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Desiderium

Desiderium

Titel: Desiderium
Autoren: Christin C. Mittler
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vor mir verborgen, dass er sich seine Jugend herbeisehnt. Jetzt leuchtet er so hell, dass er den Schiffen, im Hafen von Cannes den Weg weisen könnte.«
    »Und die Eingeweihten glauben noch immer, dass er nichts von Da rraghs Machenschaften wusste? Ist das überhaupt möglich oder sind die einfach nur leichtgläubig?«
    Mit einem knirschenden Geräusch landete mein Steinchen an der geg enüberliegenden Wand. Es erinnerte mich an etwas. Jarons Fuß, als jeder einzelne Knochen zermalmt wurde.
    »Sie halten daran fest, dass Darragh einen gr oßen freien Willen hatte – groß genug, um die ein oder andere … dumme Entscheidung treffen zu können. Sie mussten feststellen, dass Sehnsüchte kriminell sein können, also warum sollte nicht auch das möglich sein?!«
    Alice richtete sich auf. »Vor drei Tagen hast du mir erzählt, dass Da rragh nicht danach aussah als sei es seine Entscheidung.«
    Abermals zuckte ich mit den Schultern. »Es gibt nur diese beiden Opt ionen, entweder mein Großvater war es oder Darragh selbst. Ich könnte mich geirrt haben. Außerdem würden die Eingeweihten eher daran glauben, dass kleine grüne Marsmännchen existieren, als dass Comte Durands gegen die Welt der Sehnsüchte arbeiten würde.« Als ich an dem Mann dachte, der mir das Ganze überhaupt erst eingebrockt hatte, spürte ich die Übelkeit in mir aufsteigen. »Mein Großvater sollte hier liegen, nicht mein Vater.«
    »Cassim!«
    »Ist doch wahr! Mein Vater hat beinahe immer alles gemacht, was sein Vater wollte. Er war eingeweiht, er hat seine Schwester immer beschützt. Und dennoch ist er irgendwie in Jarons Welt gestorben.«
    Alice keuchte leise. »Als du das erzählt hast, war ich wohl mal für kleine Mädchen«, murmelte sie, nicht ohne das En tsetzen aus ihrem Blick verbannen zu können. »Woher weißt du das?«
    In knappen Sätzen erzählte ich ihr von allem, was Darragh über den Tod meines Vaters wusste. Pardon, gewusst hatte. Dank mir konnte er nichts mehr wissen und nichts mehr lernen.
    »Krass«, brachte Alice schließlich hervor. »Darragh wusste also die ganze Zeit, wie dein Vater gestorben ist. Aber er hat dir nicht gesagt, wer ihn umgebracht hat, oder?«
    »Nein, dieses Geheimnis hat er mit ins Grab genommen. Oder eher ins Wasser.«
    Alice stieß mir in die Seite. »Du musst nicht versuchen, Witze zu machen.«
    Wieder tauchten Bilder auf: Eine bewusstlose Lillian; Darragh, der immer wieder lachte, während er Jaron folterte.
    Zum dritten Mal an diesem Tag kehrte Stille ein, in der ich meine Sit zposition veränderte und die Beine ausstreckte. Meine Arme hingen schlaff an mir herab.
    »Und wie geht es dir ansonsten?«, fragte Alice i rgendwann.
    »Ich dachte, wir wollten keine Witze machen? Wie soll es mir schon gehen? Ich steh kurz vor dem Wahnsinn, meine Mutter ist bereits irre, mein Vater ist tot, mein Großvater ein Verräter. Ach ja, nicht zu vergessen, dass seine größte Sehnsucht meine Sehnsüchte entführt und gequält hat. Ich habe ihm vertraut! Er war ihr bester Freund! Er wollte uns umbringen!«, fügte ich wesentlich leiser hinzu. Blinzelnd wich ich Alice’ Blick aus.
    Sie rutschte vor mich und nahm meine Hände in ihre. »Ich weiß«, sagte sie beruhigend. »Ich kann mir nicht vorstellen, wie schlimm es gewesen sein muss. Was er getan hat, war absolut schrecklich. Aber ich kenne die Umstände, ich will wissen, wie es dir geht abgesehen von dem ganzen Psycho- Sehnsuchts- Terror.«
    » Du kennst mein Motto: Gefühle werden überbewertet!«
    Ein weiterer Sto ß in die Seite. »Du wiederholst dich, das nervt. Sag mir jetzt ernsthaft, wie es weitergehen soll!«
    »Du willst wissen, wie es mir geht – zurück unter den Gefühlvo llen? Ganz einfach: Beschissen. Als ob mich die Gefühle erschlagen.«
    »Jetzt weißt du, wie es uns Normalen geht. Zumindest meistens. Wir verknallen uns für gewöhnlich nicht zusätzlich in unsere gutaussehende Sehnsucht, der auf unseren eigenen Wunsch hin bereits eine Freundin hat …«
    »Danke für die Erinnerung .« Ich schenkte ihr ein falsches Lächeln. »Weißt du, ganz zu Anfang warnte mamé mich davor, dass bei mir als Auserwählte mit Dopplung alles stärker sein würde. Die Sehnsucht, mögliche Verbindungen … Aber auch meine Gefühle sind es.«
    »Das glaube ich nicht. Das kommt dir nur so vor, weil du es nicht mehr gewöhnt bist. Und weil du noch nie verliebt warst.«
    »Alice, du erinnerst dich, dass es meine neuen Kräfte erforderte, um uns zu befreien? Die, die durch
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