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Desperation

Desperation

Titel: Desperation
Autoren: Stephen King
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und Schraubenzieher? Ich
glaube, meine Werkzeuge liegen alle in der Garage der Stadt
auf der Werkbank.« Der Cop grinste. Sein ganzes Gesicht
strahlte, seine Augen leuchteten, und er schien nun ein völlig
anderer Mann zu sein. »Oh. Das gehört Ihnen.« Er hielt Peter
Führerschein und Zulassung hin.
»Ich glaube, wir haben einen kleinen Werkzeugkasten im
Kofferraum«, sagte Mary. Sie hörte sich euphorisch an, und
genauso fühlte sich Peter. Reine Erleichterung, vermutete er.
»Ich hab ihn gesehen, als ich meinen Schminkkoffer reingestellt habe. Zwischen dem Ersatzreifen und der Kofferraumwand.«
»Officer, ich möchte Ihnen danken«, sagte Peter.
Der große Cop nickte. Aber er sah nicht Peter an; seine
grauen Augen schauten offenbar zu den Bergen links von
ihm. »Ist mein Job.«
Peter ging zur Front des Autos und fragte sich, warum er
und Mary überhaupt solche Angst gehabt hatten.
Das ist Unsinn, sagte er sich, als er die Schlüssel aus dem
Zündschloß zog. Sie hingen an einem Schlüsselanhänger in
Form eines Smiley-Gesichts, was typisch war - jedenfalls typisch für Deirdre. Mr. Smiley-Smile (das war ihr Name für
ihn) war das Markenzeichen seiner Schwester … vielleicht
wäre Maskottchen das richtige Wort gewesen. Sie klebte die
fröhlichen gelben auf die meisten Briefumschläge, und ab und
zu einen grünen mit nach unten gezogenen Mundwinkeln
und herausgestreckter Zunge, wenn sie einen schlechten Tag
hatte. Ich hatte eigentlich gar keine Angst. Und Mary auch nicht. Boing, das war eine Lüge. Er hatte Angst gehabt, und Mary
… nun, Mary hatte praktisch Todesangst ausgestanden. Okay, vielleicht waren wir ein wenig eingeschüchtert, dachte er
und wählte den Kofferraumschlüssel aus, als er wieder nach
hinten ging. Und wenn schon. Der Anblick von Mary, die neben
dem riesigen Cop stand, war wie eine optische Täuschung; ihr
Scheitel reic hte ihm kaum bis zum Brustkasten.
Er machte den Kofferraum auf. Links lagen Deirdres Kleider, ordentlich zusammengelegt und mit Hefty-Bag-Plastiktüten zugedeckt, damit sie nicht staubig wurden. In der Mitte
Marys Schminkkästchen, und ihre beiden Koffer - seiner und
ihrer - waren zwischen die grünen Bündel und den Ersatzreifen geklemmt. Obwohl »Reifen« ziemlich geschmeichelt war,
fand Peter. Es war einer dieser aufgeblasenen Doughnuts, mit
denen man gerade mal bis zur nächsten Werkstatt kam.
Er sah zwischen dem Doughnut und der Seitenwand nach.
Da war nichts.
»Mare, ich sehe keinen -«
»Da.« Sie zeigte darauf. »Das graue Ding! Das ist er. Er ist
hinter den Ersatzreifen gerutscht, das ist alles.«
Er hätte mit dem Arm in die Lücke greifen können, aber es
schien einfacher zu sein, den schlaffen Gummidoughnut aus
dem Weg zu räumen. Er lehnte ihn gerade an die hintere Stoßstange, als er Mary plötzlich tief Luft holen hörte. Es hörte sich
an, als wäre sie gekniffen oder gestoßen worden.
»Oha«, sagte der große Cop gemächlich. »Was ist denn
das?«
Mary und der Cop sahen in den Kofferraum. Der Cop sah
interessiert und ein wenig nachdenklich aus. Marys Augen
quollen vor Entsetzen aus den Höhlen. Ihre Lippen bebten.
Peter drehte sich um, folgte ihren Blicken und sah ebenfalls
wieder in den Kofferraum. In der Mulde für den Ersatzreifen
lag etwas. Es hatte unter dem Doughnut gelegen. Einen
Augenblick wußte er nicht, was es war, oder wollte es nicht
wissen, und dann spürte er dieses kribbelnde Gefühl im Unterleib wieder. Jetzt spürte er aber auch noch, wie sein
Schließmuskel sich nicht öffnete, sondern absackte, als wären
die Muskeln eingedöst, die ihn normalerweise an Ort und
Stelle hielten. Er merkte, daß er die Arschbacken zusammenkniff, aber selbst das war weit entfernt, in einer anderen Zeitzone. Er verspürte die allzu kurze Gewißheit, daß dies ein
Traum war, sein mußte.
Der große Cop warf ihm einen Blick mit seinen immer noch
seltsam ausdruckslosen Augen zu, griff mit der Hand in die
Reifenmulde und holte die Plastiktüte heraus, die unter dem
Doughnut versteckt gewesen war. Es war eine große Plastiktüte, die etwa vier Liter faßte, und sie war mit braungrünen Kräutern vollgestopft. Sie sahen ein bißchen wie Rohtabak aus, aber Peter wußte ganz genau, was es war. Die Klappe
war mit Packband zugeklebt worden. Auf der Vorderseite
prangte ein gelber, runder Sticker. Mr. Smiley-Smile. Das perfekte Wahrzeichen für Kiffer wie seine Schwester, deren Abenteuer man Durchs finsterste Amerika mit Bong und Mundstück überschreiben konnte. Als sie
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