn vor den anderen schlechtmachen. Während die beiden anderen
keine Reaktion zeigten, sobald er eine Frage richtig beantwortet hatte, kamen von
dem dritten Mann stets diffamierende oder sarkastische Äußerungen.
    Mehr als einmal bezichtigte er
Zahariel, ein Theoretiker zu sein, aber kein Mann der Tat.
    Er warf ihm vor, es mangele ihm
an Durchhaltevermögen, und er unterstellte, es fehle ihm an der wahren inneren
Entschlossenheit, die man benötigte, um Ritter zu werden. Wieder und wieder
versuchte er seine Kollegen davon zu überzeugen, dass Zahariel nicht das besaß,
wonach sie suchten.
    »Er wird Schande über unseren
Orden bringen«, warf die dritte Stimme ein, als es zu einem besonders hitzigen
Wortgefecht mit den anderen gekommen war. »Er wird uns alle in Verlegenheit
bringen. Er ist nutzlos. Wir müssen rigoros sein, denn ein schwacher Stein
genügt, um ein ganzes Gebäude zum Einsturz zu bringen. Es wäre das Beste, wenn
wir ihn hier und jetzt töten, anstatt das Risiko einzugehen, dass er am Ende
noch uns vernichtet. Er hätte schon bei seiner Geburt ertränkt werden sollen.«
    »Das geht zu weit«, sagte die
erste Stimme, die zu dem Mann gehörte, der das Messer an Zahariels Kehle drückte.
»Du spielst deine Rolle, Bruder, aber das geht nun zu weit. Dieser junge Mann
hier hat nichts getan, um mit solcher Herablassung behandelt zu werden. Du gehst
viel zu grob mit ihm um. Er hat bewiesen, dass er würdig ist, weiter mit uns zu
trainieren.«
    »Er ist würdig«, stimmte Lord
Cypher ihm zu.
    »Er hat die Prüfung bestanden.
Er hat jede Frage beantwortet, und ich entscheide mich zu seinen Gunsten.«
    »Ich ebenfalls«, sagte die
erste Stimme.
    »Und was ist mit dir, Bruder?
Konnte er dich überzeugen? Wirst du zu einem einstimmigen Urteil beitragen?«
    »Ja, das werde ich«, erklärte
der dritte Sprecher nach schier unendlich langem Zögern. »Ich habe meine Rolle gespielt,
aber ich habe von Anfang an nicht an ihm gezweifelt. Er ist würdig. Ich stimme
zu seinen Gunsten.«
    »Dann ist es entschieden«,
verkündete Lord Cypher. »Wir werden ihm den Eid abnehmen. Aber nachdem er so
lange Zeit in der Dunkelheit verbracht hat, soll er erst einmal ins Licht
zurückkehren.«
    »Mach die Augen zu«, forderte
ihn die erste Stimme auf, während die Klinge weggenommen wurde.
    Jemand zog ihm den Stoffsack
vom Kopf. »Warte einen Moment, bevor du die Augen wieder öffnest. Nachdem du so
lange im Dunkeln zugebracht hast, könnte das Licht dich blenden.«
    Schließlich öffnete er die
Augen einen Spalt und sah die Männer, die ihn verhört hatten. Zunächst nahm er nur
verschwommene Konturen wahr, da das grelle Licht in seinen Augen stach, doch
allmählich konnte er wieder besser sehen, und aus den undeutlichen Umrissen zeichneten
sich Gestalten und Gesichter ab.
    Ringsum sah er einen Kreis aus
Rittern, die Gewänder mit Kapuzen auf dem Kopf trugen. Mehrere von ihnen
hielten Fackeln hoch. Als die Fesseln an seinen Händen durchtrennt wurden, hob
er den Kopf und sah deutlich die Gesichter der drei Männer, die ihn mit Fragen
überschüttet hatten.
    Wie vermutet, war einer von
ihnen Lord Cypher, ein alter Mann, von dem viele junge Anwärter der Meinung waren,
dass er seinen Zenit schon vor langer Zeit überschritten hatte.
    Lord Cypher blinzelte ihn an,
da seine Augen längst im Begriff waren, vor den Katarakten zu kapitulieren. Die
beiden anderen Männer waren weitaus beeindruckender als Cypher. Auf der einen
Seite
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