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Der zugeteilte Rentner (German Edition)

Der zugeteilte Rentner (German Edition)

Titel: Der zugeteilte Rentner (German Edition)
Autoren: Ralf Schulte
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es, wenn wir positiver auftreten!“
Clara nahm die Visitenkarte und drehte sie. Vorder- und Rückseite waren mit dem gleichen Text bedruckt: Klaus Brandes. Event-Manager. Hochzeiten – Todesfälle.
Maximilian stand vor dem Ofen. Durch ein kleines Fenster sah er das Feuer. In seiner rechten Hand umklammerte er die Nelken. Das Feuer brannte so laut. Es klang wie ein alter brummender Motor. Eine große Wanduhr tickte im Hintergrund. Jede einzelne Sekunde wurde zum Messerhieb und zerteilte die Halle. Von irgendwoher lief Wasser durch die Decke. Tropfen für Tropfen sammelte es sich in einer Pfütze, um dann gesammelt in einem Abguss zu verschwinden.
„Ein Verwandter?“
Eine Frage, die sich Maximilian in den Kopf brannte. Er kam ins Stottern, brachte kein Wort heraus, dann bildete sich eine Wortblase, die zerplatzte und ein lautes und dunkles „Bruder“ breitete sich aus.
„Eigentlich dürften Sie gar nicht hier sein. Wir haben einen separaten Raum für …“, er überlegte, „Zuschauer! Aber ich will mal nicht so sein.“
Clara strich Maximilian mit der Hand über die Schulter. Sie wollte ihn trösten, ein paar nette Worte sagen, die Situation einfach erträglicher machen – aber Maximilian nahm sie nicht wahr. Er starrte nur auf das Feuer im Ofen, seine Brust schmerzte, dann schloss er die Augen.

Das Herz (Cor, Cardia, Kardia) nach Walthers Lexikon der Medizin
Auch bekannt als Cor, bildet das Herz das zentrale Organ des Blutgefäßsystems des Menschen und des Tieres. Durch rhythmische Kontraktion seiner Muskelfasern gelingt es dem muskulären Hohlorgan, das Blut durch den Körper zu pumpen. Leicht versteckt, nach dem Brustbein links, befindet sich das menschliche Herz in einer Ausbuchtung in Höhe des 5. Zwischenrippenraums.
Das Organ selbst ist unterteilt in zwei Hälften: die linke Herz-Hälfte, die arterielles Blut führt und den großen Körperkreislauf antreibt, und die rechte Herz-Hälfte, die venöses Blut führt und den kleinen Lungenkreislauf antreibt. Wird der Mensch erregt, kann das zu einer erhöhten Herztätigkeit führen. Normal sind 60-100 Schläge pro Minute. Nervosität zeigt sich bei 120, das Ausfüllen der Steuererklärung bei 150. Nachweisbare Zeichen dieser Herztätigkeit sind z. B. der Puls, die Herztöne oder ein rot angelaufenes Gesicht mit heraustretenden Augen. Um den Blutfluss des Herzens zu fördern wird oft Viagra verwendet – was ebenfalls zu heraustretenden Augen führt.

Getrennte Abrechnung
    „Ich liebe Apfeltörtchen“, sagte Finn.
Er saß im Klassenraum der 3b, jeden Mittwoch trafen sich hier die Mitglieder der Anonymen Essgestörten e. V. An den Wänden hingen Zeichnungen von kleinen und großen Menschen, auf einem der Bilder lag ein dicker Mensch mit einem Messer im Rücken. In der Mitte des Raums flatterten Dutzende Mobiles im Wind – ein Fenster stand offen. Autos, Raketen, Sonnen, Sterne – alles drehte und hüpfte in der Luft.
„Ich liebe einfach Apfeltörtchen!“, fuhr er fort und versuchte es sich auf einem der winzigen Stühle gemütlich zu machen, doch diese waren von der Größe her kaum in der Lage, das Gesäß eines ausgewachsenen Menschen zu fassen, schon gar nicht seins. Ecken und Röllchen suchten sich neue Räume, neigten sich über die Stuhlbegrenzungen.
„Ich weiß nicht, ob ihr das verstehen könnt. Ich esse gar nicht so viel. Den ganzen Tag nur eine Brezel, abends noch eine Banane, aber wenn ich nach Hause komme, muss ich ein Apfeltörtchen essen. Ihr kennt die bestimmt, nicht diese billigen aus dem Supermarkt, sondern die mit der Zuckerglasur und dem cremigen Innenteil. Ich denke dann: Hey, es ist ja nur eine. Und am Ende habe ich dann drei oder vier gegessen – und dann fühle ich mich schlecht und schaue an mir herunter und sehe das Speck und die Falten und wie die Haut aussieht, wenn ich sie zusammenschiebe oder wenn sich Schweiß in den Rillen bildet …“
Ein paar der Versammelten nickten nur, andere lächelten.
„Ein schönes Schlusswort!“, sagte einer der Älteren und schlug die Hände zusammen. „Wir sollten für heute hier Schluss machen! Nächste Woche bin ich übrigens nicht dabei, erst wieder in zwei Wochen. Und lest euch bitte die zehn Regeln durch. Die sind wichtig!“
Langsam erhoben sich die ersten, die Stühle quietschten, einige fielen um, einige Tische wurden verrückt. Finn saß immer noch auf seinem Stuhl. Wofür tat er das alles? Jede Woche kam er hierher. Jede Woche sprach er über seine Probleme. Und jede Woche
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