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Desperation

Desperation

Titel: Desperation
Autoren: Stephen King
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schwanger geworden war, war
sie high gewesen, als sie beschlossen hatte, Bill Finney zu heiraten, war sie wahrscheinlich high gewesen, und Peter wußte
genau, sie war von der Reed abgegangen (mit einem Notendurchschnitt von Vier-Komma-vergiß-es), weil dort zuviel
Stoff herumgeisterte und sie einfach nicht nein sagen konnte.
Wenigstens in der Hinsicht war sie offen und ehrlich gewesen,
und er hatte den Acura tatsächlich nach Stoff durchsucht wahrscheinlich eher Stoff, den sie vergessen, als Stoff, den sie
absichtlich dort versteckt hatte -, bevor sie von Portland aufgebrochen waren. Er hatte unter den Hefty Bags nachgesehen,
in denen sie ihre Klamotten verstaut hatte, und Mary hatte die
Klamotten selbst durchsucht (keiner hatte laut ausgesprochen, wonach sie suchten, aber beide hatten es gewußt), doch
sie hatten beide nicht daran gedacht, unter dem Doughnut
nachzusehen.
Der gottverdammte Doughnut.
Der Cop drückte den Beutel mit seinem übergroßen Daumen wie eine Tomate. Er streckte eine Hand in die Tasche und
holte ein Schweizer Offiziersmesser heraus. Er klappte die
kleinste Klinge auf.
»Officer«, sagte Peter mit kläglicher Stimme. »Officer, ich
weiß nicht, wie das —«
»Pssst«, sagte der große Cop und machte einen kleinen
Schlitz in die Tüte.
Peter spürte, wie Mary an seinem Ärmel zupfte. Er nahm
ihre Hand, und diesmal legte er seine Finger um ihre. Plötzlich konnte er Deirdres blasses, hübsches Gesicht gleich hinter
seinen Augen schweben sehen. Ihr blondes Haar, das immer
noch in natürlichen blonden Stevie-Nicks-Löckchen auf ihre
Schultern fiel. Ihre Augen, die immer ein bißchen verwirrt
dreinschauten.
Du dummes kleines Aas, dachte er. Du solltest äußerst dankbar
sein, daß du gerade nicht hier bist, wo ich dich zu fassen kriegen
könnte,
»Officer -« versuchte es Mary.
Der Cop hob eine Hand, Handfläche nach außen, hielt den
kleinen Schlitz unter die Nase und atmete ein. Er schloß die
Augen. Nach einem Moment schlug er sie wieder auf und ließ
den Beutel sinken. Er streckte die andere Hand aus, Handfläche nach oben. »Geben Sie mir Ihre Schlüssel, Sir«, sagte er.
»Officer, ich kann es erklären -«
»Geben Sie mir die Schlüssel.« ‘
»Wenn Sie mich nur -«
»Sind Sie taub? Geben Sie mir die Schlüssel.«
Er hob die Stimme nur ein klein wenig, aber es genügte, daß
Mary zu weinen anfing. Peter kam sich vor, als hätte seine Seele den Körper verlassen, als er Deirdres Autoschlüssel auf die
Handfläche des wartenden Cops fallen ließ und einen Arm
um die bebenden Schultern seiner Frau legte.
»Sie werden leider mit mir kommen müssen«, sagte der
Cop. Er sah von Peter zu Mary und wieder zurück zu Peter.
Dabei wurde Peter klar, was ihn an diesen Augen störte. Sie
waren klar, wie die Minuten vor Sonnenaufgang an einem
nebligen Morgen, aber sie waren irgendwie auch tot.
»Bitte«, sagte Mary mit belegter Stimme. »Es ist ein Irrtum.
Seine Schwester -«
»Steigen Sie in das Auto ein«, sagte der Cop und zeigte auf
den Streifenwagen. Auf dem Dach leuchtete noch das Blaulicht, es wirkte selbst in der grellen Wüstensonne hell. »Und
zwar bitte sofort, Mr. und Mrs. Jackson.«
4
    Auf dem Rücksitz war es extrem eng (logisch, dachte Peter
zerstreut, ein Mann seiner Größe schiebt den Vordersitz so
weit es geht nach hinten). Hinter dem Fahrersitz lag stapelweise Papier auf dem Boden (die Rückenlehne war durch das
Gewicht des Cops tatsächlich durchgebogen), und auf der
hinteren Ablage noch mehr. Peter hob das oberste auf - es war
ein getrockneter Kaffeering darauf - und sah, daß es sich um
ein Flugblatt von DARE handelte. Oben war das Bild eines
Jungen zu sehen, der vor einer Tür saß. Er hatte einen
benommenen, leeren Gesichtsausdruck (und sah tatsächlich
so aus, wie sich Peter gerade fühlte), und der Kaffeering umgab seinen Kopf wie ein Heiligenschein. HASCH MACHT
LASCH, stand auf dem Flugblatt.
Zwischen dem vorderen und dem hinteren Teil des Autos
war ein Gitter, und die Türen hatten weder Griffe noch
Fensterkurbeln. Peter kam sich wie eine Figur in einem Film
vor (Midnight Express kam ihm am deutlichsten in den Sinn),
und diese Einzelheiten verstärkten den Eindruck noch. Seiner
Meinung nach hatte er schon zuviel über zu vieles gesagt, und
es wäre besser, wenn er und Mary schwiegen, zumindest bis
sie wußten, wo Officer Friendly sie hinbringen wollte. Wahrscheinlich war das ein guter Rat, aber trotzdem nur schwer zu
befolgen. Peter verspürte den übermächtigen Drang in
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