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Der zweite Gral

Der zweite Gral

Titel: Der zweite Gral
Autoren: Boris von Smercek
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muskulös, Anfang vierzig. Markantes Gesicht. Der Kerl, der sie und Reyhan bereits in Jeddah beobachtet hatte.
    Emmet fühlte sich unendlich leer. Die Neuigkeiten, mit denen Donna ihn konfrontiert hatte, waren wie Messerstiche, die ihm blutende Wunden beigebracht hatten. Er kam sich vor wie der zu Boden gegangene Stier, den Rodrigo Escobar in seinem Film beim Halbjahrestreffen auf Leighley Castle gezeigt hatte. Verletzt, kraftlos, ohne Hoffnung. Er wartete nur noch auf den Gnadenstoß.
    »Ich weiß, was du für mich empfindest«, sagte Donna plötzlich, die Pistole noch immer auf ihn gerichtet.
    Emmet blickte sie schweigend an. Was spielte das jetzt noch für eine Rolle?
    »Mir geht es wie dir«, fuhr Donna fort. »Hörst du, Emmet? Ich liebe dich.«
    »Du wolltest mich in Schottland umbringen. Eine merkwürdige Art von Liebe.«
    »Ich musste den Orden vernichten, sonst hätte er mich vernichtet. Er hätte Anthonys Spur verfolgt, wäre früher oder später auf dieses Projekt gestoßen und hätte versucht, es zu stoppen.«
    »So wie ich es getan habe.«
    »Noch ist es nicht zu spät, Emmet. Du bist nicht der Orden. Du bist ein Mensch. Du kannst dich noch immer entscheiden. Denk an dein schwaches Herz. Goldmanns Frischzellentherapie könnte dir helfen. Wir könnten gemeinsam noch viele hundert Jahre verbringen. Gib uns eine Chance. Lass uns die verlorene Zeit nachholen!« Sie sah ihn mit beinahe flehendem Blick an. Leise fügte sie hinzu: »Ich will dich nicht töten.«
    Wie gern hätte er Donna geglaubt. Wie gern hätte er sie in die Arme geschlossen, sie an sich gedrückt und geküsst. Doch was sie getan hatte, wog schwerer als seine Zuneigung.
    »Tut mir Leid«, sagte Emmet und blickte auf ihre Pistole, »aber du wirst abdrücken müssen.«
    Der Blonde hatte Lara Mosehni gefesselt und auf die Knie gezerrt. Eine Hand krallte sich in ihr Haar und riss ihr den Kopf in den Nacken. Die andere Hand drückte ihr die Mündung einer Pistole an die Schläfe.
    »Wie viele Komplizen haben Sie?«, zischte der Blonde. »Und wo sind sie?«
    Lara schwieg.
    »Reden Sie, verdammt, sonst...« Anstatt den Satz zu beenden, drückte er den Lauf seiner Waffe jetzt gegen Laras Knie. »Ich habe nicht die ganze Nacht Zeit!«, fauchte er. »Entweder, Sie verraten mir, was Sie wissen, oder ich mache Ernst. Und wenn Sie nach dem ersten Knie noch nicht plaudern, mache ich mit dem zweiten weiter.«
    Lara biss die Zähne zusammen. Anthony, Reyhan und die Sudanesen waren im Palastgarten auf dem Weg zur Ostmauer. Emmet befand sich noch im Gebäude. Sie musste schweigen, sonst war alles umsonst gewesen. Gleichzeitig hatte sie schreckliche Angst.
    »Wie Sie wollen«, presste der Blonde hervor. »Wenn Sie auf Schmerzen stehen ...« Sein Finger krümmte sich um den Abzug seiner Waffe. Lara biss die Zähne zusammen.
    Jemand schrie: »Keine Bewegung!«
    Noch bevor Lara begriff, was los war, ließ der Blonde von ihr ab und wirbelte mit erhobener Pistole herum. Ein Schuss peitschte durch die Nacht. Der Blonde sackte haltlos in sich zusammen. In seiner Brust klaffte ein kleines, blutendes Loch.
    Tom Tanaka kletterte aus der Dachluke und kam auf Lara zu. Ein dünner Rauchfaden strömte aus dem Lauf seiner Waffe.
    »Die Polizei, dein Freund und Helfer«, stieß Lara erleichtert hervor. »Ich danke Ihnen. Aber was tun Sie hier?«
    »Ich wollte mit den Behörden von al-Quz die geplante Razzia vorbereiten. Aber was tun Sie hier? Ich dachte, wir waren uns einig, dass Interpol die Entführten befreit! In spätestens achtundvierzig Stunden hätte ein perfekt organisiertes Einsatzkommando dieses Nest nach allen Regeln der Polizeikunst ausgehoben!«
    »In achtundvierzig Stunden wären die Entführten bereits tot gewesen.« Lara erklärte es ihm.
    »Sie hätten mir wenigstens Bescheid geben müssen!«, hielt Tanaka dagegen. »Sehen Sie sich diese Stadt an! Sie haben ein Inferno entfesselt!«
    »Das Inferno steht erst noch bevor, wenn Sie mir nicht helfen. Dann nämlich werden noch in dieser Nacht viele unschuldige Menschen sterben. Und jetzt schneiden Sie mir die Fesseln durch!«
    Der Japaner zögerte. »Das kann ich nicht tun. Sie werden sich dafür verantworten müssen, was Sie hier angerichtet haben.«
    »In diesem Palast wurden Menschen für grausame medizinische Experimente missbraucht und getötet! Die wenigen, die bislang verschont blieben, wollten wir befreien, bevor es zu spät ist. Bei Allah – wenn Sie darauf bestehen, werde ich mich für meine Taten
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