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DGB 06 - Gefallene Engel

DGB 06 - Gefallene Engel

Titel: DGB 06 - Gefallene Engel
Autoren: Mitchel Scanlon
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Ansicht, ihre
Meister seien ein unerschöpflicher Quell der Weisheit und des Wissens, aber
auch mein Wissen hat Grenzen. Ich kann mich nur zu den Pfaden äußern, auf denen
wir uns zu Lebzeiten bewegen. Was dagegen nach dem Tod geschieht ... wer soll
dazu schon etwas sagen können? Der Tod ist ein unlösbares Mysterium. Niemand
ist jemals von dort zurückgekehrt, zumindest ist mir davon nichts bekannt. Wie
will also jemand etwas darüber sagen, was dort geschieht? Sind wir nur eine
Ansammlung physikalischer Prozesse, die mit der Geburt beginnen und mit dem Tod
enden? Oder sind wir mehr als das? Zeig mir den Mann, der behauptet, die Antworten
darauf zu wissen, und ich werde dir einen Lügner zeigen.« Ohne auf eine
Erwiderung zu warten, fuhr Meister Ramiel fort: »Wir schweifen allerdings ab.
Ich habe dich herbestellt, weil ich auf den Symbolismus eingehen möchte, der
einigen Traditionen zugrunde liegt. Ich sagte dir bereits, ich kann dir nicht
zu viel über deine anstehende Einführungszeremonie verraten. Es wäre unziemlich
von mir, das zu tun. Ich halte es für besser, du erlebst die Zeremonie völlig
unvoreingenommen. Du sollst nur ein Gefühl dafür bekommen, dass den äußeren
Umständen dieser Zeremonie, dem Ritual und seiner Kleidung eine Bedeutung
zukommt, die weit über die Handlungen selbst hinausgeht. All diese Dinge besitzen
eine symbolische Bedeutung. Vergiss niemals, dass dies nicht nur eine
Einführung ist, sondern eine Wiedergeburts-zeremonie. Symbolisch wirst du in
einem anderen Zustand wiedergeboren. Du durchlebst die Wandlung vom Anwärter
zum Ritter, vom Jungen zum Mann.« Nach einer kurzen Pause fügte Meister Ramiel
hinzu: »Morgen wird der alte Zahariel tot sein. Ich wünsche dem neuen Zahariel
alles Gute. Möge er ein langes und würdiges Leben führen.«
     
    Es war mehr ein Verhör als eine
Prüfung.
    Zahariel kniete auf dem
Steinboden, den Kopf unter einem Stoffsack verborgen, die Hände gefesselt,
während ihm nach wie vor das Messer an den Hals gedrückt wurde. Zunächst
befragten sie ihn ausführlich zum Verbatim und bestanden darauf, dass er
ganze Passagen daraus aus dem Gedächtnis wiedergab. Sie ließen ihn die
Bedeutung jedes dieser Texte erklären. Sie befragten ihn nach dem Umgang mit
dem Schwert und wollten wissen, ob es bei einem Hieb, der von oben herab auf einen
geführt wurde, sinnvoller war auszuweichen, oder ob man ihn besser parierte.
    »Auf welche Art?«, fragte die
erste Stimme, nachdem er seine Antwort gegeben hatte. »Dein Widersacher ist Rechtshänder,
und der Schlag kommt diagonal auf dich zu. Wehrst du ihn nach links oder nach
rechts ab? Lässt du eine Riposte folgen, einen Konter, oder versetzt du ihm mit
der freien Hand einen Fausthieb? Sollte diese Hand überhaupt frei sein? Wo ist
deine Pistole? Antworte schnell.«
    Und so ging es weiter. Sie
stellten ihm Fragen zu Streitrössern, zur Jagd auf Bestien, sie fragten ihn zu Pistolen,
Schwertern, Lanzen und Strategien ebenso aus wie danach, wie man in der Wildnis
überleben konnte. Sie wollten von ihm Antworten, welche Gefahren von Süßwurzblumen
ausgingen, wo man bei einem überraschenden Unwetter im Wald am besten Schutz
suchte, woran man die Spuren eines Mellei-Vogels von denen eines Raptors am
besten unterscheiden konnte. Er musste ihnen erklären, welche Entscheidungen
erforderlich waren, um einen Hinterhalt vorzubereiten, auf welche Warnsignale
ein Kommandant achten sollte, wenn er einen Verteidigungsring anlegte, und wie
man am besten einen Gegner angriff, der sich an einer höher gelegenen, festen
Position befand.
    »Welches sind die anerkannten
Gründe, um einen Ritter eines anderen Ordens zu einem Duell herausfordern zu
können?«, fragte die zweite Stimme, die Lord Cypher gehörte. »Wie sollte die
Herausforderung aussehen? Wie wählt man seine Sekundanten aus? Was ist mit den
Waffen? Wo sollte das Duell stattfinden? Ist die Ehre das Einzige, was man in
Erwägung ziehen muss, oder sollten auch andere Faktoren eine Rolle spielen? Antworte
schnell.«
    Er war davon überzeugt, dass
sich noch mehr Leute in dem Raum aufhielten, aber nur diese drei überhäuften
ihn mit Fragen. Sie taten es so reibungslos, als hätten sie diese Situation
schon oft geübt, denn auf jede seiner Antworten folgte sofort eine weitere
Frage.
    Hin und wieder versuchten sie
ihn zu verwirren. Dann stellten zwei von ihnen, manchmal sogar alle drei gleichzeitig
eine Frage.
    Zahariel ließ sich weder nervös
machen noch einschüchtern, er
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