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Deutsche Geschichte Von 1815-1870

Titel: Deutsche Geschichte Von 1815-1870
Autoren: Luise Buechner
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geraubten Kunstschätze holte man zurück. Einzig und allein die Trophäen, welche den Dom der Invaliden schmückten, die Bücher und Handschriften der Wiener Bibliothek, sowie die Victoria vom Brandenburger Thore zu Berlin wurden wieder nach Hause gebracht. Heute noch besitzt Paris auf seiner Bibliothek eines der kostbarsten Monumente mittelalterlicher deutscher Kunst, jene Gedichtsammlung unserer alten Minnesänger mit Miniaturmalereien auf Pergament, bekannt unter dem Namen der Manesse'schen Sammlung, welche die Franzosen gleichfalls weggeraubt. –
    Preußen
, das in diesem Kriege die größten Opfer gebracht, das die treibende Kraft desselben gewesen war, hatte am meisten Ursache, sich zu beklagen. Seine Staatsmänner wünschten und verlangten eine Entschädigung Preußens durch Abtretung des
Königreiches Sachsen
, dessen König durch sein verblendetes Festhalten an Napoleon auch noch
nach
dem Manifest von
Kalisch
sein Land offenbar verwirkt hatte. In leichtsinnigster Weise jedoch versäumte der Staatskanzler Fürst
Hardenberg
, dies allsogleich geltend zu machen, und als Preußen nun endlich für die furchtbaren Erpressungen Napoleon's 140 Millionen Franken Entschädigung forderte, sowie einen Ersatz von 132 Millionen für die furchtbare Bürde des Truppen-Durchmarsches im Jahre 1812, geberdete sich das neue französische Königthum so trotzig, daß die übrigen Mächte Preußen mit seiner Forderung allein stehen ließen. So wurden denn auch schließlich, bei dem Friedenstractat Frankreich die Gränzen von 1792 bewilligt, nebst einer Abrundung an der belgischen, deutschen und savoyischen Gränze. Es verblieb ihm somit gegen früher eine Vergrößerung von 150 Quadratmeilen mit 450,000 Einwohnern. – Anstatt wenigstens Straßburg zurück zu nehmen, überließ man Frankreich auch noch alle jene Besitzungen, welche die geistlichen und weltlichen Herren am Rhein und Main vor der Revolution im Elsaß und in Lothringen besessen hatten. Endlich wurde bezüglich der inneren Verhältnisse Deutschlands bestimmt, daß die deutschen Staaten, Jeder für sich
unabhängig
bleiben und daß sie nur durch ein
föderatives
Band geeinigt werden sollten. – Zwei Monate nach dem Friedensabschluß war ein Congreß sämmtlicher Mächte
in Wien
zusammenberufen, um den Pariser Vertrag, dessen Grundlagen wir soeben kennen gelernt, zu vervollständigen und zu ratificiren. –
    Ehe dann die Verbündeten Paris verließen, wurden die preußischen Feldherren noch durch Dotationen und Standeserhöhungen belohnt, sowie die Staatsminister
Hardenberg
und
Metternich
in den Fürstenstand erhoben.
    Nun folgten Alexander und Friedrich Wilhelm einer Einladung des Prinz-Regenten nach England und begaben sich mit einem glänzenden Gefolge über den Kanal, von dem englischen Volke mit Frohlocken empfangen, und, in der That England mochte sich des Sieges freuen, nach dem unerschütterlichen Widerstand, den es 20 Jahre lang Napoleon auf allen Meeren und in allen Welttheilen entgegengesetzt hatte. – Feste folgten auf Feste, ein wahrer Taumel des Glückes hatte das ganze Land ergriffen und der Held des Tages, den man mehr feierte, als alle Monarchen und Staatsmänner, war »Vater Blücher«, wie er sich lieber nennen hörte, als mit seinem neugebacknen Titel: »Fürst von der Wahlstatt.« –
    Stein
folgte der Einladung nach London nicht: »Ich mag nicht nach England, um mich von dem Prinz-Regenten – dem späteren Georg IV. – begaffen zu lassen,« so äußerte er sich. Trotz aller Erfolge war das Herz ihm schwer; der Feind lag am Boden, aber sollte nun auch das theure Vaterland sich so erheben und sich so entwickeln, wie seine treue Seele es wollte? Nein, nicht einmal amtlich schaffen und wirken konnte er in seinem Sinne dafür, weil ihm jedes bestimmte Dienstverhältniß fehlte. Preußen hatte ihm keine neue Stellung angetragen, die Anerbietungen des Czaaren schlug er aus, denn er wollte seinem Vaterlande und nicht dem Fremden dienen. Wie nöthig aber waren diesem Vaterlande solche Männer, wie Stein, denn das alte Chaos, die alte Unklarheit über das, was nun geschehen sollte und mußte, trat schon wieder an die Stelle frischer Triebkraft und höherer Entschlüsse. Ueberall, in den Kreisen der Gebildeten, herrschte Unzufriedenheit wegen des milden Friedens, und wie
richtig bewährten sich die Worte
, die damals ein verständiger Zeitgenosse aussprach: »Mag immerhin die Politik fordern, daß Frankreich ein bedeutender Staat bleibe; gewiß fordert
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