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Detektivin Anfang 30 sucht Auftraege

Detektivin Anfang 30 sucht Auftraege

Titel: Detektivin Anfang 30 sucht Auftraege
Autoren: Sue Grafton
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Lieutenant Dolan dort auftauchte.

Unter der Bettdecke

    Ich blinzelte die Frau vor meinem Schreibtisch verwirrt an. Ich hätte schwören können, daß sie gerade gesagt hatte, im Bett ihrer Tochter liege ein toter Mann. Die Aussage an sich war reichlich merkwürdig, erst recht, wenn sie mit diesem liebreizenden Lächeln und im höflichen Konversationston vorgebracht wurde. Möglicherweise hatte ich was mißverstanden.
    Es war neun Uhr morgens, an einem ganz gewöhnlichen Wochentag. Zugegeben... ich hatte einen Kater; und das kommt höchst selten vor. Ich trinke sonst nie viel. Aber am Vorabend hatte mein Vermieter Henry Pitty seinen zweiundachtzigsten Geburtstag gefeiert. Zu irgendeinem Zeitpunkt muß die Party aus den Fugen geraten sein, denn jetzt saß ich mit einem Kopf aus Watte im Büro, kämpfte gegen Übelkeit an und versuchte, wie eine intelligente, tüchtige Privatdetektivin auszusehen; in Normalform bin ich das auch... ehrlich!
    Meine Besucherin hatte sich als Emily Culpepper vorgestellt. Das allerdings war vorläufig das einzige, was Sinn ergab. Mrs. Culpepper war klein und zierlich und verkörperte jenen alterslosen Frauentyp, der immer adrett bleibt. Sie hatte dunkles kurzes Haar, ein hübsches Gesicht und sah aus wie die perfekte Familieneigenheimbesitzerin in ihrer blaßblauen Bluse mit dem runden Kragen, einer heidefarbenen Wolljacke und passendem Tweedrock, dünnen Strümpfen und Lederschuhen mit halbhohen zierlichen Absätzen. Ich schätzte, daß sie etwa in meinem Alter war.
    Ich griff nach Block und Bleistift. »Verzeihen Sie, Mrs. Culpepper , würden Sie das bitte wiederholen ?«
    Das reizende Lächeln wurde starr. Sie beugte sich vor. »Machen Sie ein Protokoll ?« erkundigte sie sich ängstlich. »Ich meine, kann das vor Gericht gegen mich verwendet werden ?«
    »Ich versuche nur zu begreifen, wovon Sie reden«, erwiderte ich. »Kann es sein, daß Sie gerade gesagt haben, im Bett Ihrer Tochter liege ein toter Mann? Ist das korrekt ?«
    Sie nickte ernst und mit großen Augen.
    Ich schrieb >toter Mann im Bett der Tochter< und wußte dabei nicht recht, was ich als nächstes fragen sollte. Wenn jemand so etwas behauptet, drängen sich so viele Fragen auf. »Kennen Sie den Mann ?«
    »Ja, natürlich. Es ist Gerald«, antwortete sie.
    Ich notierte den Namen. »Ist das Ihr Mann ?«
    »Mein Liebhaber«, verbesserte sie mich. »Ich bin geschieden .«
    »Und wo ist im Augenblick Ihre Tochter ?«
    »Bei ihm... bei meinem Mann. Vermutlich ist sie jetzt schon wieder auf dem Heimweg. An Wochentagen muß er sie nicht nehmen. Das steht im Scheidungsurteil. Aber er war verreist, und ich dachte, das geht in Ordnung. Dieses eine Mal wenigstens.«
    »Sicher«, murmelte ich, um sie wenigstens in diesem Punkt zu beruhigen. »Und wann haben Sie...« Ich warf einen Blick auf meine Notizen. »... Gerald entdeckt ?«
    »Gegen sechs heute morgen. Das heißt, eher so gegen zehn vor .«
    »Und wie ist er... hm... gestorben ?«
    »Wie bitte?«
    »Ich meine die Todesursache. Können Sie mir da was sagen ?«
    »Ach so. Ja. Er wurde erschossen .«
    Ich wartete, daß sie fortfuhr, aber sie schwieg. »Und wo?«
    Sie deutete auf ihr Herz.
    Ich machte mir erneut eine kurze Notiz. Das war ja wie beim Zähneziehen. »Und Sie sind sicher, daß er tot ist ?«
    »Nicht unbedingt«, erwiderte sie zögernd. »Er war kalt. Und steif. Geatmet hat er auch nicht mehr .«
    »Das müßte genügen«, bemerkte ich. »Was ist mit der Tatwaffe ?«
    »Eine Pistole.«
    »Haben Sie sie gesehen ?«
    »Sie lag direkt neben ihm auf dem Bett .«
    »Wissen Sie zufällig, um welche Marke es sich handelt ?« Ich nahm an, daß sie bei technischen Details passen würde, doch sie hielt sich tapfer.
    »Es ist eine kleine Derringer, Kaliber 5,6 Millimeter mit zwei Läufen und doppelter Sicherung. Das bedeutet, sie kann nicht von selbst losgehen, auch wenn man sie fallen läßt. Außerdem... ist sie vernickelt mit schwarzem Griff und so breit .« Sie hielt Daumen und Zeigefinger ungefähr zwei Zentimeter auseinander.
    Ich starrte sie an. »Die Pistole gehört Ihnen ?«
    »Ja. Ich habe sie erst letzte Woche gekauft. Deshalb war ich ja auch so entsetzt, als mir klarwurde , daß man ihn mit meiner Waffe erschossen hat. Und das auch noch in Altheas Bett! Sie ist erst vier, aber groß für ihr Alter. Althea schlägt nach der Familie meines Exmannes .«
    Für mich war das Thema Gerald noch nicht ganz erledigt. »Warum haben Sie sich eine Pistole zugelegt ?«
    »Die
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