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Desperation

Desperation

Titel: Desperation
Autoren: Stephen King
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sich,
Officer Friendly zu sagen, daß hier ein schrecklicher Irrtum
vorlag - er war Assistenzprofessor in Englisch, sein Spezialgebiet war amerikanische Literatur nach dem Zweiten Weltkrieg, er hatte kürzlich eine wissenschaftliche Untersuchung
mit dem Titel »James Dickey und die neue Realität des Südens« veröffentlicht (ein Essay, der in gewissen efeuumrankten akademischen Landsitzen eine ziemlich ernste Kontroverse ausgelöst hatte), und außerdem hatte er seit Jahren kein
Dope mehr geraucht. Er wollte dem Cop sagen, daß er nach
Nevada-Maßstäben vielleicht ein bißchen zu gebildet, aber
trotzdem im Grunde genommen einer von den Guten war.
Er sah Mary an. Tränen standen in ihren Augen, und plötzlich schämte er sich seiner Gedanken - immer nur ich, ich, ich.
Seine Frau steckte mit ihm in dieser Klemme; er täte gut
daran, das nicht zu vergessen. »Pete, ich hab solche Angst«,
sagte sie in einem Flüstern, das fast einem Stöhnen gleichkam.
Er beugte sich nach vorne und gab ihr einen Kuß auf die
Wange. Die Haut unter seinen Lippen war kalt wie Ton. »Alles wird gut. Wir werden das wieder hinkriegen.«
»Ehrenwort?«
»Ehrenwort.«
Als sie auf dem Rücksitz des Streifenwagens Platz genommen hatten, war der Cop zu dem Acura zurückgegangen.
Inzwischen sah er seit fast zwei Minuten in den Kofferraum.
Er durchsuchte ihn nicht, räumte nicht mal drin herum, sondern sah nur mit hinter dem Rücken verschränkten Händen
hinein, als wäre er hypnotisiert. Dann zuckte er zusammen
wie jemand, der gerade aus einem Schläfchen erwacht, schlug
den Kofferraum des Acura zu, nahm die Schlüssel, steckte sie
in seine Hosentasche und kam zu dem Caprice zurück. Als er
einstieg, neigte sich das ganze Auto nach links, und die
Stoßdämpfer gaben ein müdes und irgendwie resigniertes
Stöhnen von sich. Der Rücksitz wölbte sich noch etwas weiter
heraus, und Peter verzog das Gesicht, als er den plötzlichen
Druck auf den Knien spürte.
Mary hätte sich auf diese Seite setzen sollen, dachte er, aber
dafür war es jetzt zu spät. Es war wirklich für vieles zu spät.
Der Motor des Streifenwagens lief. Der Cop legte den Gang
ein und fuhr auf die Straße zurück. Mary drehte sich um und
sah, wie der Acura hinter ihnen zurückblieb. Als sie sich wieder nach vorne drehte, sah Peter, daß die Tränen, die in ihren
Augen gestanden hatten, an ihren Wangen herabliefen.
»Bitte, hören Sie mir zu«, sagte sie zu dem kurzgeschnittenen blonden Haar auf dem riesigen Hinterkopf. Der Cop hatte
seinen Smokey-Bear-Hut wieder abgesetzt, und Peter dachte,
daß sein Schädel keinen Zentimeter vom Dach des Caprice
entfernt war. »Bitte, okay? Versuchen Sie, uns zu verstehen. Dies ist nicht unser Auto. Zumindest das müssen Sie einsehen,
schließlich haben Sie die Zulassung gesehen. Es gehört meiner Schwägerin. Sie kifft. Die Hälfte ihrer Gehirnzellen -«
»Mare -« sagte Peter und legte ihr eine Hand auf den Arm.
Sie schüttelte sie ab.
»Nein! Ich werde nicht den Rest des Tages damit verbringen, in dem Polizeirevier irgendeines Kaffs Fragen zu beantworten, womöglich in einer Gefängniszelle, weil deine
Schwester egoistisch und vergeßlich ist und … und … total
verkorkst!«
Peter lehnte sich zurück
- seine Knie wurden immer noch
ziemlich eingequetscht, aber er dachte, daß er es aushalten
konnte - und sah zu dem staubigen Seitenfenster hinaus. Sie
waren schon eine oder zwei Meilen östlich des Acura, und er
konnte vor ihnen etwas erkennen, am Rand der nach Westen
führenden Fahrbahn. Eine Art Fahrzeug. Groß. Vielleicht ein
Lastwagen.
Mary sah vom Hinterkopf des Cops zum Rückspiegel und
versuchte, Blickkontakt mit ihm herzustellen. »Die Hälfte von
Deirdres Gehirnzellen sind gegrillt, und die andere Hälfte auf
unbestimmte Zeit in der Smaragdstadt im Urlaub. Der Fachausdruck dafür lautet >ausgebrannt, und ich bin sicher, Sie
haben schon Leute wie sie gesehen, Officer, sogar hier draußen. Was Sie da unter dem Ersatzreifen gefunden haben, ist
Dope, da haben Sie wahrscheinlich recht, aber es ist nicht unser Dope. Haben Sie das verstanden?«
Das Ding vor ihnen am Straßenrand, dessen getönte Windschutzscheibe in Richtung Fallon und Carson City und Lake
Tahoe zeigte, war doch kein Lastwagen. Es war ein Wohnmobil. Keiner der richtigen Dinosaurier, aber dennoch ziemlich
groß. Beigefarben, mit einem dunkelgrünen Streifen auf der
Seite. Die Worte VIER FRÖHLICHE WANDERER standen in
derselben Farbe auf der platten Schnauze des
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