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DGB 06 - Gefallene Engel

DGB 06 - Gefallene Engel

Titel: DGB 06 - Gefallene Engel
Autoren: Mitchel Scanlon
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Mittelpunkt
der Spirale erreicht und zeigte mit einer ausholenden Geste seines Stabs auf
die ihn umgebenden Linien. »Sieh dir die Muster zu deinen Füßen an. Dieser Saal
existiert seit der Gründung des Klosters von Aldurukh. Du kannst erkennen, wie
glatt die Ränder der Spirale an manchen Stellen sind, da Tausende von Kriegern
diesem Weg gefolgt sind, den sie vorgibt. Aber was ist die Spirale, Zahariel?
Was siehst du hier?«
    »Ich sehe Angriff und
Verteidigung«, antwortete er. »Sie ist der Pfad zur Vortrefflichkeit und zum
Sieg über meine Feinde.«
    »Angriff und Verteidigung?«
Meister Ramiel nickte nachdenklich, als lasse er sich diese Worte durch den Kopf
gehen. »An sich eine gute Antwort, die eines Kriegers würdig ist. Aber ein
Ritter muss mehr sein als nur ein Krieger. Er muss der Wächter und Führer
unseres Volks sein, das er gegen alle Feinde zu verteidigen hat, und zwar nicht
nur menschliche, sondern auch tierische Feinde. Doch es genügt nicht, unser
Volk vor den Bestien oder vor räuberischen Kriegsherrn oder Banditen zu
beschützen. Der Weg zur Vortrefflichkeit ist viel steiler und steiniger, denn
wir müssen versuchen, die Bevölkerung von Caliban vor jedweder Bedrohung zu
bewahren, die sie ereilen kann. Wir müssen unser Bestes geben, um sie vor
Hunger und Habgier zu schützen, vor Krankheiten und Unterernährung, vor Leid
und Entbehrungen. Letztlich ist es eine unlösbare Aufgabe, das kann ich dir
versichern. Immer wird irgendjemand leiden, immer wird es jemandem an etwas
mangeln. Aber solange dieser Orden existiert, werden wir danach streben, diese
Übel auszumerzen. Der Maßstab für unseren Erfolg richtet sich in diesem Fall
nicht so sehr danach, ob wir die Schlacht gewinnen, sondern danach, dass wir
überhaupt zum Kämpfen bereit sind. Verstehst du das?«
    »Ich glaube schon, Meister.
Aber ich weiß nicht, was das mit der Spirale zu tun hat.«
    »Die Spirale ist ein uraltes
Symbol«, erläuterte Meister Ramiel.
    »Man sagt, sie wurde als Gravur
auf einigen der ältesten Gräber der Menschheit entdeckt. Sie steht für die
Reise, die wir im Leben unternehmen. Du bist noch jung, Zahariel, daher ist
deine Erfahrung in diesen Dingen begrenzt. Aber ich werde dir ein Geheimnis
verraten, das sich jedem Menschen offenbart, wenn er älter wird. Unser Leben
wiederholt sich immer wieder. Ständig sehen wir uns mit den gleichen Konflikten
konfrontiert, wir greifen zu den gleichen Maßnahmen und machen die gleichen
Fehler. Es ist so, als würde unser Leben um einen festen Punkt kreisen, so dass
sich von der Geburt bis zum Tod andauernd ähnliche Muster wiederholen. Manche
bezeichnen das als die > ewige Rückkehr <. Was für den Einzelnen
gilt, trifft natürlich auch auf die Menschheit als Ganzes zu. Man muss sich nur
die Geschichte ansehen, und schon wird man feststellen, dass die Wiederholung
immer gleicher Fehler keinesfalls eine Dummheit ist, die nur Individuen
begehen. Ganze Kulturen und Nationen verhalten sich genauso. Wir sollten es
eigentlich besser wissen, aber aus irgendeinem Grund tun wir das eben nicht.«
    »Wenn es stimmt, dass die
Spirale für unser Leben steht, wohin führt sie dann?«, wollte Zahariel wissen und
betrachtete das Muster auf dem Fußboden. »Die Spirale nimmt niemals ein Ende. Überall
dort, wo die Linien enden sollten, kehren sie sich in sich selbst um und
schaffen so ein sich wiederholendes Muster.«
    »Woran erinnert dich das?«,
fragte Ramiel.
    Zahariel legte den Kopf schräg.
    »An eine Schlange, die sich
selbst in den Schwanz beißt.«
    »Ein altes Symbol«, betonte
Ramiel.
    »Eines der ältesten überhaupt.«
    »Und was bedeutet es?«
    »Es steht für Wiedergeburt und
Erneuerung«, erklärte der Meister. »Ein Symbol für Neuanfang und
Unsterblichkeit.«
    Zahariel nickte, auch wenn sich
seinem Verstand größtenteils entzog, was Ramiel ihm vermitteln wollte. »Wenn Sie
sagen, dass sich unser Leben immer wiederholt, ist das dann nicht das Gleiche
wie das, was religiöse Eiferer lehren? Die sagen auch, dass unser Geist nach
dem Tod in einem anderen Körper wiedergeboren wird. Und sie reden ebenfalls von
einer Spirale. Sie sagen, diese Spirale existiert in der Unterwelt, und indem
wir sie betreten, wählen wir den Weg unserer Wiedergeburt. Ist das wahr?«
    »Ich weiß es nicht«, antwortete
Meister Ramiel ehrlich.
    Als er Zahariels Miene
bemerkte, musste er wieder lächeln.
    »Schau nicht so entsetzt drein,
Zahariel. Ich weiß, bei den Anwärtern herrscht allgemein die
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